Kohlerdflöhe
Les altises (franz.); flea beetles (engl.)
wissenschaftlicher Name: Phyllotreta spp.
Taxonomie: Animalia, Arthropoda, Insecta, Coleoptera, Chrysomelidae
Kohlerdflöhe (verschiedene Arten der Gattung Phyllotreta) ernähren sich von Pflanzen aus der Familie der Kreuzblütler (Brassicaceae). Kohlerdflöhe sind kleine, zwei bis drei Millimeter lange Käfer mit dicken Hinterbeinen, die ihnen grosse Sprünge ermöglichen. Sie sind schwarz, einige haben einen metallischen Glanz oder zwei gelbe Längsstreifen. Die erwachsenen Kohlerdflöhe fressen Löcher in die Blätter ihrer Wirtspflanzen und können Jungpflanzen abtöten. Die Larven ernähren sich von Pflanzenwurzeln oder minieren in Blattstielen, verursachen aber selten wirtschaftlich relevante Schäden. Wichtige vorbeugende Massnahmen zur Bekämpfung der Kohlerdflöhe sind (1) die Förderung der Jugendentwicklung der Pflanzen, (2) regelmässiges Hacken vor allem bei anhaltender Trockenheit und (3) das Abdecken der jungen Pflanzen mit einem Kulturschutznetz (oder Vlies).
Abb. 1. Kohlerdflöhe (Phyllotreta spp.) fressen an den Blättern und verursachen kreisrunde, tiefe Löcher (oben Spitzkohl, unten Weisskohl)
Abb. 2. Kohlerdflöhe (Phyllotreta spp.): Schadbild an Wirsing und Weisskohl (Bild 1 und 2), Gelb- oder Gewelltstreifige Kohlerdflöhe (P. nemorum oder P. undulata) (Bild 3 bis 6) und vermutlich Schwarze Kohlerdflöhe (P. atra) (Bild 7 bis 9)Schadbild und Schadwirkung
Die Kohlerdflöhe (adulte Tiere) fressen meist an der Blattoberseite mehr oder weniger kreisrunde, tiefe Löcher (Abb. 1 und 2). Bei dickfleischigen Keimblättern bleibt die untere Kutikula oft intakt, so dass das typische Schadbild eines Fensterfrasses entsteht. Dünnere Blätter werden durchbohrt und sind oft vollständig durchlöchert.
Junge Sämlinge sind besonders anfällig und können bei warmer und trockener Witterung absterben. Ältere Pflanzen werden auch bei starkem Befall selten zerstört, können aber im Wachstum beeinträchtigt sein.
Die Larven der Kohlerdflöhe (mit Ausnahme von P. nemorum und P. armoraciae, die in den Blattstielen minieren) fressen unterirdisch an den Seitenwurzeln, selten an den Wurzeln selbst. In der Regel werden die Pflanzen dadurch nicht geschädigt. Gelegentlich können braune Frassgänge in den Wurzeln von Wurzelgemüse beobachtet werden (z.B. bei Radieschen oder Steckrüben) (Porteneuve et al. 2015).
Schadwirkung: Durch die Frassschäden geht Blattfläche verloren, die nicht mehr für die Photosynthese genutzt werden kann.
Neben dem direkten Frassschaden können die Kohlerdflöhe die Kohlschwärze (Alternaria brassicae) übertragen (Oelhafen und Vogler 2014). Darüber hinaus wurde nachgewiesen, dass Kohlerdflöhe das Turnip yellow mosaic virus (TuYMV) und das Radish mosaic virus (RaMV) verbreiten können.
Beschreibung der wichtigsten Kohlerdflöhe
Kohlerdflöhe (Phyllotreta spp.) sind Käfer (Coleoptera) aus der Familie der Blattkäfer (Chrysomelidae). Typisch für diese Käfer sind die verdickten Oberschenkel des hinteren Beinpaares, die ihnen Sprünge bis zu 200-facher Körperlänge ermöglichen (Abb. 2). Wegen dieser Sprungfähigkeit haben sie den Namen "Erdfloh" erhalten. Nach Hoffmann und Schmutterer (1999) gehören folgende Arten der Gattung Phyllotreta zu den landwirtschaftlich wichtigsten:
- Gelbstreifiger Kohlerdfloh (Phyllotreta nemorum L.): Die Körperlänge beträgt 2.5 bis 3.0 mm. Er ist schwarz gefärbt und hat zwei gelbe, leicht wellenförmige Längsstreifen auf den Flügeldecken.
- Gewelltstreifiger Kohlerdfloh (Phyllotreta undulata Kutsch.): 1.8 bis 2.5 mm lang, schwarz gefärbt und mit zwei gelben, deutlich gekrümmten Längsstreifen auf den Flügeldecken. Das schwarze Band zwischen den gelben Längsstreifen ist im vorderen Sechstel um die Hälfte verjüngt (Zahradnik et al. 1985).
- Blauseidiger Kohlerdfloh (Phyllotreta nigripes F.): 1.8 bis 2.8 mm gross, metallisch blau, blaugrün bis grün oder bronzefarben.
- Gewöhnlicher (grün glänzender) Kohlerdfloh (Phyllotreta cruciferae Goeze): 1.8 bis 2.0 mm lang, bläulich oder metallisch grün.
- Schwarzer Kohlerdfloh (Phyllotreta atra F.): 1.7 bis 2.6 mm lang, schwarzer Körper (ohne metallischen Glanz), Kopf und Flügeldecken stark gepunktet
Die gelblichen Eier sind etwa 0.5 mm lang und 0.25 mm breit (alle Grössenangaben nach Capinera 2001). Die Larven sind weiss, abgesehen von einer braunen Kopfkapsel und einer braunen Analplatte. Die Körperlänge beträgt je nach Stadium 0.9 bis 6.7 mm. Die Larven haben drei Paar kurze Brustbeine (Crüger et al. 2002). Die Puppe ist weiss und etwa 2.4 mm lang.
Verwechslungsmöglichkeit: Rapserdflöhe (Psylliodes chrysocephala) befallen (selten) auch Kohlgemüse, sind aber etwas grösser und treten im Herbst oft massenhaft in Rapsfeldern auf.
Lebenszyklus
Kohlerdflöhe überwintern als erwachsene Käfer bevorzugt in der Laubstreu unter Sträuchern und Büschen. Sobald im Frühjahr mildere Bedingungen herrschen, erwachen die Erdflöhe aus ihrer Entwicklungsruhe (Diapause) und beginnen an den oberirdischen Pflanzenteilen von Kreuzblütlern (Brassicaceae) zu fressen. Die Kohlerdflöhe fressen vor allem bei Temperaturen zwischen 15 und 27 °C (Alexandre et al. 2020). Bei schönem Wetter sind sie sehr aktiv (Kahrer und Gross 2002). Dank ihrer guten Sprung- und Flugfähigkeit verbreiten sie sich schnell.
Etwa Ende Mai paaren sich die Käfer und die Weibchen legen ihre Eier am Fusse von Jungpflanzen in den Boden (Oelhafen und Vogler 2014). Nach ein bis zwei Wochen schlüpfen die Larven aus den Eiern und fressen an den Wurzeln, ohne die Pflanzen wirklich zu schädigen.
Die beiden Arten P. nemorum und P. armoraciae (Meerrettich-Erdfloh) legen ihre Eier nicht in den Boden sondern auf die Blattunterseite und in die Blattachseln (Kahrer und Gross 2002). Die Larven minieren dann in den Blattstielen.
Etwa einen Monat später, nachdem die Larven drei Stadien durchlaufen haben, folgt die Puppenruhe (Capinera 2001). Sowohl die oberirdisch als auch die im Boden lebenden Phyllotreta-Arten verpuppen sich im Boden (Oelhafen und Vogler 2014). Etwa Ende Juli - Anfang August erscheint die neue Generation, die an den oberirdischen Teilen der Wirtspflanzen frisst. Kohlerdflöhe bilden nördlich der Alpen in der Regel nur eine Generation pro Jahr.
Im Herbst ziehen sich die erwachsenen Käfer in ihre Überwinterungsorte zurück und begeben sich in eine Ruhephase (Diapause), die von Oktober bis März dauert.
Epidemiologie
Die Aktivität der Kohlerdflöhe wird durch warme und trockene Umweltbedingungen begünstigt (Alexandre et al. 2020). Diese Wetterbedingungen begünstigen den Flug der Erdflöhe und erhöhen ihre Frassaktivität.
Wirtsspektrum
Kohlerdflöhe (Phyllotreta spp.) ernähren sich von Pflanzen aus der Familie der Kreuzblütler (Brassicaceae). Häufig befallen werden Kohlgemüse, Radieschen und Rettich. Aber auch Meerrettich (P. armoriaciae) und Raps (nicht zu verwechseln mit dem Rapserdfloh) gehören zu den Wirtspflanzen. Kohlerdflöhe können sich auch auf kreuzblütigen Unkräutern wie Hirtentäschchen (Capsella bursa-pastoris), Acker-Täschelkraut (Thlaspi arvense), Hederich (Raphanus raphanistrum), Ackersenf (Sinapis arvensis) etc. entwickeln.
Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung
- Fruchtfolge: Im Vorjahr keine Kreuzblütler auf der betroffenen Parzelle anbauen, auch keine Gründüngung mit Kreuzblütlern (Pflanzenschutzempfehlung für den Biogemüsebau).
- Saat- oder Pflanzbett nicht zu fein bearbeiten
- Gut entwickelte, kräftige Jungpflanzen pflanzen
- Untersaaten mit Weiss- oder Erdklee oder Mischkulturen reduzieren den Befall.
- Förderung der Jugendentwicklung der Pflanzen, so dass das anfällige Keimlingsstadium möglichst schnell durchlaufen wird: Pflanzen gut wässern und düngen (Bedlan und Kahrer 2002; Vieweger et al. 2003).
- Während warmer und trockener Witterung kann eine Bewässerung der Kulturen die Entwicklung der Erdflöhe hemmen (Oelhafen und Vogler 2014).
- Gartenvliese und feinmaschige Insektenschutznetze (maximale Maschenweite von 0.8 mm) verhindern das Eindringen von Kohlerdflöhen in die Kultur, sofern diese nicht schon vor dem Montieren des Vlieses/Netzes auf der Parzelle vorhanden waren (siehe auch Andermatt Biocontrol).
- Regelmässiges Hacken stört die Entwicklung der Erdflöhe. Eine raue Bodenoberfläche wird von den Käfern gemieden.
- Der Einsatz von fein gemahlenem Gesteinsmehl mit Heliosol (Netzmittel) kann den Befall reduzieren (Luka und Koller 2019).
- Ein Streifen mit Fangpflanzen (z.B. Ackerrettich oder Chinakohl) am Feldrand lockt die Käfer von den Kulturen weg, so dass diese dort mit bewilligten Pflanzenschutzmitteln behandelt werden können (Oelhafen und Vogler 2014).
- Zugelassene Pflanzenschutzmittel gegen die Kohlerdflöhe (Phyllotreta spp.) finden Sie für die Schweiz in der Betriebsmittelliste für den biologischen Anbau und im Pflanzenschutzmittelverzeichnis des BLW; für Deutschland in der online Datenbank des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) und für Österreich im Verzeichnis der zugelassenen Pflanzenschutzmittel.
Literatur
Alexandre Y, Bliot A, Artu A, Oste S, 2020. L’altise des crucifères (Phyllotreta spp.), un ravageur en recrudescence. FREDON Hauts-de-France, Fiche technique 2020/34.
Bedlan G, Kahrer A, 2002. Wichtige Krankheiten und Schädlinge im Gemüsebau. Verlag Jugend & Volk GmbH, Wien: 248 S.
Capinera JL, 2001. Handbook of Vegetable Pests. Academic Press New York: 729 S.
Crüger G, Backhaus GF, Hommes M, Smolka S, 2002. Pflanzenschutz im Gemüsebau. 4. Auflage, Verlag Eugen Ulmer Stuttgart: 318 S.
Hoffmann GM, Schmutterer H, 1999. Parasitäre Krankheiten und Schädlinge an landwirtschaftlichen Kulturpflanzen. Verlag Eugen Ulmer Stuttgart: 675 S.
Kahrer A, Gross M, 2002. Gemüseschädlinge. Österreichischer Agrarverlag, Leopoldsdorf: 205 S.
Luka H, Koller M, 2019. Schädlingsregulierung im Biokopfkohlanbau. Herausgeber: Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, Ackerstrasse 113, Postfach 219, CH-5070 Frick: 12 S. (Link)
Oelhafen A, Vogler U, 2014. Erdflöhe an Kreuzblütlern (Phyllotreta spp.; Coleoptera: Chrysomelidae). Agroscope Wädenswil, Merkblatt Nr. 7 / 2014.
Porteneuve C, Baty-Julien C, Estorgues V, Maitre R, Penguilly D, Mérendet V, Méry A, Raynal C, Serrurier M, Villeneuve F, 2015. Les choux à inflorescence: chou-fleur, chou brocoli, chou romanesco. Paris: Centre Technique Interprofessionnel des Fruits et Légumes (CTIFL): 331 S.
Vieweger A, Hauenstein S, Koller M, 2023. Pflanzenschutz im Biogemüsebau: Krankheits- und Schädlingsregulierung im Freilandanbau. Merkblatt Nr. 1145, Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, CH-5070 Frick:: 28 S. (Link)
Zahradnik J, Jung I, Jung D, et al., 1985. Käfer Mittel- und Nordwesteuropas. Parey, Berlin, 498 S.