Kohldrehherzmücke (Kohldrehherzgallmücke)
cécidomyie du chou (franz.); swede midge, cabbage gall midge (engl.)
wissenschaftlicher Name: Contarinia nasturtii Kieffer
Taxonomie: Animalia, Arthropoda, Insecta, Diptera, Cecidomyiidae
Die Kohldrehherzmücke oder Kohldrehherzgallmücke (Contarinia nasturtii) ist eine kleine Gallmücke, die sowohl kultivierte als auch wilde Kreuzblütler (Brassicaceae) befällt. Die Larven verursachen Verdrehungen der Blattstiele und ein Kräuseln der jungen Blätter bis hin zum Absterben des Vegetationskegels (Herzlosigkeit) oder zu einer gestörten Kopfbildung. Diese Schadsymptome sind immer mit braunen Verkorkungen und manchmal auch mit Fäulnis verbunden. Zwischen den deformierten Blättern befinden sich die kleinen, sprungfähigen Larven. Um einen Befall zu vermeiden, wird eine Anbaupause von mindestens zwei Jahren zwischen den Kreuzblütlern empfohlen. Zusätzlich können Kulturschutznetze die jungen Pflanzen vor dem Einflug der Mücken schützen.
Abb. 1. Schadbild der Kohldrehherzmücke (Contarinia nasturtii) an Kohlrüben
Abb. 2. Vernarbungen am Blattstiel, die durch den Frass der Larven der Kohldrehherzmücke verursacht wurden.
Schadbild und Schadwirkung
Die Larven der Kohldrehherzmücke besitzen keine Mundwerkzeuge. Um Nahrung aufzunehmen, scheiden die Larven mit dem Speichel ein Sekret aus, das die Oberfläche des Pflanzengewebes zerstört und den Zellinhalt verflüssigt (Porteneuve et al. 2015). Dies führt zu Verdrehungen und Kräuselungen der jungen Blätter sowie zum Anschwellen der Blattstielbasis (Abb. 1). Häufig wird der Vegetationskegel zerstört, was zu einer Herzlosigkeit der Pflanze oder zu einer gestörten Kopfbildung führt. Auch die Bildung neuer Seitentriebe kann nach einem Befall beobachtet werden. Diese Schadsymptome sind immer mit braunen, verkorkten Narben (Abb. 2) und manchmal auch mit Fäulnis verbunden. Die Symptome werden oft erst sichtbar, wenn die Larven die Pflanze bereits verlassen und sich im Boden verpuppt haben.
Die Kohldrehherzmücke befällt auch die Blütenknospen von Kohlsamenträgern. Diese schwellen an, die Kelchblätter sind verdickt, Blütenblätter sowie Staubgefässe bleiben klein (Crüger et al. 2002).
Eine weitere Gallmückenart, die Kohlschotengallmücke (Dasineura brassicae), kann gelegentlich Schäden an den Schoten von Kreuzblütlern verursachen, was sie zu einem Schädling im Rapsanbau oder in der Saatgutproduktion von Kohlarten macht.
Schadwirkung: Besonders betroffen sind Brokkoli, Blumenkohl und Rosenkohl.
Beschreibung des Schädlings
Die Kohldrehherzmücke (C. nasturtii) ist ein Zweiflügler (Ordnung Diptera) aus der Familie der Gallmücken (Cecidomyiidae). Abbildungen der verschiedenen Stadien finden Sie unter CABI Plantwise Plus.
Die erwachsene Mücke ist sehr klein, gelblich-braun gefärbt, hat lange Beine, perlschnurartige Fühler und eine Flügelspannweite von 2 mm (Kahrer und Gross 2002). Die Eier sind 0.3 mm lang und nur mit eine Lupe zu erkennen (Porteneuve et al. 2015). Die Larve (Made) ist durchscheinend bis gelb gefärbt, 3-4 mm lang und hat keinen sichtbaren Kopf und keine Beine. Die Larven haben ein auffälliges Sprungvermögen (Bedlan und Kahrer 2002) und können bei Berührung der Blätter wegspringen.
Lebenszyklus
Die Kohldrehherzmücke überwintert als Larve in einem Kokon im Boden der Felder, wo sie bereits als Larve Schäden verursacht hat. Im Frühjahr verpuppen sich die Larven und kurz darauf schlüpfen die Mücken. In Jahren mit frühem Vegetationsbeginn erscheinen die ersten Mücken bereits ab Ende April, in normalen Jahren ab Mitte bis Ende Mai (Sauer und Fähndrich 2010).
Kurz nach dem Schlupf paaren sich die erwachsenen Mücken. Die Männchen sterben unmittelbar nach der Paarung (Crüger et al. 2002). Die Lebensdauer der Weibchen beträgt ein bis vier Tage (Porteneuve et al. 2015). Während dieser Zeit nehmen sie keine Nahrung zu sich.
Jedes Weibchen legt insgesamt etwa 100 Eier in Gelegen von 15 bis 25 Eiern an Blattstielen oder Blattspreiten junger Blätter (Herzblätter) in der Nähe des Vegetationskegels ab (Crüger et al. 2002).
Etwa vier Tage nach der Eiablage schlüpfen die Larven. Diese scheiden mit dem Speichel Verdauungssekrete aus, die das Pflanzengewebe zersetzen, so dass es von den Larven aufgenommen werden kann (Kahrer und Gross 2002). Es kommt zu Verkorkungen (Narben), Deformationen, Verdrehungen der Blätter, Herzlosigkeit oder gestörter Kopfbildung. Je nach Witterung sind die Larven nach 2 bis 3 Wochen ausgewachsen. Sie lassen sich auf den Boden fallen und verpuppen sich in einem Kokon einige Zentimeter tief im Boden. Etwa 2 Wochen später, Anfang Juni, schlüpfen die Mücken der 2. Generation.
Im Laufe eines Jahres entstehen mehrere Generationen entstehen. Gemäss Sauer und Fähndrich (2010) entwickeln sich in der Deutschschweiz in der Regel 4 bis 5 Generationen pro Jahr. Die verschiedenen Generationen können sich zeitlich überlappen. Schädlich wird die Drehherzmücke aber erst, wenn sie ihre Eier in die noch offenen Herzen von Kohlpflanzen oder anderen Kreuzblütlern legen kann (Kahrer und Gross 2002).
Epidemiologie
Die Larven der Kohldrehherzmücke benötigen für ihre Entwicklung zur Mücke eine hohe Bodenfeuchtigkeit (Hoffmann und Schmutterer 1999). Dies ist wahrscheinlich der Hauptgrund, warum die Drehherzmücke vorwiegend in feuchten Gebieten vorkommt.
Die Mücken sind sehr windempfindlich und bevorzugen deshalb windgeschützte Lagen (Crüger et al. 2002).
Die optimalen Temperaturen für die Mücken liegen bei etwa 22 °C (Crüger et al. 2002).
Wirtsspektrum
Zu den Wirtspflanzen der Kohldrehherzmücken gehören verschiedene Arten aus der Familie der Kreuzblütler (Brassicaceae). Es gibt deutliche Unterschiede in der Anfälligkeit zwischen den einzelnen Zuchtformen und zwischen den Sorten. Brokkoli ist am anfälligsten, gefolgt von Romanesco, Blumenkohl und Kopfkohl (Porteneuve et al. 2015). Aber auch Kohlrabi und Rosenkohl sowie Unkräuter wie Hederich, Hirtentäschel, Ackersenf und Ackerhellerkraut werden befallen (Sauer und Fähndrich 2010).
Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung
- Blühstreifen fördern Nützlinge (Luka und Koller 2019)
- Einige Larven der Kohldrehherzmücke können mehr als einen Winter im Boden überleben, daher wird eine Anbaupause von mindestens zwei Jahren zwischen den Kohlarten empfohlen (Crüger et al. 2002). Generell gilt im Biogemüsebau für alle Kreuzblütler eine Anbaupause von vier Jahren (Pflanzenschutzempfehlung für den Biogemüsebau).
- Die Kohldrehherzmücken überwintern in Feldern mit Vorjahresbefall (auch in Rapsfeldern) und die aus den Puppen geschlüpften Mücken können nur kurze Strecken fliegen. Aus diesen Gründen sollte der Abstand zu Feldern mit Vorjahresbefall mindestens 100 m betragen (Pflanzenschutzempfehlung für den Biogemüsebau).
- Kohlgemüse nur auf windoffenen Parzellen anbauen (Kühne et al. 2006), da die Mücken sehr windempfindlich sind.
- Kulturschutznetze verhindern den Einflug der Kohldrehherzmücke (z. B. Andermatt Biocontrol). Achtung: Vorvor- und Vorkultur darf kein Kohlgemüse sein, da sich in diesem Fall bereits Puppen im Boden befinden können.
- Der Flugzeitpunkt der männlichen Mücken kann mit Pheromonfallen (z.B. Andermatt Biocontrol) bestimmt werden. Die Schadschwelle ist erreicht, wenn innerhalb von 3 Tagen mehr als 5 Männchen auf der Pheromonfalle gefunden werden und sich die Kulturen im empfindlichen Stadium befinden (Pflanzenschutzempfehlung für den Biogemüsebau).
- Im Biogemüsebau ist eine Behandlung mit Spinosad möglich (Betriebsmittelliste FiBL). Schadschwellen beachten!
- Zugelassene Pflanzenschutzmittel zum Schutz gegen die Kohldrehherzmücke (Contarinia nasturtii) finden Sie für die Schweiz im Pflanzenschutzmittelverzeichnis des BLW und für Österreich im Verzeichnis der zugelassenen Pflanzenschutzmittel
- Eine tiefe Bodenbearbeitung (Pflügen) nach einem starken Befall reduziert das Auftreten der Drehherzmücke im Folgejahr. Ein erneutes Pflügen kann jedoch bis zu drei Jahre lang lebensfähige Puppen hervorbringen (Porteneuve et al. 2015).
Literatur
Bedlan G, Kahrer A, 2002. Wichtige Krankheiten und Schädlinge im Gemüsebau. Verlag Jugend & Volk GmbH, Wien: 248 S.
Crüger G, Backhaus GF, Hommes M, Smolka S, 2002. Pflanzenschutz im Gemüsebau. 4. Auflage, Verlag Eugen Ulmer Stuttgart: 318 S.
Hoffmann GM, Schmutterer H, 1999. Parasitäre Krankheiten und Schädlinge an landwirtschaftlichen Kulturpflanzen. Verlag Eugen Ulmer Stuttgart: 675 S.
Kahrer A, Gross M, 2002. Gemüseschädlinge. Österreichischer Agrarverlag, Leopoldsdorf: 205 S.
Kühne S, Burth U, Marx P, 2006. Biologischer Pflanzenschutz im Freiland. Eugen Ulmer KG, Stuttgart: 288 S.
Luka H, Koller M, 2019. Schädlingsregulierung im Biokopfkohlanbau. Herausgeber: Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, Ackerstrasse 113, Postfach 219, CH-5070 Frick: 12 S. (Link)
Sauer C, Fähndrich S, 2010. Die Kohldrehherzgallmücke (Contarinia nasturtii) (Kieffer). Merkblatt, Herausgeber: Extension Gemüsebau, Forschungsanstalt Agroscope, 8820 Wädenswil (www.agroscope.ch).
Porteneuve C, Baty-Julien C, Estorgues V, Maitre R, Penguilly D, Mérendet V, Méry A, Raynal C, Serrurier M, Villeneuve F, 2015. Les choux à inflorescence: chou-fleur, chou brocoli, chou romanesco. Paris: Centre Technique Interprofessionnel des Fruits et Légumes (CTIFL): 331 S.