Titelbild Pflanzenkrankheiten - Schädlinge

Pflanzenkrankheiten und Schädlinge

Kohlhernie (Plasmodiophora brassicae) an Raps

Kohlhernie

hernie du chou (franz.); clubroot (engl.)

wissenschaftlicher Name: Plasmodiophora brassicae Wor.

Taxonomie: Chromista, Cercozoa, Phytomyxea, Plasmodiophorida, Plasmodiophoridae

Die durch Plasmodiophora brassicae verursachte Kohlhernie befällt alle Arten der Familie der Kreuzblütler (Brassicaceae), darunter viele wichtige Gemüse- und Ackerkulturen. Die Krankheit tritt vor allem auf feuchten und sauren Böden auf. Sie erzeugt Welke-Symptome, eine blau-grüne Verfärbung der Blätter und Verdickungen an den Haupt- und Seitenwurzeln. P. brassicae bildet Dauersporen, die sehr lange im Boden überleben. Eine wichtige vorbeugende Massnahme zur Vermeidung der Kohlhernie ist daher die Einhaltung einer Fruchtfolge mit einer mehrjährigen Anbaupause von Wirtspflanzen der Kohlhernie. Ausserdem muss verhindert werden, dass diese Krankheit sich auf gesunden Flächen ausbreiten kann.

Kohlhernie (Plasmodiophora brassicae) an KohlAbb. 1. Kohlhernie an Kohl: Wucherungen (Gallen) an  den Wurzeln, verursacht durch (Plasmodiophora brassicae), © Nigel Cattlin, Alamy Stock Photos

Schadbild

Infizierte Pflanzen bleiben in ihrer Entwicklung deutlich zurück. Sie haben weniger und kleinere Blätter, sind blau-grün verfärbt und zeigen bereits bei leichtem Trockenstress Welke-Symptome, die auf eine stark beeinträchtigte Wasser- und Nährstoffaufnahme hinweisen (Rimmer et al. 2007). Die Symptome treten häufig nesterweise auf, oft an feuchten Stellen im Feld.
An den Haupt- und Seitenwurzeln der Wirtspflanzen bilden sich keulenförmige Wucherungen (Gallen) (Abb.1). Diese gefurchten, unregelmässigen Verdickungen sind im Inneren weiss und hart, später werden sie braun. Grosse Gallen an Pfahlwurzeln sind schädlicher als Gallen an den kleineren Seitenwurzeln. Mit fortschreitender Krankheit werden die Wucherungen von sekundären Fäulnisorganismen befallen und werden weich und beginnen zu faulen. Durch die Zersetzung der Wurzeln werden Sporen in den Boden freigesetzt.
Verwechslungsmöglichkeit: Der Kohlgallenrüssler (Ceutorhynchus pleurostigma) bildet rundliche, glattwandige Gallen am Wurzelhals und an der Hauptwurzel von Kreuzblütlern (vor allem Raps, seltener Kohlgemüse, Kahrer und Gross 2002). Im Innern findet man Frassgänge und mit etwas Glück die Larve des Kohlgallenrüsslers.

Beschreibung des Krankheitserregers

Plasmodiophora brassicae bildet kein Myzel. Der Krankheitserreger überlebt im Boden als dickwandige, kugelige und stachelige Dauerspore mit einem Durchmesser von bis zu 4 µm (Rimmer et al. 2007). Die lange Lebensdauer (20 Jahre und mehr, Hwang et al 2012) verdankt die Dauerspore einer einzigartigen Kombination aus Chitin, Proteinen und Lipiden der Sporenwand, die dem mikrobiellen Abbau widerstehen kann. Die Dauersporen keimen aus und bilden jeweils eine primäre Zoospore mit je zwei ungleich langen Peitschengeisseln (Flagellen). Die primären Zoosporen sind spindel- bis birnenförmig und 2.8-5.9 µm gross (Kageyama und Asano 2009).
Das in den Wurzelhaaren der Wirtspflanzen gebildete primäre Plasmodium ist vielkernig und wird zum Zoosporangium. Daraus entstehen sekundäre Zoosporen, die sich optisch nicht von den primären Zoosporen unterscheiden. Die sekundären Zoosporen dringen in das Rindengewebe ein und bilden dort sekundäre Plasmodien. Jedes Plasmodium ist von einer siebenschichtigen Hülle umgeben, wobei der äußere Teil vom Wirt stammt. Sobald die Wirtszelle abstirbt, zerfällt diese Hülle und setzt Millionen von Dauersporen in den umgebenden Boden frei.

Lebenszyklus

Plasmodiophora brassicae, der Erreger der Kohlhernie, ist ein obligater Parasit, der sich nur in der Wurzel einer Wirtspflanze vermehren kann. Der Krankheitserreger durchläuft in seinem Lebenszyklus drei Stadien: Überleben im Boden als Dauerspore, Infektion der Wurzelhaare und Infektion der Wurzelrinde (Kageyama und Asano 2009). Der Lebenszyklus der P. brassicae ist aber noch nicht bis in alle Details geklärt. 
Die Dauersporen gelangen beim Zerfall des Wurzelgewebes in den umgebenden Boden und können dort sehr lange überleben. In Gegenwart geeigneter Wirtspflanzen keimen sie aus und entlassen eine primäre Zoospore, die sich mit ihren Geisseln aktiv im Bodenwasser fortbewegen kann. Findet die Zoospore ein Wurzelhaar einer Wirtspflanze, dringt sie durch die Zellwand in das Innere einer Wurzelhaarzelle ein, wobei sie zuvor die Geisseln abstösst (Stadium der Wurzelhaarinfektion). Dort bildet der Erreger primäre Plasmodien in denen Zoosporangien entstehen. Später werden in jedem Zoosporangium 4-16 sekundäre Zoosporen gebildet und freigesetzt. Die leeren Zoosporangien verbleiben in den Wurzelhaaren.
Die sekundären Zoosporen dringen in das Wurzelrindengewebe ein (Stadium der Wurzelrindeninfektion). In den infizierten Zellen entwickelt sich der Erreger zu sekundären Plasmodien, die sich vermehren, was mit einer Vergrösserung der befallenen Zellen einhergeht und äusserlich als Wucherung des Wurzelgewebes erkennbar ist. In den sekundären Plasmodien entwickeln sich schliesslich Dauersporen, die als Überlebensstrukturen in den Boden abgegeben werden.

Epidemiologie

Eine hohe Bodenfeuchtigkeit und eine Bodentemperatur von über 20 °C begünstigen den Befall mit Kohlhernie (Rimmer et al. 2007). Kühle Temperaturen hingegen hemmen die Keimung und das Wachstum des Erregers. Für die Fortbewegung der Zoosporen ist freies Wasser notwendig.
Eine saure Bodenreaktion fördert die Keimung der Dauersporen und die Entwicklung der Plasmodien.
Bodenpartikel an denen Dauersporen haften und befallene Jungpflanzen können den Erreger der Kohlhernie weiträumig verbreiten.

Wirtsspektrum

Alle Arten der Familie der Kreuzblütler (Brassicaceae) sind mögliche Wirtspflanzen von Plasmodiophora brassicae (Wang et al. 2012). Dazu gehören unter anderem die folgenden Kultur- und Unkrautarten:
Brassica oleracea (Weiss- und Rotkohl, Wirsing (Wirz), Rosenkohl, Blumenkohl, Bokkoli, Grünkohl (Federkohl) und Kohlrabi)
B. rapa L. (Chinakohl, Speiserüben und Rübsen)
B. napus (Raps, Kohlrüben oder Steckrüben)
sowie alle Varietäten  von B. carinata, B. nigra (Schwarzer Senf) und B. juncea (Seraptasenf)  Auch Rettich und Radieschen (Raphanus sativus) oder Unkräuter aus der Familie der Kreuzblütler wie Hirtentäschchen (Capsella bursa-pastoris), Ackersenf (Sinapis arvensis) und Acker-Täschelkraut (Thlaspi arvense) sind Wirtspflanzen von P. brassicae.
Innerhalb von  P. brassicae gibt es viele verschiedene Pathotypen (Stämme, Rassen), die sich in ihrer Fähigkeit unterscheiden, bestimmte Sorten einer bestimmten Wirtspflanze zu infizieren (Koike et al. 2007, Wang et al. 2012).

Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung

  • Fruchtfolge: Als vorbeugende Massnahme wird eine Fruchtfolge mit einer mindestens 4-jährigen Anbaupause von Wirtspflanzen zwischen Kreuzblütler-Kulturen empfohlen. Bei der Feststellung eines starken Befalls sollte die Anbaupause mindestens 7 Jahre dauern.
  • Ein Auftreten von Kohlhernie sollten protokolliert werden, um eine weitere Ausbreitung über kontaminierten Boden oder befallenes Pflanzenmaterial zu verhindern (Kühne et al. 2006). Befallene Flächen sollten zuletzt bearbeitet werden und die eingesetzten Maschinen müssen gereinigt werden.
  • Ein Sicherheitsabstand von mindestens 30 m zu befallenen Flächen ist einzuhalten (Crüger et al. 2002)
  • Dauersporen können die Passage durch den Verdauungstrakt von Rindern überleben, daher ist bei der Düngung mit Stallmist Vorsicht geboten (Rimmer et al. 2007).
  • Konsequente Bekämpfung von Unkräutern aus der Familie der Kreuzblütler während der gesamten Fruchtfolge. Auch Ausfallraps trägt zur Vermehrung des Erregers bei und sollte bis zum 4-Blatt-Stadium beseitigt werden.
  • Keine Kreuzblütler als Zwischenfrüchte anbauen.
  • Bodenverdichtung und damit Staunässe vermeiden
  • Eine Kalkung mit Calciumcarbonat verbessert die Bodenreaktion. Ein pH-Wert von mindestens 7.2 reduziert in der Regel die Entwicklung des Parasiten und den Befall mit Kohlhernie (Donald und Porter 2009).
  • Die Anwendung von Kalkstickstoff (Calciumcyanamid) hat eine abtötende Wirkung auf Kohlhernie. Kalkstickstoff hat allerdings nur eine begrenzte Wirkung, kann aber den Krankheitsdruck verringern (Donald und Porter 2009).
  • Resistente oder tolerante Sorten anbauen (Pflanzenschutzempfehlungen für den Biogemüsebau).
  • Sämlinge nur in gesunder Erde anziehen; Anzuchterde durch Dämpfung desinfizieren
  • Kranke Pflanzen mit Wurzeln entfernen und verbrennen (Schwarz et al. 1990)

Literatur

Crüger G, Backhaus GF, Hommes M, Smolka S, 2002. Pflanzenschutz im Gemüsebau. 4. Auflage, Verlag Eugen Ulmer Stuttgart: 318 S.

Donald C, Porter I, 2009. Integrated Control of Clubroot. Journal of Plant Growth Regulation 28: 289-303.

Hwang SF, Strelkov SE, Feng J, Gossen BD, Howard RJ, 2012. Plasmodiophora brassicae: a review of an emerging pathogen of the Canadian canola (Brassica napus) crop. Molecular Plant Pathology 13 (2): 105-113.

Kageyama K, Asano T, 2009. Life cycle of Plasmodiophora brassicae. Journal of Plant Growth Regulation 28: 203–211.

Kahrer A, Gross M, 2002. Gemüseschädlinge – Erkennung, Lebensweise, Bekämpfung. Österreichischer Agrarverlag, Leopoldsdorf: 205 S.

Koike ST, Gladders P, Paulus AO, 2007. Vegetable Diseases. A colour Handbook. Manson Publishing Ltd., 448 p.

Kühne S, Burth U, Marx P, 2006. Biologischer Pflanzenschutz im Freiland. Eugen Ulmer KG, Stuttgart: 288 S.

Rimmer SR, Shattuck VI, Buchwaldt L, 2007. Compendium of Brassica Diseases. The American Phytopathological Society Press, St. Paul: 117p.

Schwarz A, Etter J, Künzler R, Potter C, Rauchstein HR, 1990. Pflanzenschutz im integrierten Gemüsebau. Verlag Landwirtschaftliche Lehrmittelzentrale , 3052 Zollikofen, 321 S.

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