Titelbild Pflanzenkrankheiten - Schädlinge

Pflanzenkrankheiten und Schädlinge

Kohlrübenblattwespe (Athalia rosae)

Kohlrüben-, Raps- oder Rübsenblattwespe

tenthrède de la rave (franz.); turnip sawfly (engl.)

wissenschaftlicher Name: Athalia rosae L.
Synonym: Athalia colibri Christ.

Taxonomie: Animalia, Arthropoda, Insecta, Hymenoptera, Tenthredinidae

Die Kohlrübenblattwespe (Athalia rosae) tritt gelegentlich als Schädling an Kreuzblütlern, vor allem an Raps, auf. Die Larven können in kurzer Zeit ganze Blätter kahl fressen und lassen oft nur die Blattadern stehen. Als vorbeugende Massnahme wird empfohlen, anfällige Gemüsearten möglichst weit entfernt von Raps anzubauen. Eine Abdeckung mit Kulturschutznetzen verhindert weitgehend das Einfliegen in die Kulturen und die Eiablage des Schädlings.

Raps- oder Rübsenblattwespe (Athalia rosae) an RapsAbb. 1. Kohlrüben-, Raps- oder Rübsenblattwespe (Athalia rosae): Fassschäden an Raps

Raps- oder Rübsenblattwespe (Athalia rosae) an Raps: LarveAbb. 2. Larve der Kohlrüben-, Raps- oder Rübsenblattwespe (Athalia rosae)

Abb. 3. Kohlrüben-, Raps- oder Rübsenblattwespe (Athalia rosae): Schadbild an Raps

Schadbild und Schadwirkung

Die jungen, hellgrauen bis grünlichen Larven der Kohlrübenblattwespe fressen vor allem an der Blattunterseite und verursachen einen Fenster- oder Lochfrass (Abb. 1, 2 und 3). Die älteren, dunkelgrünen bis schwarzen Larven wechseln auf die Blattoberseite oder fressen vom Blattrand her. Sie können in kurzer Zeit viel Blattmasse verzehren. Oft lassen sie nur die Blattadern stehen (Skelettierfrass).
Schadwirkung: Ein Massenauftreten kann vor allem in jungen Kulturen zu erheblichen Schäden führen. Die zweite oder dritte Generation richtet den grössten Schaden an.

Beschreibung des Schaderregers

Die Kohlrübenblattwespe gehört zur Familie der Tenthredinidae (Echte Blattwespen) innerhalb der Ordnung Hymenoptera (Hautflügler). Die Larven besitzen drei Paar kräftige, gegliederte Brustbeine und am Hinterleib sieben Paar Bauchfüsse sowie am letzten Segment ein Paar Afterfüsse oder Nachschieber. Im Gegensatz zu den Schmetterlingsraupen haben die Blattwespenlarven nur ein bein- bzw. fussloses Segment zwischen den brustbeintragenden und bauchfusstragenden Segmenten (Kahrer und Gross 2002). Ausserdem haben die Schmetterlingsraupen in der Regel nur vier Paar Bauchfüsse, während die Larven der Kohlrübenblattwespe sieben haben.
Die Larven sind anfangs hellgrau bis hellgrün gefärbt, ältere Larven sind dunkelgrün bis schwarz und auf der Bauchseite grau (Hoffmann und Schmutterer 1999). Die Kopfkapsel ist glänzend schwarz. Die Larven werden bis zu 18 mm lang.
Die erwachsene Kohlrübenblattwespe (adultes Insekt oder auch Imago genannt) hat einen orangegelben Hinterleib (Kahrer und Gross 2002) (siehe auch hier). Der Halsschild ist schwarz mit roten Feldern. Die Flügel sind reich geädert, durchsichtig und haben am Vorderrand einen schwarzen Fleck. Die Imago ist 6 bis 8 mm gross. Die Echten Blattwespen haben keine Wespentaille zwischen Brust (Thorax) und Hinterleib (Abdomen) und können nicht stechen.

Lebenszyklus

Die Kohlrübenblattwespe überwintert als Larve in einem Erdkokon, einer Art Schutzhülle, welche die Larve aus Erdkrümeln und Speichel selbst herstellt. Dadurch sind die Larven während des Winters vor Räubern, Kälte und Nässe geschützt. Im Frühjahr verpuppen sich die im Erdkokon überwinterten Larven. Etwa im Mai bis Juni schlüpfen die Blattwespen und verlassen den Erdkokon. Nach der Paarung ernähren sich die Weibchen von Pollen und Nektar blühender Pflanzen (Kreuz-, Dolden- und Korbblütler werden bevorzugt). Das Weibchen kann bis zu 300 Eier (Porteneuve et al. 2015) einzeln in die Blätter von wilden und kultivierten Kreuzblütlern ablegen. Am Blattrand trennt die Wespe mit ihrer fein gezahnten Legeröhre die Blattober- und -unterseite und legt dort ein 1 mm langes, weissgelbes Ei ab (Zahradnik 1985). Die optimale Temperatur für die Eiablage liegt zwischen 18 und 20 °C (Hoffmann und Schmutterer 1999). Nach 6 bis 10 Tagen schlüpfen die Larven der ersten Generation und ernähren sich von Blättern. Die Larven verursachen zunächst einen Fensterfrass, später fressen sie die Blätter bis auf die Blattadern. Nach vier Häutungen verpuppen sich die Larven in 1 bis 5 cm Bodentiefe in einem Erdkokon. Im Juli und August erscheinen die Blattwespen und beginnen mit der Eiablage den Lebenszyklus der zweiten Generation. Bei günstiger Witterung entsteht eine dritte Generation, welche vor allem den jungen Winterraps befällt. Das letzte Larvenstadium überwintert flach unter der Erde in einem Erdkokon, wo sich die Larven im Frühjahr verpuppen.

Wirtsspektrum

Wirtspflanzen der Larven der Kohlrübenblattwespe (A. rosae) sind Raps, Rübsen, Senf, aber auch Gemüsearten wie zum Beispiel Chinakohl, Kohlrüben, Meerrettich (Kren), Radieschen oder Rettich sowie wild wachsende Kreuzblütler (Paul 1992: Kahrer und Gross 2002).
Die adulten Kohlrübenblattwespe findet man vor allem an blühenden Pflanzen der Kreuz-, Dolden- und Korbblütlern.

Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung

  • Natürliche Feinde der Kohlrübenblattwespen fördern (Luka und Koller 2019)
  • Gemüsearten, die besonders gerne von Kohlrübenblattwespen befallen werden, möglichst weit entfernt von Raps oder Gründüngung mit Senf anbauen (Kahrer und Gross 2002).
  • Kulturschutznetze mit einer Maschenweite bis 2 mm (Pflanzenschutzempfehlungen für den Biogemüsebau) verhindern das Einfliegen und die Eiablage der Kohlrübenblattwespe (z.B. Biocontrol Andermatt).
  • Behandlungen mit Pflanzenschutzmitteln gegen andere Kohlschädlinge helfen meist auch gegen Kohlrübenblattwespen. Achtung: Bacillus thuringiensis-Präparate (Bt) wirken nicht gegen Blattwespen. 

Literatur

Hoffmann GM, Schmutterer H, 1999. Parasitäre Krankheiten und Schädlinge an landwirtschaftlichen Kulturpflanzen. Verlag Eugen Ulmer Stuttgart: 675 S.

Kahrer A, Gross M, 2002. Gemüseschädlinge. Österreichischer Agrarverlag, Leopoldsdorf: 205 S.

Luka H, Koller M, 2019. Schädlingsregulierung im Biokopfkohlanbau. Herausgeber: Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, Ackerstrasse 113, Postfach 219, CH-5070 Frick: 12 S.  (Link)

Paul V, 1992. Krankheiten und Schädlinge des Rapses. Verlag Th. Mann 2. Auflage: 132 S.

Porteneuve C, Baty-Julien C, Estorgues V, Maitre R, Penguilly D, Mérendet V, Méry A, Raynal C, Serrurier M, Villeneuve F, 2015. Les choux à inflorescence: chou-fleur, chou brocoli, chou romanesco. Paris: Centre Technique Interprofessionnel des Fruits et Légumes (CTIFL): 331 S.

Zahradnik J, 1985. Bienen, Wespen, Ameisen: Die Hautflügler Mitteleuropas. Kosmos-Naturführer, Franckh’sche Verlagshandlung Stuttgart: 191 S.