Sclerotinia-Fäule
sclérotiniose du haricot (franz.); white mould (engl.)
wissenschaftlicher Name: Sclerotinia sclerotiorum (Lib.) de Bary
Taxonomie: Fungi, Ascomycota, Leotiomycetes, Helotiales, Sclerotiniaceae
Sclerotinia-Fäule (Sclerotinia sclerotiorum) ist eine wichtige Krankheit von vielen Hülsenfrüchten, einschließlich Bohnen und Erbsen. Darüber hinaus kann S. sclerotiorum auch Raps, Sonnenblumen und viele andere Kulturpflanzen befallen. S. sclerotiorum verursacht eine schleimige Fäulnis, welche die gesamte Pflanze umfassen kann. Der Krankheitserreger bildet Sklerotien, die mehrere Jahre im Boden überdauern können. Die Krankheit verbreitet sich in dichten Beständen bei feucht-warmer Witterung besonders schnell. Eine weite Fruchtfolge ohne andere Wirtspflanzen und die Verwendung von wenig anfälligen Sorten sind deshalb wichtige Massnahmen zur Verhinderung dieser Krankheit.
Abb. 1. Sclerotinia-Fäule (Sclerotinia sclerotiorum) der Buschbohnen
Abb. 2. Sclerotinia-Fäule (S. sclerotiorum) der BohnenSchadbild
Die Sclerotinia-Fäule tritt vor allem bei feucht-warmer Witterung in dichten Beständen auf (Biddle et al. 2012). Meist sind nur kleine Gruppen von Pflanzen an einzelnen Stellen des Feldes befallen. Die ersten Symptome sind kleine, dunkelgrüne, mit Wasser durchtränkte Flecken an Stängeln, Blättern oder Hülsen. Diese Schäden entwickeln sich schnell zu einer grossen, schleimigen Fäulnis, die schliesslich die gesamte Pflanze erfasst und abtötet. Bei feuchten Bedingungen wächst an der Schadstelle ein weisses, watteartiges Myzel (Abb. 1 und 2). Später erscheinen auf oder innerhalb des befallenen Gewebes unregelmässig geformte Sklerotien, die zuerst weiss, dann hellbraun und später schwarz sind (Abb. 2). Reife, harte Sklerotien bilden sich normalerwweise, nachdem das Gewebe verfault ist. Die Pflanzen trocknen aus und haben einen beige bis weissliche Farbe, die sich von der normalen hellbraunen Farbe der alternden Pflanzen unterscheidet.
Beschreibung des Krankheitserregers
Drei verschiedene Sclerotinia Arten können an Hülsenfrüchtlern eine Fäulnis verursachen: S. minor, S. sclerotiorum und S. trifoliorum.
S. minor lässt sich leicht von den beiden anderen Arten unterscheiden, da die Sklerotien deutlich kleiner sind (in der Regel 2 - 4 mm im Durchmesser) und auf Pflanzengewebe und in Kultur sehr zahlreich gebildet werden (Koike et al. 2007). Ausserdem bildet S. minor in der Natur keine sexuellen Fruchtkörper (Apothecien), während S. sclerotiorum und S. trifoliorum solche bilden. S. minor hat ein relativ enges Wirtsspektrum und kann neben Hülsenfrüchtlern auch einige andere Pflanzen wie Salat, Paprika, Radicchio, Tomaten, Basilikum und Blumenkohl befallen.
S. sclerotiorum hat ein breites Wirtsspektrum und bildet in der Regel deutlich grössere Sklerotien als S. minor. Das Mycel ist weiss, septiert und verzweigt (Schwartz et al. 2005). Die Sklerotien sind kugelförmig bis zylindrisch (2-15 x 2-10 mm). Die Sklerotien sind anfänglich hellbraun, reife Sklerotien sind aussen schwarz und innen weiss. Aus einem Sklerotium können ein oder mehrere Apothecien (Abb. 3) entstehen. Diese sind hellbraun, gestielt, becher- oder trichterförmig und sind 2-10 mm breit. Auf den Apothecien befinden sich senkrecht stehende, keulenförmige Asci mit je 8 einzelligen Ascosporen (4-6 x 9-14 m) (Abb. 4). Im Gegensatz zu S. trifoliorum sind alle 8 Ascosporen eines Ascus ungefähr gleich gross. Auf einem Apothecium der S. sclerotiorum können acht bis zehn Millionen Ascosporen gebildet werden.
Es kommen auch kugelige Mikrokonidien (2 bis 4 µm im Durchmesser) vor, deren Funktion aber unbekannt ist. Es werden keine Konidien gebildet.
S. trifoliorum (siehe auch Rotklee) bildet Sklerotien und Apothecien, die denen von S. sclerotiorum sehr ähnlich sind. Die acht Ascosporen in jedem Ascus treten jedoch in zwei verschiedenen Grössen auf. In Kultur ist das Myzelwachstum von S. trifoliorum auf Kartoffeldextrose-Agar bei 26 °C spärlicher und langsamer als das von S. sclerotiorum. S. trifoliorum hat ein begrenztes Wirtsspektrum und ist im Allgemeinen auf Hülsenfrüchte beschränkt. S. trifoliorum bildet die Apothecien mit den Asci und Ascosporen im Herbst. Es ist deshalb unwahrscheinlich, dass S. trifoliorum in der Natur die Bohnen infiziert.
Abb. 4. Asci mit Ascosporen der Sclerotinia sclerotiorum (Sklerotien stammen von Sonnenblumen)
Lebenszyklus von Sclerotinia sclerotiorum
S. sclerotiorum überlebt im Boden in Form von Sklerotien, die je nach Bodenbeschaffenheit, Bodenfeuchtigkeit und Vergrabungstiefe zwischen einigen Monaten und 10 Jahren lebensfähig bleiben können (Koike et al. 2007; Kühne et al. 2006). Trocken gelagerte Sklerotien überleben in der Regel noch länger.
Wenn im Frühjahr genügend Bodenfeuchtigkeit vorhanden ist, können flach vergrabene Sklerotien direkt mit Myzel keimen. Weit häufiger bilden die Sklerotien aber zur Zeit der Bohnenblüte ein oder mehrere Apothecien (becherförmige Fruchtkörper, Abb. 3). Hier entstehen durch geschlechtliche Vermehrung in den Asci je 8 Ascosporen. Diese werden bei günstigen Umweltbedingungen ausgeschleudert und mit dem Wind zu den Bohnen getragen.
Während der Keimung und zu Beginn der Infektion sind die Ascosporen auf Nährstoffe aus alterndem oder geschädigtem Pflanzengewebe angewiesen. Eine besonders gute Nährstoffquelle für keimende Ascosporen sind absterbende Blütenblätter der Bohnen. Hier kann sich das Pilzmyzel entwickeln und das benachbarte, gesunde Pflanzengewebe besiedeln. In den Pflanzen produziert das Myzel Enzyme, die das Pflanzengewebe schnell zersetzen. Die abgestorbenen Zellen werden vom Myzel besiedelt und dienen dem Pilz als Nahrungsquelle (nekrotrophe Lebensweise).
Das zeitliche Zusammentreffen der Keimung der Sklerotien mit der Blüte der Bohnen ist deshalb ein wichtiger Aspekt der Entwicklung der Sclerotinia-Fäule.
Die weitere Ausbreitung des Krankheitserregers im Feld erfolgt über das Myzel, falls ein direkter Kontakt zwischen kranken und gesunden Pflanzen besteht. Temperaturen von 20-25 °C und feuchte Böden bieten optimale Bedingungen für die Ausbreitung des Krankheitserregers.
In und auf den befallenen Pflanzen bilden sich Sklerotien, die auf den Boden fallen oder in Ernterückständen verbleiben können. Mit dem geernteten Saatgut können Sklerotien wieder auf die Felder gelangen.
Das breite Wirtsspektrum der S. sclerotiorum führt zu einer weit verbreiteten Kontamination der Felder mit Sklerotien (Schwartz et al. 2005).
Wirtsspektrum
Sclerotinia sclerotiorum befällt über 400 verschiedene Pflanzenarten. Neben Busch-und Stangenbohnen (Phaseolus vulgaris) unter anderem auch Raps, Sonnenblumen (Link), Erbsen (Link) und Ackerbohnen.
Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung
- Fruchtfolge mit Nicht-Wirtspflanzen; Anbaupause zwischen Wirtspflanzen (auch Erbsen) von mindestens drei Jahren (Pflanzenschutzempfehlung für den Biogemüsebau)
- Aussaat von wenig anfälligen Sorten
- Verwendung von gereinigtem Saatgut, das frei von Sklerotien ist
- Nicht zu dicht säen! Dadurch sinkt die Luftfeuchtigkeit im Bestand und das Mikroklima wird für den Krankheitserreger ungünstiger.
- Anfällige Unkräuter bekämpfen und nach der Ernte die Pflanzenrückstände mindestens 10 cm unterpflügen.
- Eine biologische Kontrolle von S. sclerotiorum ist mit Contans ® WG möglich. Contans enthält getrockneten Sporen des Bodenpilzes Coniothyrium minitans. Dieser Bodenpilz parasitiert die Sklerotien im Boden und tötet sie ab. Contans ® kann zum Beispiel bei Biocontrol Andermatt bestellt werden.
- Zugelassene Pflanzenschutzmittel zum Schutz gegen die Sclerotinia-Fäule finden Sie für die Schweiz im Pflanzenschutzmittelverzeichnis des BLW und für Deutschland in der online Datenbank des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit).
Literatur
Biddle AJ, Cattlin ND, 2012. Pests, Diseases, and Disorders of Peas and Beans. A colour Handbook. Manson Publishing Ltd.: 128 p.
Koike ST, Gladders P, Paulus AO, 2007. Vegetable Diseases. A colour Handbook. Manson Publishing Ltd., 448 p.
Kühne S, Burth U, Marx P, 2006. Biologischer Pflanzenschutz im Freiland. Eugen Ulmer KG, Stuttgart: 288 S.
Schwartz HF, Steadman JR, Hall R, Forster RL, 2005. Compendium of bean diseases. Second edition. The American Phytopathological Society, St. Paul Minnesota: 109 p.