Titelbild Pflanzenkrankheiten - Schädlinge

Pflanzenkrankheiten und Schädlinge

Kohlmottenschildlaus (Aleyrodes proletella)

Kohlmottenschildlaus (Weisse Fliege)

Aleurode du chou, mouche blanche du chou (franz.); cabbage whitefly (engl.)

wissenschaftlicher Name: Aleyrodes proletella L.

Synonym Aleyrodes brassicae (Walk.)

Taxonomie: Animalia, Arthropoda, Insecta, Hemiptera, Sternorrhyncha (Unterordnung), Aleyrodidae

Die Kohlmottenschildlaus (Aleyrodes proletella), auch Weisse Fliege genannt, ist ein Pflanzensaft saugendes Insekt, das sich hauptsächlich von Rosenkohl, Federkohl, Wirsing, Blumenkohl und Brokkoli ernährt. Der Hauptschaden entsteht durch Verschmutzung der Ernteprodukte als Folge von starken Honigtau-Ausscheidungen. Eier, Larven (Nymphen) und erwachsene Tiere befinden sich auf der Blattunterseite. In Gewächshäusern kommen in der Regel die ähnlich aussehenden Gewächshaus- und Tabak-Mottenschildlaus (Trialeurodes vaporariorum bzw. Bemisia tabaci) vor, die ebenfalls als Weisse Fliegen bezeichnet werden. Diese zwei Arten findet man vereinzelt auch im Freiland, sie können dort aber nicht überwintern.

Kohlmottenschildlaus (Weisse Fliegen) (Aleyrodes proletella) an Kohlrabi Abb. 1. Die Kohlmottenschildläuse (Aleyrodes proletella), auch bekannt als Weisse Fliegen, haben auf den Vorderflügeln zwei graue Flecken. Die Hinterflügel haben in der Mitte einen dunklen Bereich. Im Vergleich dazu sind die Flügel der Gewächshaus- und Tabak-Mottenschildlaus völlig weiss.

Kohlmottenschildlaus (Weisse Fliegen) (Aleyrodes proletella) an RosenkohlAbb. 2. Larvenstadium der Kohlmottenschildlaus: Nach wenigen Tagen heftet sich die frisch geschlüpfte Larve (Nymphe) dauerhaft an eine geeignete Futterstelle. Larven sehen ähnlich aus wie Schildläuse. Die grauen Blatttflecken wurden wahrscheinlich durch die Kohlschwärze verursacht.

Kohlmottenschildlaus (Weisse Fliegen) (Aleyrodes proletella) an RosenkohlAbb. 3. Larven und erwachsenen Kohlmottenschildläuse saugen Pflanzensaft aus den Wirtspflanzen. Den überschüssigen Pflanzensaft scheiden sie in grossen Mengen als sogenannten Honigtau aus, der von Schwärzepilzen (Russtaupilzen) besiedelt wird.

Abb. 4. Verschiedene Entwicklungsstadien der Kohlmottenschildlaus: Die spindelförmigen Eier werden in kreisförmigen Gruppen auf die Blattunterseite abgelegt, die mehlig weissen Flecken sind Wachsabscheidungen der erwachsenen Insekten (Bild 1), Kohlmottenschildläuse (Adulte) und Eier (Bild 2), Larvenstadium (Bilder 3-4), Nymphenstadium (Bild 5), mit Russtaupilzen befallener Honigtau (Bild 6).

Schadbild und Schadwirkung

Auf der Blattunterseite von Kohlgemüse befinden sich Eier, schildlausartige Larven und erwachsene Kohlmottenschildläuse (Weisse Fliegen) (Abb. 1 bis 4). Ausserdem sind auf den Blättern mehlig weisse Flecken sichtbar, die durch Wachsabscheidungen der erwachsenen Insekten verursacht wurden (Abb. 4).  Die Larven und die Weissen Fliegen saugen Pflanzensaft aus den Wirtspflanzen. Den überschüssigen Pflanzensaft scheiden sie in grossen Mengen als sogenannten Honigtau aus. Dieser landet auf den darunter liegenden Blättern und wird sehr schnell von Schwärzepilzen (Russtaupilzen) besiedelt (Abb. 3 und 4).
Bei Berührung der befallenen Pflanzen fliegen die „Weissen Fliegen“ spiralförmig davon, lassen sich dann aber schnell wieder auf den Wirtspflanzen nieder.
Schadwirkung: Die Kohlmottenschildläuse entziehen der Wirtspflanze Nährstoffe, was zu Ertragsminderungen führt. Ausserdem produzieren sie grosse Mengen zuckerhaltiger Ausscheidungen, den Honigtau. Dieser fällt häufig auf die darunter liegenden Blätter und wird von Russtaupilzen besiedelt, was wiederum die Photosynthese der Pflanzen erheblich beeinträchtigt. Auch die direkte Verunreinigung der Ernteprodukte durch festsitzende Larven, weisse Wachsabscheidungen und Honigtau ist häufig ein Problem.

Beschreibung des Schädlings

Die Kohlmottenschildlaus (A. proletella) ist ein Insekt aus der Familie der Aleyrodidae (Mottenschildläuse) innerhalb der Ordnung Hemiptera, Unterordnung: Sternorrhyncha (Blattläuse). Sie ist einheimisch, im Gegensatz zur Gewächshaus- und Tabak-Mottenschildlaus (Trialeurodes vaporariorum bzw. Bemisia tabaci), die beide aus tropischen Gebieten stammen und bei uns regelmässig in Gewächshäusern und gelegentlich auch im Freiland vorkommen. Die Gewächshaus- und Tabak-Mottenschildlaus können bei uns im Freiland aber nicht überwintern.
Mottenschildläuse werden auch Weisse Fliegen genannt. Sowohl die Larven (auch als Nymphen bezeichnet) als auch die erwachsenen Insekten besitzen einen Saugrüssel mit dem sie Pflanzensaft aus den Nährstoffleitbahnen (Phloem) saugen. Eine weitere Gemeinsamkeit aller Weissen Fliegen ist die Produktion von Wachs, welches mit Hilfe der Hinterbeine über die gesamte Körperoberfläche verteilt wird. Die Funktion des Wachses ist unbekannt, möglicherweise schützt es vor Austrocknung.
Die Kohlmottenschildlaus durchläuft folgende Entwicklungsstadien:
Eistadium: Die spindelförmigen Eier sind ungefähr 0.26 mm lang (Collins 2016) und werden meist auf der Blattunterseite abgelegt. Sie sind oft mit weissem Wachs überzogen, verfärben sich vor dem Schlüpfen braun bis dunkelbraun. Unter idealen Bedingungen legen die Weibchen ihre Eier in kreisförmigen Gruppen ab.
Larven- oder Nymphenstadien: Die Kohlmottenschildlaus hat vier Larvenstadien (Porteneuve et al 2015). Die frisch geschlüpfte Larve ist 0.36 mm gross (Collins 2016) und besitzt drei Beinpaare, mit denen sie eine geeignete Nahrungsquelle für ihre weitere Entwicklung finden kann. Nach wenigen Tagen heftet sich die Larve mit ihrem Saugrüssel dauerhaft an die ausgewählte Futterstelle.
Während des zweiten und dritten Larvenstadiums sind die Beine verkümmert und die Larven können sich nicht mehr bewegen. Die beiden Stadien unterscheiden sich vor allem durch ihre Grösse und sind etwa 0.56 mm bzw. 0.76 mm lang (Collins 2016). Die Larven sind oval, haben einen glatten Rücken und sehen ähnlich aus wie Schildläuse. Unmittelbar nach der Häutung sind die Larven gelb, verfärben sich aber nach einigen Tagen braun.
Im vierten Stadium verwandelt sich die Larve in eine Puppe (genauer gesagt in ein sogenanntes Puparium). Diese ist gelb bis braun, oval und etwa 1.51 mm lang (Collins 2016). Brust und Hinterleib sind deutlich sichtbar, ebenso wie die beiden roten Augen der sich entwickelnden Insekten.
Adulte Kohlmottenschildlaus (Imago): Die durchschnittliche Körperlänge beträgt 1.4 mm (Collins 2016). Sie haben zwei muskulöse Hinterbeine, die ihnen einen raschen Abflug ermöglichen (Kahrer und Gross 2002). Die erwachsenen Tiere besitzen zwei Paar häutige Flügel. Die Flügelspannweite beträgt 2 mm. Die Flügel erscheinen aufgrund des pudrigen Wachses, mit dem sie überzogen sind, weiss, sind aber unmittelbar nach dem Schlüpfen blassgelb. In Ruhestellung bilden die Flügel ein Dach. 
Auf den Vorderflügeln sind zwei graue Flecken zu erkennen (Abb. 1). Die Hinterflügel haben in der Mitte einen dunklen Bereich. Im Vergleich dazu sind die Flügel der Gewächshaus- und Tabak-Mottenschildlaus völlig weiss.
Die Männchen sind haploid und schlüpfen aus unbefruchteten Eiern, während die diploiden Weibchen aus befruchteten Eiern hervorgehen (Collins 2016).

Lebenszyklus

Die Kohlmottenschildlaus überwintert als begattetes Weibchen (Kahrer und Gross 2002) an Kohl, der über den Winter auf dem Feld bleibt oder an Raps und anderen Wirtspflanzen. Die Männchen überleben den Winter nicht (Crüger et al. 2002).
Überwinterte Weibchen beginnen im Frühjahr mit der Eiablage. Man geht davon aus, dass sich die erste Generation auf dem Überwinterungswirt entwickelt (Collins 2016). Die erwachsenen Nachkommen fliegen ab Ende Mai zu jungen Wirtspflanzen, wo sie Eier an der Unterseite von Blättern ablegen. Die Eier werden kreisförmig um den Ort der Nahrungsaufnahme im Pflanzengewebe verankert. Jedes Weibchen legt etwa 75 bis 200 Eier (Sauer und Guyer 2020). Nach ungefähr einer Woche schlüpfen die Larven. Sobald diese eine geeignete Futterstelle gefunden haben, gehen sie in ein unbewegliches Stadium über und entwickeln eine harte äussere Schale, die mit zunehmendem Alter dunkler wird. Nach zwei weiteren Larvenstadien verwandelt sich die Larve in eine Puppe (Puparium). Nach einer weiteren Entwicklungsphase schlüpfen schliesslich die geflügelten, geschlechtsreifen „Weissen Fliegen“.
Der gesamte Lebenszyklus vom Ei bis zum erwachsenen Insekt dauert in den Sommermonaten etwa vier Wochen (Sauer und Guyer 2020), bei kühleren Temperaturen allerdings länger. Je nach Witterung gibt es in der Deutschschweiz vier bis sechs Generationen pro Jahr. In warmen Sommern kann es zu Massenvermehrungen kommen.
Die Überwinterung erfolgt hauptsächlich durch erwachsene Weibchen, die im Herbst schlüpfen.

Epidemiologie

Die Kohlmottenschildlaus kann sich bei warmer und trockener Witterung während der Sommermonate besonders gut vermehren (Schwarz et al. 1990).

Wirtsspektrum

Die Kohlmottenschildlaus (Aleyrodes proletella) ernährt sich hauptsächlich von Arten der Familie der Kreuzblütler (Brassicaceae). Wirtschaftlich wichtige Schäden durch Verunreinigungen können vor allem bei Rosenkohl, Federkohl, Wirsing, Blumenkohl und Broccoli entstehen.
Neben Kreuzblütlern werden auch einige Arten der Familie der Korbblütler (Asteraceae) befallen, z.B. Löwenzahn (Taraxacum spp.) und Gänsedistel (Sonchus oleracea) (Collins 2016).
Werden andere als die oben erwähnten Kulturen befallen, handelt es sich meist um die Gewächshaus- oder Tabak-Mottenschildlaus.

Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung

  • Förderung von Nützlingen (Schwebfliegen, Schlupfwespen u.a.) durch Blühstreifen, Zwischenfrüchte, Gründüngung oder Rotationsbrachen (Vieweger et al. 2023)
  • Kohlgemüse mit grossem Abstand zu Raps und überwinternden Kohlkulturen pflanzen (Luka und Koller 2019)
  • Kulturen mit Schutznetzen abdecken (Maschenweite 0.9 mm): z.B. Andermatt Biocontrol
  • Feldkontrollen frühzeitig durchführen. Die Schadschwelle ist in der Schweiz bei 10-20 Kohlmottenschildläusen pro Pflanze (Summe aus Adulten, Eigelegen  und Larven) erreicht (je 5 Pflanzen am Feldrand und im Feldinneren kontrollieren) (Sauer und Guyer 2020).
  • Stark befallene Blätter entfernen und abgedeckt kompostieren (nur für Hausgärten geeignet)
  • Kohlstrünke (möglicher Überwinterungsort der Kohlmottenschildlaus) nach der Ernte entfernen, kompostieren oder häckseln und einarbeiten
  • Ökologischer / biologischer Anbau: Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf der Basis von Neemöl (Azadirachtin), Fettsäuren (Kaliseifen, Schmierseifen), Rapsöl oder Pyrethrin (Betriebsmittelliste für den biologischen Landbau in der Schweiz und Andermatt Biocontrol).
  • Zugelassene Pflanzenschutzmittel zum Schutz gegen die Kohlmottenschildlaus (Weisse Fliegen) (Aleyrodes proletella) an Kohlgemüse finden Sie für die Schweiz im Pflanzenschutzmittelverzeichnis des BLW; für Deutschland in der online Datenbank des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) und für Österreich im Verzeichnis der zugelassenen Pflanzenschutzmittel

Literatur

Collins S, 2016. The biology and ecology of Aleyrodes proletella, the Cabbage Whitefly; a pest of Brassica crops. PhD thesis, University of Warwick. (Link)

Crüger G, Backhaus GF, Hommes M, Smolka S, 2002. Pflanzenschutz im Gemüsebau. 4. Auflage, Verlag Eugen Ulmer Stuttgart: 318 S.

Kahrer A, Gross M, 2002. Gemüseschädlinge. Österreichischer Agrarverlag, Leopoldsdorf: 205 S.

Luka H, Koller M, 2019. Schädlingsregulierung im Biokopfkohlanbau. Herausgeber: Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, Ackerstrasse 113, Postfach 219, CH-5070 Frick: 12 S.  (Link)

Sauer C, Guyer A, 2020. Die Weisse Fliege (Aleyrodes proletella) an Kohl. Agroscope Wädenswil, Merkblatt Nr. 123

Schwarz A, Etter J, Künzler R, Potter C, Rauchstein HR, 1990. Pflanzenschutz im integrierten Gemüsebau. Verlag Landwirtschaftliche Lehrmittelzentrale , 3052 Zollikofen, 321 S.

Porteneuve C, Baty-Julien C, Estorgues V, Maitre R, Penguilly D, Mérendet V, Méry A, Raynal C, Serrurier M, Villeneuve F, 2015. Les choux à inflorescence: chou-fleur, chou brocoli, chou romanesco. Paris: Centre Technique Interprofessionnel des Fruits et Légumes (CTIFL): 331 S.

Vieweger A, Hauenstein S, Koller M, 2023. Pflanzenschutz im Biogemüsebau: Krankheits- und Schädlingsregulierung im Freilandanbau. Merkblatt Nr. 1145, Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, CH-5070 Frick:: 28 S. (Link)