Mehlige Kohlblattlaus
Puceron cendré du chou (franz.); mealy cabbage aphid (engl.)
wissenschaftlicher Name: Brevicoryne brassicae L.
Taxonomie: Animalia, Arthropoda, Hexapoda, Insecta, Hemiptera, Aphididae
Die Mehlige Kohlblattlaus (Brevicoryne brassicae) bildet grosse Populationen auf der Blattunterseite von Kreuzblütlern (Brassicaceae). Befallene Blätter rollen sich ein. Die Pflanzen welken, entwickeln sich schlecht und sind mit Honigtau und klebrigen Blattläusen verunreinigt. Die Mehlige Kohlblattlaus überträgt zahlreiche Viruskrankheiten. Nützlinge spielen eine entscheidende Rolle bei der Populationsentwicklung. Die Förderung von Nützlingen und der Einsatz von nützlingsschonenden Pflanzenschutzmitteln sind deshalb besonders wichtig.
Abb. 1. Mehlige Kohlblattlaus an Wirsig (Wirz) (Brevicoryne brassicae)
Abb. 2. Mehlige Kohlblattlaus an Kohl: Die ungeflügelten Weibchen sind graugrün und mit einem grauen mehligen Wachs überzogen, den jungen Läusen fehlt anfangs der typische graue Wachsüberzug,
Abb. 2. Mehlige Kohlblattlaus an Wirsig
Abb. 3. Mehlige Kohlblattlaus an WirsigSchadbild und Schadwirkung
Die graugrünen, mit mehligem Wachs überzogenen, flügellosen Kohlblattläuse besiedeln meist die Blattunterseiten von Kreuzblütlern (Abb. 1-3). Sie können oft grosse Kolonien bilden, wenn sie nicht bekämpft werden. Ab Ende Mai treten regelmässig geflügelte Blattläuse auf, die wegfliegen und neue Wirtspflanzen besiedeln.
Befallene Blätter können sich kräuseln, sind deformiert und vergilben. Die Pflanzen welken, entwickeln sich schlecht und gehen ein.
Die Mehlige Kohlblattlaus kommt vor allem im Frühsommer an den noch offenen Köpfen, selten auch im Inneren von Kohlköpfen vor (Kahrer und Gross 2002).
Stark befallene Pflanzen sind mit Honigtau, abgeworfenen Häuten und mit kleinen, klebrigen Blattläusen verschmutzt, was zu erheblichen Verlusten führen kann.
Schadwirkung: Neben den direkten Auswirkungen des Blattlausbefalls auf das Pflanzenwachstum und den Schäden, die durch die Verunreinigung der Blätter verursacht werden, kann die Mehlige Kohlblattlaus auch ein Überträger von Pflanzenviren sein. Es sind etwa 20 Viren bekannt, die von B. brassicae übertragen werden (Lampel und Meier 2007), darunter auch das Blumenkohlmosaikvirus (cauliflower mosaic virus).
Beschreibung des Schädlings
(nach Capinera (2001), wenn nicht anders angegeben)
Die Mehlige Kohlblattlaus (Brevicoryne brassicae) gehört zur Familie der Röhrenläuse (Aphididae). Sie bildet grosse Kolonien an Kohlblättern und macht im Gegensatz zu anderen Blattlausarten keinen Wirtswechsel (Kahrer und Gross 2002).
Die Eier sind zunächst blassgelb oder gelbgrün, verfärben sich aber innerhalb weniger Tage nach der Eiablage glänzend schwarz (Crüger et al. 2002). Sie befinden sich meist an bodennahen Pflanzenteilen und sind 0.65 mm lang und 0.15 mm breit.
Ungeschlechtlich (parthenogenetisch) sich vermehrende Weibchen: Die ungeflügelten Weibchen (Apteren) sind graugrün und mit einem grauen mehligen Wachs überzogen. Den jungen Läusen fehlt anfangs der typische graue Wachsüberzug, der aber bald nach Beginn der Nahrungsaufnahme sichtbar wird. Sie haben einen dunklen Kopf und blassbraune Beine. Die Fühler sind kürzer als der 1.6 - 2.6 mm lange Körper. Die Hinterleibsröhren (Siphonen) sind dunkel und sehr kurz (ca. 0.16 mm lang). Auf dem Rücken befinden sich zwei Reihen dunkler Querstreifen.
Der Hinterleib der geflügelten Weibchen (Alate) ist grünlich. Kopf, Brust, Beine, Fühler und Hinterleibsröhren sind dunkelbraun. Der gesamte Körper ist mit einem feinen weissen Wachspuder bestäubt. Die Rückenfläche des Hinterleibs zeigt eine einzelne Reihe dunkler Querstreifen. Das geflügelte Weibchen ist ungefähr gleich gross wie das nicht geflügelte.
Männchen und eierlegende Weibchen: Die Männchen haben durchsichtige Flügel. Sie sind gelblich bis grünlich-braun, haben dunkle Beine und eine doppelte Reihe dunkler Streifen auf dem Rücken. Der Körper ist ca. 1.3 mm lang. Die eierlegenden Weibchen haben keine Flügel. Sie haben einen blassgrünen oder grünlich-gelben Körper mit einer Reihe dunkler Streifen in der Mitte des Rückens. Diese Form wird etwa 2.2 mm lang.
Lebenszyklus
Die Mehlige Kohlblattlaus überwintert im Eistadium oder in milden Wintern als Blattlaus. Aus dem Ei schlüpft im Frühjahr, ab April, die Stammmutter (Fundatrix) (Dubnik 1991). Diese vermehrt sich ungeschlechtlich und bringt junge Blattläuse zur Welt. Bei der ungeschlechtlichen Fortpflanzung entstehen die Nachkommen aus einzelnen unbefruchteten Eizellen, sie wird auch Jungfernzeugung oder Parthenogenese genannt.
Im Frühjahr und Sommer sind die erwachsenen Tiere ausschliesslich weiblich und pflanzen sich ebenfalls parthenogenetisch fort. Sie leben etwa 30-40 Tage und erzeugen insgesamt 30-50 Jungtiere (Capinera 2001). Ihre Fruchtbarkeit ist anfangs hoch, nimmt aber mit zunehmendem Alter deutlich ab.
Bei hohen Dichten oder wenn die Wirtspflanze geschädigt ist, entstehen ab Ende Mai geflügelte Weibchen, die neue Wirtspflanzen besiedeln. Die geflügelten Weibchen leben weniger lang und produzieren auch deutlich weniger Nachkommen.
Im Herbst, September und Oktober, entstehen Männchen und eierlegende Weibchen. Nach der Paarung legen die Weibchen ihre Eier an bodennahe Pflanzenteile von Kreuzblütlern ab. Für die erfolgreiche Überwinterung der Eier spielen vor allem stehen gebliebene Strünke, Kohlsamenträger und Winterraps eine Rolle (Bedlan und Kahrer 2002).
In milden Wintern können auch flügellose (ungeschlechtlich entstandene) Blattläuse an geschützten Stellen überwintern (Crüger et al. 2002; Kühne et al. 2006).
Blattläuse ernähren sich von Pflanzensaft, den sie mit ihren Stechrüsseln aus der Wirtspflanze saugen. Dabei produzieren sie ein zuckerhaltiges Abfallprodukt, den sogenannten Honigtau, der gerne von Ameisen gefressen wird. Im Gegenzug bieten die Ameisen den Blattläusen Schutz vor natürlichen Feinden.
Epidemiologie
Warme, trockene Witterung begünstigt die Entwicklung der Mehligen Kohlblattlaus (Schwarz et al. 1990).
In den Sommermonaten Juni und Juli kann es zu einer Massenvermehrung der Blattläuse kommen (Kahrer und Gross 2002). Danach bricht die Population wegen Nährstoffmangel, Zunahme natürlicher Feinde oder Pflanzenschutzmassnahmen oft zusammen (Bedlan und Kahrer 2002).
Wirtsspektrum
Praktisch alle Pflanzen aus der Familie der Kreuzblütler (Brassicaceae) eignen sich als Wirtspflanzen (Capinera 2001). Neben Kopfkohl, Blumenkohl, Brokkoli und Rosenkohl wird auch Raps häufig befallen.
Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung
- Gezielte Förderung von Nützlingen durch das Anlegen von Blühstreifen mit Nektar spendenden Blütenpflanzen. Schwebfliegen, Schlupfwespen oder Marienkäferlarven etc. können helfen, die Blattläuse unter der Schadschwelle zu halten (siehe auch Vieweger et al. 2023).
- Die Eier der Kohlblattlaus überwintern an Kreuzblütlern (Kohl-Strünke, Raps usw.). Um die überwinternden Eier zu entfernen, sollten Pflanzenreste von Kreuzblütlern im Herbst zerkleinert und untergepflügt werden (Kahrer und Gross 2002). Auch sollte eine Neupflanzung von Kohlgemüse in unmittelbarer Nachbarschaft von Raps vermieden werden.
- Blattlausfreie Setzlinge pflanzen. Jungpflanzen von Kohlgemüse mit Kulturschutznetzen abdecken, um eine Besiedlung durch die Mehlige Kohlblattlaus zu verhindern (Maschenweite < 1.4 mm) (Pflanzenschutzempfehlung für den Biogemüsebau).
- Nach Sauer und Fischer (2013) gilt für die Schweiz folgende Schadschwelle für Massnahmen gegen die Mehlige Kohlblattlaus: 4 von 10 Pflanzen befallen oder ein Herzbefall, Pflanzen regelmässig kontrollieren.
- Massnahmen durchführen, solange die jungen Blätter keinen Kopf gebildet haben und die Blattläuse sich noch nicht im Kopf befinden (Bedlan und Kahrer 2002).
- Das Vorhandensein von Nützlingen spielt bei der Populationsentwicklung der Mehligen Kohlblattlaus eine entscheidende Rolle. Der Einsatz von nützlingsschonenden Mitteln ist deshalb besonders wichtig.
- Direkte Bekämpfung im Biogemüsebau: Fettsäuren (Kaliseife, Schmierseife), Pyrethrum (Achtung: kann Nützlinge schädigen!) oder Quassiaextrakt (Betriebsmittelliste für den Biolandbau, Andermatt Biocontrol, Pflanzenschutzempfehlungen für den Biogemüsebau)
- Zugelassene Pflanzenschutzmittel zum Schutz gegen die Mehlige Blattlaus (Brevicoryne brassicae) finden Sie für die Schweiz im Pflanzenschutzmittelverzeichnis des BLW; für Deutschland in der Online Datenbank des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) und für Österreich im Verzeichnis der zugelassenen Pflanzenschutzmittel
Literatur
Bedlan G, Kahrer A, 2002. Wichtige Krankheiten und Schädlinge im Gemüsebau. Verlag Jugend & Volk GmbH, Wien: 248 S.
Capinera JL, 2001. Handbook of Vegetable Pests. Academic Press New York: 729 S.
Crüger G, Backhaus GF, Hommes M, Smolka S, 2002. Pflanzenschutz im Gemüsebau. 4. Auflage, Verlag Eugen Ulmer Stuttgart: 318 S.
Dubnik H, 1991. Blattläuse: Artenbestimmung – Biologie – Bekämpfung. Verlag Th. Mann, D-4650 Gelsenkirchen-Buer: 120 S.
Kahrer A, Gross M, 2002. Gemüseschädlinge. Österreichischer Agrarverlag, Leopoldsdorf: 205 S.
Kühne S, Burth U, Marx P, 2006. Biologischer Pflanzenschutz im Freiland. Eugen Ulmer KG, Stuttgart: 288 S.
Lampel G, Meier W, 2007. Hemiptera: Sternorrhyncha – Aphidina, Teil 2: Aphididae. Fauna Helvetica 16, Schweizerische Entomologische Gesellschaft: 523 S.
Schwarz A, Etter J, Künzler R, Potter C, Rauchstein HR, 1990. Pflanzenschutz im integrierten Gemüsebau. Verlag Landwirtschaftliche Lehrmittelzentrale , 3052 Zollikofen, 321 S.
Sauer C, Fischer S, 2013. Schadschwellen im Deutschschweizer Gemüsebau, Teil 1: Kohlgewächse. Extension Gemüsebau, Agroscope.
Vieweger A, Hauenstein S, Koller M, 2023. Pflanzenschutz im Biogemüsebau: Krankheits- und Schädlingsregulierung im Freilandanbau. Merkblatt Nr. 1145, Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, CH-5070 Frick:: 28 S. (Link)