Titelbild Pflanzenkrankheiten - Schädlinge

Pflanzenkrankheiten und Schädlinge

Schwarzbeinigkeit an Kartoffeln

Schwarzbeinigkeit, bakterielle Welke, Stängelfäule und Knollennassfäule

jambe noir et pourriture bactérienne (franz.); potato blackleg, aerial stem rot, tuber soft rot (engl.)

wissenschaftliche Namen der Erreger:
- Pectobacterium atrosepticum (Pa) (früher: Erwinia carotovora subsp. atroseptica)
- P. carotovorum subsp. carotovorum (Pcc), (früher: E. carotovora subsp. carotovora)
- P. carotovorum subsp. brasiliensis (früher: E. carotovora subsp. brasiliensis)
- P. wasabiae (früher: E. carotovora susp. wasabiae)
- Dickeya dianthicola (Dd) (früher: E. chrysanthemi pv. dianthicola)
- und andere

Taxonomie: Bacteria, Proteobacteria, Gammaproteobacteria, Enterobacteriales, Enterobacteriaceae

Schwarzbeinigkeit, bakterielle Welke, Stängelfäule und Knollennassfäule werden von Bakterien verursacht. Diese Krankheiten kommen überall vor, wo Kartoffeln angebaut werden und verursachen bedeutende Verluste im Feld und während der Lagerung. Die Übertragung der Erreger in neue Kulturen geschieht vor allem durch befallene Knollen. Deshalb kommt der Produktion von gesundem Pflanzgut mit einem geringen Bakterienbefall eine entscheidende Bedeutung zu.

Schwarzbeinigkeit an Kartoffeln (Pectobacterium sp.,  Dickeya spp.)
Schwarzbeinigkeit an Kartoffeln (Pectobacterium sp.,  Dickeya spp.)Abb.1. Bakterielle Welke und Schwarzbeinigkeit an Kartoffeln verursacht durch Pectobacterium sp. oder Dickeya sp.

Symptome

Die Schwarzbeinigkeit kommt im Sommer, teilweise auch schon im Frühjahr vor. Einzelne oder alle Triebe einer Pflanze zeigen an der Basis schwarze Verfärbungen (Abb. 1 und 2). Befallene Triebe lassen sich leicht aus dem Boden ziehen. Die Triebe welken und vergilben. Stolone können ebenfalls infiziert sein. In der Schweiz waren bis 2012 Dickeya Arten, später Pectobacterium wasabiae und P. carotovorum subsp. brasiliensis die häufigsten Verursacher der Schwarzbeinigkeit (Werra et al. 2015). In nördlichen Ländern Europas sind dies eher Bakterien der Art P. atrosepticum.
Erste Symptome der Bakteriellen Welke sind welkende Blätter an der Sprossspitze (Abb. 1). Später wird der ganze Spross von einer nassen Fäulnis befallen und stirbt ab. Der Stängel kann aber auch lange äusserlich grün bleiben, im Inneren entwickelt sich von unten her eine trockene oder nasse Fäulnis, erkennbar an einer dunkelbraunen Verfärbung (Radtke und Rieckmann 1990).
Der Name Stängelfäule beschreibt eine Fäulnis am oberen Teil des Sprosses, ohne dass die typischen schwarzen Verfärbungen an der Stängelbasis der Schwarzbeinigkeit vorkommen.
Bei der Knollennassfäule bestehen die Knollen aus einer breiigen, wässerigen Masse, die nur noch durch die Schale zusammengehalten wird (Abb. 3). Befallene Kartoffeln verbreiten einen modrigen, muffigen Geruch. Die Fäulnis beginnt je nach Infektionsweg am Stolonenende oder bei den Lentizellen (Radtke und Rieckmann 1990). Die Knollennassfäule kann schon im Felde auftreten, später verursacht sie im Lager einen grossen Schaden.
Die beschriebenen Krankheitssymptome können von verschiedenen Bakterienarten verursacht werden. Umgekehrt kann eine Bakterienart an der Ausprägung von verschiedenen Symptomen beteiligt sein. Aufgrund der Symptome kann deshalb nicht auf die Bakterienart geschlossen werden, dazu sind Analysen im Labor nötig.

Abb. 2. Schwarzbeinigkeit an Kartoffeln

Abb. 3. Knollennassfäule: Knollen bestehen aus einer breiigen, wässrigen Masse, die nur noch durch die Schale zusammengehalten wird. Befallene Kartoffeln verbreiten einen modrigen, muffigen Geruch.

Der Krankheitserreger

Pectobacterium atrosepticum (früher Erwinia carotovora subsp. atroseptica), P. carotovorum subsp. carotovorum (früher E. carotovora subsp. carotovora), P. carotovorum subsp. brasiliensis (E. carotovora subsp. brasiliensis), P. wasabiae (E. carotovora subsp. wasabiae), Dickeya dianthicola (früher E. chrysanthemi pv. dianthicola) und D. solani sind die wichtigsten Bakterien, die Schwarzbeinigkeit, bakterielle Welke, Stängelfäule oder Knollennassfäule verursachen (Czajkowski et al. 2015). Es handelt sich um rundum begeisselte, frei bewegliche, stäbchenförmige (1.5 bis 2.5 x 0.6 bis 0.8 µm), Gram-negative Bakterien (Hofmann und Schmutterer 1999). Sie können sowohl unter aeroben als auch anaeroben Bedingungen (mit und ohne Sauerstoff) wachsen. Die Fähigkeit Pektine abzubauen ist typisch für diese Gruppe von Bakterien. Die Mittellamellen (Schicht zwischen zwei Pflanzenzellen) enthalten Pektine, diese übernehmen dort eine festigende Funktion. Werden die Pektine zerstört, zerfällt der Zellverband.

Lebenszyklus

Die Übertragung der Erreger in neue Kulturen geschieht vor allem durch befallene Knollen. Die Bakterien überdauern den Winter im Lager an der Kartoffeloberfläche, in den Lentizellen (Atmungsöffnungen) oder in Wunden der Knollen. Oft sind die Knollen befallen ohne äusserlich sichtbare Symptome zu zeigen (latente Infektion). Im Boden können die Bakterien die Wintermonate zwar teilweise überleben, deren Population nimmt aber rasch ab, so dass der Boden keine wesentliche Quelle für Neuinfektionen im Frühjahr darstellt.
An der Oberfläche anhaftende Bakterien können die Knollen nicht direkt infizieren, sondern nur mit Hilfe des Bodenwassers über Wunden oder Lentizellen. Ein hoher Gehalt an Bodenwasser schafft günstige Ausbreitungsmöglichkeiten und fördert eine Besiedlung der Lentizellen, da diese bei hoher Feuchtigkeit geöffnet sind (Kühne et al. 2006).
Pektinolytische Bakterien produzieren Enzyme (Pectinasen), welche die Zellwände der Knollen und des Sprosses auflösen. Ein Befall vor dem Auflaufen der Stauden kann die Mutterknollen zerstören und zu Fehlstellen im Bestand führen. Werden Knollen später befallen, wandern die Bakterien mit dem Saftstrom in den Leitgefässen in die neu gebildeten Triebe. Dort verursachen sie die Symptome der Schwarzbeinigkeit.
Die Kontamination (Verseuchung) der Tochterknollen geschieht über die Stolonen oder über das Bodenwasser. Bakterien, die über das Bodenwasser übertragen werden, können die Knollen über Verletzungen infizieren, entstanden nach Beschädigungen während Pflegemassnahmen, der Ernte oder der Aufbereitung und Einlagerung.
Die Erreger der Stängelfäule und der bakteriellen Welke infizieren oberirdische Triebe über Wunden, die durch Bewirtschaftungsmassnahmen, Wind oder Hagel verursacht wurden. Dichte Bestände und lange Perioden feuchter Witterung begünstigen den Befall.

Epidemiologie

Ein hoher Wassergehalt und damit einhergehend sauerstoffarme Bedingungen im Boden fördern die Vermehrung und die Beweglichkeit der Erreger. Gleichzeitig werden bei diesen Bedingungen die Kartoffelpflanzen anfälliger (Bolwell und Wojtaszek 1997).
Die Temperatur ist ebenfalls ein wichtiger Faktor für den Krankheitsverlauf und beeinflusst welche Erreger-Art Schaden verursachen kann. Eine Bodentemperatur von mehr als 20 °C begünstigt die Vermehrung der Bakterien (Stevenson et al. 2001).

Wirtsspektrum

Pectobacterium atrosepticum kommt in gemässigten Klimazonen vor und befällt fast ausschliesslich die Kartoffel.
P. carotovorum subsp. carotovorum kommt in subtropischen und gemässigten Klimazonen vor, hat ein sehr breites Wirtsspektrum: Karotten, Sellerie, Gurken, Chicorée, Kartoffeln und andere Pflanzenarten.
Dickeya spp.: verbreitet in tropischen, subtropischen und gemässigten Klimazonen; Wirtsspektrum: Mais, Ananas, Dahlien, Kartoffeln und andere. Siehe auch Toth et al. (2003).

Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung

  • An Standorten, welche zur Verschlämmung des Bodens oder zu Staunässe neigen, sollten möglichst keine Kartoffeln angebaut werden. Solche Böden zeigen oft anaerobe Bedingungen (Sauerstoffmangel), was für die Vermehrung von Bakterien der Gattungen Pectinbacterium und Dickeya günstig ist.
  • Eine gute Bodenstruktur durch schonende Bodenbearbeitung fördern, um Verschlämmungen und Verdichtungen zu vermeiden.
  • Tolerante oder resistente Sorten anbauen
  • Gesundes, nicht beschädigtes, anerkanntes Saatgut verwenden, das frei von Bakterien der Gattungen Pectinbacterium und Dickeya ist.
  • Kranke Stauden zusammen mit den zugehörigen Knollen ausgraben und vom Feld entfernen
  • Ernte nach Erreichen der Schalenfestigkeit und bei trockenem Boden durchführen.
  • Knollen bei der Ernte nicht beschädigen, Wundheilung fördern: Wunden sind Eintrittspforten für Bakterien
  • Befallene Knollen aussortieren, möglichst schon auf der Erntemaschine.
  • Trocknung der Knollen nach der Ernte innerhalb von 24 Stunden.
  • Für eine gute Durchlüftung des Lagers sorgen: fördert Luftaustausch, verhindert die Bildung von Kondenswasser und die Entstehung von anaeroben Bedingungen.

Literatur

Bolwell GP, Wojtaszek P, 1997. Mechanisms for the generation of reactive oxygen species in plant defence – a broad perspective. Physiol. Mol. Plant Pathol. 51, 347-366.

Czajkowski1 R, Pérombelon MCM, Jafra S, Lojkowska E, Potrykus M, van der Wolf JM and Sledz W, 2015. Detection, identification and differentiation of Pectobacterium and Dickeya species causing potato blackleg and tuber soft rot: a review. Annals of Applied Biology, Volume 166, Issue 1, 18–38.

Hoffmann GM, Schmutterer H, 1999. Parasitäre Krankheiten und Schädlinge an landwirtschaftlichen Kulturpflanzen. Verlag Eugen Ulmer Stuttgart (2. Auflage): 675 S.

Kühne S, Burth U, Marx P, 2006. Biologischer Pflanzenschutz im Freiland. Eugen Ulmer KG, Stuttgart, 287 S.

Radtke W, Rieckmann W, 1990. Krankheiten und Schädlinge der Kartoffel. Verlag Th. Mann, Gelsenkirchen-Buer, 167 S.

Stevenson WR, Loria R, Franc GD, Weingartner DP, 2001. Compendium of Potato Diseases, second edition. The American Phytopathological Society, St. Paul: 106 S.

Toth IK, Bell KS, Holeva MC, Birch PRJ, 2003. Soft rot Erwiniae: from genes to genomes. Molecular Plant Pathology 4 (1): 17-30.

De Werra P, Bussereau F, Kellenberger I, Dupuis B, Schaerer S, Keiser A, Han Solo, 2015. Kartoffel: Das Imperium Pectobacterium schlägt zurück. Agrarforschung Schweiz 6 (6): 256-263.

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.