Falscher Mehltau der Kreuzblütler
Mildiou des crucifères (franz.); downy midew (engl.)
Wissenschaftlicher Name: Hyaloperonospora parasitica (Pers.) Constant.
Synonym: Peronospora parasitica (Pers.) Fr.
Taxonomie: Chromista, Peronosporomycetes (früher Oomycota oder Oomycetes), Peronosporales, Peronosporaceae
Der Falsche Mehltau der Kreuzblütler (Hyaloperonospora parasitica) ist eine wichtige Blattkrankheit der Kohlarten, die zum Absterben der Pflanzen in der Anzucht und zu Schäden an ausgewachsenen Pflanzen führen kann. Die Krankheit entwickelt sich vor allem bei feuchter und kühler Witterung und kann daher vor allem im Frühjahr und Herbst beobachtet werden. Jungpflanzen sind im Vergleich zu älteren Pflanzen viel anfälliger. Erste Symptome eines Befalls sind unregelmässige gelbe bis braune Flecken auf der Oberseite junger (auch Keimblätter) und älterer Blätter. Auf der Blattunterseite entsteht bei feuchter Witterung ein dichter weisser Pilzrasen. Wichtige vorbeugende Massnahmen sind: Einhalten einer Anbaupause von Kreuzblütlern während mindestens 4 Jahren und Verhinderung von Neuinfektionen durch Saatgut, Ernterückstände oder Anzuchterde.
Abb. 1. Falscher Mehltau der Kreuzblütler (Hyaloperonospora parasitica): Blattoberseite (Bild oben) und Balttunterseite (unten)
Schadbild und Schadwirkung
Die Symptome des Falschen Mehltaus der Kreuzblütler treten vor allem an Blättern und Blütenständen auf, aber grundsätzlich können alle oberirdischen Teile (bei Rettich auch die Wurzeln) infiziert werden.
Am anfälligsten ist das Keimblattstadium. Die ersten Symptome sind hier unregelmässige gelbe bis braune Flecken auf der Oberseite der Keimblätter oder der ersten echten Blätter. Auf der Unterseite entsteht ein dichter, weisser Pilzrasen aus Sporangienträgern und Sporangien (Sporen, Konidien). Unter kühlen, feuchten Bedingungen kann die Sporenbildung auch auf der Blattoberseite erfolgen. Ein Befall im Keimblattstadium kann insbesondere bei Frost zum Absterben der Jungpflanzen führen. Mit einer Handlupe kann man die aufrechten, sporentragenden Sporangienträger mit ihren zahlreichen Verzweigungen erkennen.
An älteren Pflanzen verursacht der Falsche Mehltau gelbe Blattflecken von unterschiedlicher Grösse, die wegen der Abgrenzung durch die grossen Blattadern ein kantiges Aussehen haben (Abb. 1 und 2). Grössere Flecken weisen meist unregelmässige dunkle Sprenkel auf. In einem späteren Stadium stirbt das befallene Blattgewebe vorzeitig ab. Bei starkem Befall können die Blätter aufgrund der zahlreichen Infektionsherde blass aussehen. Eine sichere Diagnose ist die Beobachtung von Sporangienträgern und Sporangien (Konidien) auf der Blattunterseite (Abb. 1 und 2) und manchmal auch auf der Oberseite.
Der Falsche Mehltau kann bei Kopfkohl in nicht gekühlten Lagern eine Lagerfäule verursachen (Crüger et al. 2002). Im Bereich der Leitungsbahnen entstehen kleine schwarze Punkte oder schwarze Streifen, die sich in das Gewebe zwischen den Blattadern ausbreiten.
Blumenkohl, Brokkoli, Romanesco: Der Falsche Mehltau kann auch die Köpfe (Blumen) von Blumenkohl, Brokkoli und Romanesco sowohl im Feld als auch im Lager befallen. An der Oberfläche erscheint eine blassbraune oder gräuliche Verfärbung und im Inneren wird das Pflanzengewebe gräulich (Rimmer et al. 2007). Besonders anfällig für dieses Symptom sind Brokkoli und Romanesco. Befallene Pflanzen sind anfällig für einen Befall durch Weichfäulebakterien.
Rettich, Radieschen: Der Falsche Mehltau ist ein wichtiger Schaderreger bei Rettich und Radieschen, da er die fleischige Wurzel befällt und aussen und innen grau-braune oder schwarze Flecken verursacht (Koike et al. 2007). Die Wurzeloberfläche kann Vernarbungen aufweisen und ist anfällig für Risse. Auf den Blättern bildet der Falsche Mehltau unregelmässig geformte, eckige, gelbe Flecken mit dunklen Sprenkeln. Auf der Blattunterseite bilden sich weisse Sporangien des Erregers.
Schadwirkung: Das Alter der Wirtspflanze ist ein wichtiger Faktor, der das Ausmass und die Schwere der Infektion beeinflusst. Junge Sämlinge werden eher infiziert und sterben infolgedessen ab. In späteren Wachstumsstadien wirkt sich der Erreger in der Regel nicht mehr so stark aus, sondern führt eher zu einer Schwächung, die sich in geringeren Erträgen oder verminderter Qualität der Erzeugnisse niederschlägt (Rimmer et al. 2007).
Abb. 3. Falscher Mehltau der Kreuzblütler (H. parasitica): dichotom verzweigte Sporangienträger und Sporangien (unten)
Beschreibung des Krankheitserregers
Der obligate Parasit H. parasitica bildet in der Wirtspflanze ein nicht septiertes Myzel und Haustorien (spezialisierte Hyphen, die der Nährstoffversorgung des Parasiten dienen). Die Sporangienträger (Abb. 3) wachsen einzeln oder in Gruppen durch die Spaltöffnungen und sind sechs- bis achtmal verzweigt (dichotom). An den Enden werden elliptische Sporangien (Konidien) gebildet (Abb. 3), die 12-22 x 24-21 µm gross sind (Rimmer et al. 2007). Während des Sexualstadiums werden Oogonien und Antheridien erzeugt, die entweder aus den gleichen oder aus verschiedenen Hyphen entstehen. Nachdem ein Antheridium ein Oogonium befruchtet hat, wird eine Oospore (Dauerspore) gebildet. Reife Oosporen sind dickwandig, gelbbraun und kugelförmig (26-45 µm).
Lebenszyklus
Der Falsche Mehltau der Kreuzblütler überwintert in den gemässigten Klimazonen in den Wurzeln, Blättern oder Stängeln von infizierten, lebenden Wirtspflanzen, z. B. in Winterraps oder in Unkräutern aus der Familie der Kreuzblütler (Brassicaceae). Oosporen in Ernterückständen oder im Boden sind ebenfalls eine Quelle für Neuinfektionen (Hoffmann et al. 1999). Diese Dauersporen können auch als Verunreinigungen über Saatgut verbreitet werden. Es gibt jedoch keine Belege dafür, dass der Erreger in das Saatgut gelangt (Rimmer et al. 2007).
Im Frühjahr werden Sporangien (Konidien) sowohl von Myzel in überwinterten Wirtspflanzen als auch von keimenden Oosporen gebildet. Diese werden durch Wind und Spritzwasser verbreitet und keimen wie echte Konidien direkt aus. Die Primärinfektion der Wurzeln geht wahrscheinlich von keimenden Oosporen aus und kann zu systemisch infizierten Pflanzen führen.
Die Sporangien überleben unter typischen Feldbedingungen nur wenige Tage auf den Blättern. Auf der Wirtsoberfläche keimen die Sporangien und bilden Haftorgane (Appressorien) (Rimmer et al. 2007). Das Eindringen der Infektionshyphen erfolgt direkt oder durch die Spaltöffnungen. Das Myzel verzweigt sich, wächst zwischen den Zellen des Wirtsgewebes und bildet gelappte Haustorien in den angrenzenden Epidermiszellen. Unter der Epidermis bilden sich Myzelknäuel aus denen sich Sporangienträger differenzieren. Diese wachsen einzeln oder in Gruppen durch die Spaltöffnungen und produzieren wiederum Sporangien, die eine Quelle für Sekundärinfektionen darstellen.
Epidemiologie
Der Falsche Mehltau tritt vor allem unter kühlen und feuchten Bedingungen auf. Temperaturen um 15 °C scheinen für die Entwicklung einer Epidemie am günstigsten zu sein, da sie zu einer verstärkten Sporenbildung und Sekundärinfektion führen (Rimmer et al 2007).
Der Sexualzyklus ist bei 20 °C und hoher relativer Luftfeuchtigkeit innerhalb von 3-4 Tagen abgeschlossen (Rimmer et al. 2007).
Wirtsspektrum
Nahezu alle Kulturpflanzen und Unkräuter aus der Familie der Kreuzblütler (Brassicaceae) können vom Falschen Mehltau (H. parasitica) befallen werden (Rimmer et al. 2007):
Brassica oleracea: Weiss- und Rotkohl, Wirsing (Wirz), Rosenkohl, Blumenkohl, Brokkoli, Grünkohl (Federkohl), Markstammkohl und Kohlrabi
B. rapa: Chinakohl, Speiserüben und Rübsen
B. napus: Raps und Kohlrüben oder Steckrüben
B. juncea: Sareptasenf oder brauner Senf
B. nigra: Schwarzer Senf
Sowie Rettich und Radieschen (Raphanus spp.), Meerrettich (Armoracia rusticana), Gelbsenf oder Weisser Senf (Sinapis alba), Ackersenf (S. arvensis) und viele andere Kreuzblütler.
Innerhalb von H. parasitica gibt es eine beträchtliche Wirtsspezialisierung. So können zum Beispiel Isolate von Rettich oder Radieschen die Kohlarten nur schwach oder gar nicht befallen (Koike et al. 2007).
Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung
- Fruchtfolge: Es wird eine Anbaupause von mindestens 4 Jahren für Wirtspflanzen des Falschen Mehltaus empfohlen
- Bekämpfung von Unkräutern aus der Familie der Kreuzblütler während der Anbaupause
- Keine Gründüngung mit Kreuzblütlern (z.B. Chinakohlrübsen, Gelbsenf).
- Kohlarten nicht neben benachbarten Rapsfeldern anbauen (Baur und Lutz 2022)
- Die Beseitigung oder Einarbeitung von Ernterückständen kann die Quelle für Neuinfektionen einschränken.
- Gesundes Saatgut (Heisswasserbehandlung) von wenig anfälligen Sorten verwenden (Pflanzenschutzempfehlungen für den Biogemüsebau) (Kühne et al. 2006)
- Frühjahrs- und Sommerkulturen den Herbstkulturen bevorzugen (Baur und Lutz 2022)
- Anzuchterde mit Dampf sterilisieren (Schwarz et al. 1990)
- Bei der Anzucht von Jungpflanzen für ein schnelles Abtrocknen der Blätter sorgen; Luftzirkulation um die Pflanzen optimieren; früh am Tag bewässern.
- Zugelassene Pflanzenschutzmittel zum Schutz gegen den Falschen Mehltau ((Hyalo)peronospora parasitica) finden Sie für die Schweiz in den Pflanzenschutzempfehlungen für den Biogemüsebau, Betriebsmittelliste für den biologischen Anbau und im Pflanzenschutzmittelverzeichnis des BLW; für Deutschland in der Online Datenbank des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) und für Österreich im Verzeichnis der zugelassenen Pflanzenschutzmittel.
Literatur
Baur B, Lutz M, 2022. Falscher Mehltau (Hyaloperonospora parasitica) bei Kohlgewächsen. Agroscope Merkblatt, Nr. 161.
Crüger G, Backhaus GF, Hommes M, Smolka S, 2002. Pflanzenschutz im Gemüsebau. 4. Auflage, Verlag Eugen Ulmer Stuttgart: 318 S.
Hoffmann GM, Schmutterer H, 1999. Parasitäre Krankheiten und Schädlinge an landwirtschaftlichen Kulturpflanzen. Verlag Eugen Ulmer Stuttgart: 675 S.
Koike ST, Gladders P, Paulus AO, 2007. Vegetable Diseases. A colour Handbook. Manson Publishing Ltd., 448 p.
Kühne S, Burth U, Marx P, 2006. Biologischer Pflanzenschutz im Freiland. Eugen Ulmer KG, Stuttgart: 288 S.
Rimmer SR, Shattuck VI, Buchwaldt L, 2007. Compendium of Brassica Diseases. The American Phytopathological Society Press, St. Paul: 117p.
Schwarz A, Etter J, Künzler R, Potter C, Rauchstein HR, 1990. Pflanzenschutz im integrierten Gemüsebau. Verlag Landwirtschaftliche Lehrmittelzentrale , 3052 Zollikofen, 321 S.