Titelbild Pflanzenkrankheiten - Schädlinge

Pflanzenkrankheiten und Schädlinge

Bakterielle Weichfäule

Bakterielle Weichfäule

pourriture bacterienne (franz.); soft rot (engl.)

wissenschaftliche Namen der Weichfäule-Erreger der Kohlgewächse:
Pectobacterium carotovorum subsp. carotovorum (früher: Erwinia carotovora subsp. carotovora), Pectobacterium atrosepticum (früher Erwinia atroseptica),
Dickeya spp. (früher: Erwinia chrysanthemi)
Pseudomonas marginalis pv. marginalis

Taxonomie: Bacteria, Proteobacteria, Gammaproteobacteria, Enterobacteriales, Enterobacteriaceae (Pseudomonas spp.: Ordnung Pseudomonadales, Familie Pseudomonadaceae)

Die bakterielle Weichfäule wird durch verschiedene Arten der Gattungen Pectobacterium, Dickeya und Pseudomonas verursacht. Neben Kohlgemüse werden auch Kartoffeln, Karotten (Möhren), Sellerie und andere Gemüsearten befallen. Verluste können bereits auf dem Feld auftreten, sind aber während des Transports und der Lagerung meist grösser. Die Bakterien gelangen durch Regenspritzer, Insekten und Maschinen vom Boden auf die Wirtspflanzen und dringen durch Wunden und natürliche Öffnungen in die Pflanzen ein. Dort zerstören sie das Pflanzengewebe und verwandeln es in einen fauligen, stinkenden Brei. Um die bakterielle Weichfäule zu vermeiden, sollte Kohlgemüse nur auf Böden ohne Staunässe angebaut werden, müssen die Pflanzen in trockenem Zustand und möglichst ohne Verletzungen geerntet werden und das Gemüse muss bei niedrigen Temperaturen gelagert werden.

Bakterielle Weichfaeule an BlumenkohlAbb. 1. Bakterielle Weichfäule an Blumenkohl

Schadbild und Schadwirkung

Die bakterielle Weichfäule kann bei Kohlgemüse auf dem Feld, beim Transport oder während der Lagerung auftreten. Frühe Symptome sind wässrige Flecken, die sich rasch in eine breiige Masse aus faulendem Pflanzengewebe verwandeln, die anfangs meist cremefarben ist (Abb. 1). Die äussere Oberfläche kann anfänglich intakt bleiben, während das innere Gewebe zu einer trüben Flüssigkeit zerfällt. Die schleimige Masse tritt später an die Oberfläche und verfärbt sich an der Luft grau, hellbraun oder dunkelbraun.
Sobald sekundäre Bakterien in das befallene Gewebe eindringen, beginnt das faulende Pflanzengewebe äusserst unangenehm zu riechen.
Schadwirkung: Die Krankheit tritt im Feld meist nur an Einzelpflanzen auf. Während der Lagerung von Kopfkohl ist der Schaden oft grösser, besonders wenn die Ernte unter feuchten Bedingungen stattfindet. Die Infektion erfolgt bereits im Feld über Wunden oder beim Schneiden des Kohls (Crüger et al. 2002).

Beschreibung des Krankheitserregers

Die bakterielle Weichfäule der Kreuzblütler wird hauptsächlich durch Pectobacterium carotovorum subsp. carotovorum, Pectobacterium atrosepticum, Dickeya spp. und Pseudomonas marginalis pv. marginalis verursacht (Crüger et al. 2002, Rimmer et al 2007, Porteneuve et al. 2015). Alle diese Bakterien haben ein breites Wirtsspektrum.
Pectobacterium- und Dickeya-Arten sind einzellige, gramnegative, gerade Stäbchen (0.5 x 1.0-3.0 µm) (Rimmer et al. 2007). Dank ihrer ringsherum angeordneten Geisseln (Flagellen) sind diese Bakterien beweglich. Sie können mit oder ohne Sauerstoff überleben (fakultativ anaerob) und bilden keine Sporen.
Das Bakterium Pseudomonas marginalis pv. marginalis ist ebenfalls gramnegativ, stäbchenförmig (0.5-0.8 x 2.0-2.2 µm) und dank einem bis sieben (meist drei) polaren Geisseln beweglich (Rimmer et al. 2007). P. marginalis pv. marginalis benötigt Sauerstoff für den Stoffwechsel (das Bakterium ist streng aerob) und bildet keine Sporen.
Die Bakterien produzieren Pektin abbauende Enzyme, die die Mittellamelle zwischen den Zellen auflösen, wodurch das Pflanzengewebe zerfällt.

Lebenszyklus

Pectobacterium carotovora subsp. carotovora kommt weltweit in verschiedenen Böden vor und kann als Saprophyt auf Ernterückständen überleben. Auch Dickeya-Arten und Pseudomonas marginalis pv. marginalis sind weit verbreitete Bodenbakterien.
Die Bakterien gelangen durch Regenspritzer, Insekten und Maschinen vom Boden auf die oberirdischen Pflanzenteile. Die Infektion erfolgt nach Regenperioden, wenn Kohlköpfe, Stängel oder Blätter mehrere Tage lang feucht bleiben (Rimmer et al. 2007).
Die Erreger der Weichfäule dringen über Verletzungen (verursacht zum Beispiel durch Insektenfrass, Hagel etc.) und natürliche Öffnungen (Spaltöffnungen) in die Pflanzen ein. Die  Bakterien leben zwischen den Pflanzenzellen und zerstören durch die Ausscheidung von Enzymen (wie Pektinasen und Cellulasen) unter anderem das Pektin der Mittellamellen (Schicht zwischen benachbarten Pflanzenzellen, die diese miteinander verklebt) und die Zellulose der Zellwände. Die Bakterien nutzen die Abbauprodukte für ihr Wachstum. Das Pflanzengewebe wird weich und matschig.

Epidemiologie

Die Krankheit wird durch milde Temperaturen (mindestens 10 °C, optimal 20-30 °C) und feuchte Witterung begünstigt. Die Kohlpflanzen müssen mehrere Tage feucht bleiben, damit sich die Krankheit entwickeln kann (Porteneuve et al. 2015).

Wirtsspektrum

Neben den Kohlarten gehören auch Karotten), Sellerie, Kartoffeln und zahlreiche andere Gemüsearten zum Wirtsspektrum der Weichfäule-Erreger.
Folgende Kohlarten sind besonders anfällig für Schäden durch die bakterielle Weichfäule: Chinakohl, Kopfkohl, Kohlrabi, Blumenkohl und Brokkoli (Crüger et al. 2002)

Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung

  • Kohlgemüse ist an Feuchtstellen besonders anfällig (Schwarz et al. 1990), da die Erreger der Weichfäule auch ohne Sauerstoff gut überleben können (Ausnahme: P. marginalis). Die Felder sollten daher gut drainiert sein und keine Stellen mit Staunässe aufweisen. Auf bewässerten Feldern sollte der Boden zwischen den Bewässerungen abtrocknen können.  
  • Die Fruchtfolge sollte einen vollständigen Abbau der pflanzlichen Ernterückstände ermöglichen. Deshalb ist es wichtig, nach einem Befall die Ernterückstände von den Feldern zu entfernen. Bei wiederholten Problemen mit der bakteriellen Weichfäule ist eine Fruchtfolge mit Getreide oder anderen nicht anfälligen Kulturen vorteilhaft.
  • Erntegeräte können ein wichtiger Faktor bei der Verbreitung von Weichfäule-Erregern sein. Messer, die zum Ernten oder Schneiden verwendet werden, müssen häufig desinfiziert werden.
  • Ernte: Die Pflanzen nur in trockenem Zustand und möglichst ohne Verletzungen ernten; Schnittfläche schnell abtrocknen lassen; Bodenkontakt vermeiden (Crüger et al. 2002)
  • Lagerung: Kopfkohl kann bis zu 10 Monate bei 0-1 °C und 95 % relativer Luftfeuchtigkeit gelagert werden, Blumenkohl bis zu 6 Wochen bei 0 °C und 95 % relativer Luftfeuchtigkeit (Rimmer et al. 2007). Für Kohl wird eine kontrollierte Atmosphäre mit 2-6 % Kohlendioxid und 1-5 % Sauerstoff (Rest Stickstoff) empfohlen. Wobei eine Sauerstoffkonzentration von weniger als 1.5 % die bakterielle Weichfäule sogar verstärken kann.

Literatur

Crüger G, Backhaus GF, Hommes M, Smolka S, 2002. Pflanzenschutz im Gemüsebau. 4. Auflage, Verlag Eugen Ulmer Stuttgart: 318 S.

Porteneuve C, Baty-Julien C, Estorgues V, Maitre R, Penguilly D, Mérendet V, Méry A, Raynal C, Serrurier M, Villeneuve F, 2015. Les choux à inflorescence: chou-fleur, chou brocoli, chou romanesco. Paris: Centre Technique Interprofessionnel des Fruits et Légumes (CTIFL): 331 S.

Rimmer SR, Shattuck VI, Buchwaldt L, 2007. Compendium of Brassica Diseases. The American Phytopathological Society Press, St. Paul: 117p.

Schwarz A, Etter J, Künzler R, Potter C, Rauchstein HR, 1990. Pflanzenschutz im integrierten Gemüsebau. Verlag Landwirtschaftliche Lehrmittelzentrale , 3052 Zollikofen, 321 S.

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.