Titelbild Pflanzenkrankheiten - Schädlinge

Pflanzenkrankheiten und Schädlinge

Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata) Larven

Kartoffelkäfer

doryphore (franz.); Colorado Potato Beetle (engl.)

wissenschaftlicher Name: Leptinotarsa decemlineata Say

Taxonomie: Animalia, Arthropoda, Insecta, Coleoptera, Polyphaga, Chrysomelidae

Der Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata) verursacht sowohl als Larve als auch als Käfer Loch- und Blattrandfrass. Ein hohes Befallsrisiko besteht vor allem in wärmeren Jahren. Besonders gefährdet sind Kartoffelfelder in unmittelbarer Nähe von Feldern mit Vorjahresbefall. Ohne Gegenmassnahmen kann der Käfer bei einem Massenauftreten zu Totalverlusten führen. Insektizide sollten erst nach dem Erreichen der Schad- bzw. Bekämpfungsschwelle eingesetzt werden.

Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata) (Larve) an Kartoffeln
Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata) (Larve) an KartoffelnAbb. 1. Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata): Larven (oben), Käfer (unten)

Schadbild

Larven und Käfer fressen Löcher in die Blätter (Lochfrass) oder verursachen Blattrandfrass. Bei starkem Befall wird das ganze Blatt bis auf die Blattadern und die Stängel gefressen (Skelettierfrass, Kahlfrass). Die Zerstörung der Blattfläche kann zu erheblichen Ernteverlusten führen.

Beschreibung des Kartoffelkäfers

Der Kartoffelkäfer ist etwa 10 mm gross. Er ist gelb mit zehn schwarzen Längsstreifen auf den Flügeldecken (Abb. 1 und 2). Der rotgelbe Halsschild ist schwarz gefleckt. In Europa kann er mit keiner anderen Art verwechselt werden.
Die anfangs hellen, später orangeroten Eier sind etwa 1.5 mm lang und werden in Gruppen von 10 bis 30 Stück an der Blattunterseite abgelegt.
Die Larven der Stadien L1 bis L3 sind 2 bis 3 mm gross, das letzte Larvenstadium L4 misst bis zu 10 mm (Abb. 2). Die Larven sind zunächst leuchtend rot, später rötlich-gelb gefärbt und tragen an den Körperseiten je zwei Reihen dunkler Flecken sowie weitere Flecken auf dem Rücken. Kopf und Beine sind schwarz.

Abb. 2. Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata): Eigelege, Larven, Loch- und Blattrandfrass, Käfer 

Vorkommen und Bedeutung des Kartoffelkäfers

Der Kartoffelkäfer wurde erstmals 1811 an Solanum rostratum im Südwesten der USA (Colorado) entdeckt (Alyokhin et al. 2008). Einige Jahre später begannen europäische Einwanderer mit dem Anbau von Kartoffeln in dieser Region. Unglücklicherweise erwies sich die Kartoffel als sehr gute Wirtspflanze für den Kartoffelkäfer. Die Käfer drangen in die Kartoffelfelder ein und breiteten sich sehr schnell aus. Die erste Massenvermehrung in einem Kartoffelfeld wurde 1859 in Nebraska beobachtet. 1922 wurde die erste europäische Population in Bordeaux (Frankreich) entdeckt, 1936 kam es zu einem grossen Massenauftreten in Deutschland. In der Schweiz trat der Kartoffelkäfer erstmals 1937 auf und ist seit 1943 in allen Kantonen verbreitet. In den folgenden Jahren besiedelte der Schädling ungefähr 16 Millionen km2 auf zwei Kontinenten (Weber 2003).
Der Kartoffelkäfer ist in vielen Regionen der wichtigste Schädling an den Kartoffeln. Jede Larve frisst etwa 40 cm2 Blattfläche pro Tag, der Käfer 10 cm2 (Alyokhin et al. 2008). Vor allem das dritte und vierte Larvenstadium verursachen die grössten Schäden.

Lebenszyklus

Die im Boden überwinternden Käfer erscheinen Ende April bis Anfang Mai. Das Auftreten der ersten Käfer ist abhängig von der Bodentemperatur und erfolgt bei Temperaturen über 10 °C (De Kort 1990). Die Käfer sind daher meist schon kurz nach dem Auflaufen der Kartoffeln vorhanden. Die Käfer machen einen zweiwöchigen Reifungsfrass und paaren sich dann. Die Weibchen legen die orangefarbenen Eier in Gruppen von 10 bis 30 Stück vorwiegend an der Blattunterseite ab. Jedes Weibchen legt total etwa 300 bis 800 Eier an mehreren Kartoffelpflanzen ab (Harcourt 1971).
Nach 10 bis 14 Tagen schlüpfen aus den Eiern die Larven, die sich innerhalb von drei Wochen dreimal häuten, bevor sie ihre Entwicklung abschliessen. Die Larven graben sich einige Zentimeter tief in den Boden und verpuppen sich. Nach einer 14-tägigen Puppenruhe schlüpfen die neuen Käfer (ab Juli) und beginnen mit dem Frass an den Kartoffelblättern. In klimatisch begünstigten Anbaugebieten kann sich eine zweite Generation entwickeln. Im Herbst graben sich die Käfer 20 bis 50 cm tief in den Boden ein, um zu überwintern.

Epidemiologie

Die Entwicklung vom Ei zum geschlechtsreifen Käfer dauert je nach Temperatur 14 bis 56 Tage (Alyokhin et al. 2008). Am schnellsten ist die Entwicklung bei Temperaturen von 25 bis 32 °C.
Die Winterruhe (Diapause) ist fakultativ. Der Käfer kann eine bis drei sich überlappende Generationen pro Jahr haben.
Die Mehrzahl der Käfer stirbt im zweiten Sommer. Ein kleiner Teil der Käfer (etwa 25 %) kann einen zweiten Winter überleben. Bei diesen Käfern ist die Sterblichkeit im zweiten Winter und Frühjahr sehr hoch.

Wirtsspektrum

Der Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata) frisst hauptsächlich an Kartoffeln, daneben aber auch an Tomaten, Auberginen und Unkräutern (z.B. an Schwarzem Nachtschatten) (Häni et al. 2008).

Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung

  • Fruchtfolge: Ein Erstbefall im Frühjahr kommt vorwiegend auf Flächen vor, auf denen (oder in deren unmittelbarer Nähe) im Vorjahr Kartoffeln angebaut wurden. Deshalb sollten neue Kartoffelfelder möglichst weit entfernt von Vorjahresflächen gepflanzt werden (Mindestabstand von 500 m).
  • Durchwuchskartoffeln in der Folgekultur konsequent entfernen, da sie Befallsherde darstellen.
  • Frühe Sorten bevorzugen, die Pflanzkartoffeln vorkeimen und früh pflanzen, um der Kartoffel einen Entwicklungsvorsprung zum Käfer (aber auch zur Krautfäule) zu verschaffen.
  • Auf kleinen Flächen kann die Anzahl der Käfer durch Absammeln reduziert werden.
  • Natürliche Feinde fördern (Schwebfliegen, Florfliegen, Marienkäfer etc.)
  • Der Einsatz von Insektiziden sollte nur unter Berücksichtigung von Schad- bzw. Bekämpfungsschwellen erfolgen. Für die Schweiz gilt als Bekämpfungsschwelle: Ab Beginn Käfer-Einflug 30% der Pflanzen mit Larven befallen und/oder ein Befallsherd pro Are. Die Kontrolle muss im ganzen Feld an 10 mal 5 Pflanzen erfolgen (Agridea, Datenblätter Ackerbau).
  • Empfohlene und zugelassene Pflanzenschutzmittel gegen den Kartoffelkäfer finden Sie für die Schweiz in der Betriebsmittelliste für den biologischen Landbau in der Schweiz und im BLW Pflanzenschutzmittelverzeichnis (Bundesamt für Landwirtschaft); für Deutschland in der online Datenbank des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) und für Österreich im Pflanzenschutzmittelregister des BAES (Bundesamt für Ernährungssicherheit).
  • Ein Wirkstoffwechsel kann der Resistenzbildung entgegenwirken. Deshalb sollten die verschiedenen Wirkstoffgruppen nur einmal pro Saison eingesetzt werden.

Literatur

Agridea, 2021. Datenblätter Ackerbau. AGRIDEA, CH-8315 Lindau (Bekämpfungsschwellen)

Alyokhin A, Baker M, Mota-Sanchez D, Dively G, Grafius E, 2008. Colorado Potato Beetle Resistance to Insecticides. American Journal of Potato Research, 85: 395-413.

De Kort CAD, 1990. Thirty-five years of diapause research with the Colorado potato beetle. Entomologia Experimentalis et Applicata 56: 1-13.

Häni FJ, Popow G, Reinhard H, Schwarz A und Voegeli U, 2008. Pflanzenschutz im nachhaltigen Ackerbau. Edition LMZ, 7. Auflage. 466 S.

Harcourt DG, 1971. Population dynamics of Leptinotarsa decemlineata (Say) in eastern Ontario. III Major population processes. Canadian Entomologist 103: 1049-1061.

Weber D, 2003. Colorado beetle: Pest on the move. Pesticide Outlook 14: 256-259.

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