Titelbild Pflanzenkrankheiten - Schädlinge

Pflanzenkrankheiten und Schädlinge

Stängelbrenner, Anthracnose (Colletotrichum trifolii)

Südlicher Stängelbrenner oder Anthracnose

l'anthracnose (fr.); southern anthracnose (engl.)

Wissenschaftlicher Name: Colletotrichum trifolii Bain & Essary

Taxonomie: Fungi, Ascomycota, Sordariomycetes, Sordariomycetidae, Glomerellaceae

Colletotrichum trifolii, der Erreger des südlichen Stängelbrenners (Anthracnose) von Rotklee (Trifolium pratense) und Luzerne (Medicago sativa) kommt in Europa, Nordamerika, Australien und Japan vor. In wärmeren Gegenden ist er eine gefürchtete Krankheit der Leguminosen und kann grosse Schäden anrichten. In der Schweiz ist C. trifolii derzeit wohl die wichtigste von Pilzen verursachte Krankheit des Rotklees. Dies war nicht immer so. Früher hatte der Kleekrebs (Sclerotinia trifoliorum) diesen zweifelhaften Ruhm (Nüesch 1956, Schietinger 1969, Schmidt 1981). Seit den neunziger Jahren verursacht C. trifolii in der Schweiz zunehmend augenfällige Schäden. Boller et al. (1998) beobachteten in den Zuchtgärten des Reckenholzes ein dramatisches Absterben von Rotkleepflanzen. Aus kranken Pflanzen konnten sie die beiden Pilzarten C. trifolii Bain & Essary und C. destructivum O'Gara isolieren. Gewächshausversuche zeigten, dass C. trifolii viel aggressiver ist als C. destructivum (Schubiger et al. 2003). Der nördliche Stängelbrenner wird durch den Pilz Kabatiella caulivora verursacht.

Staengelbrenner (Colletotrichum trifolii) an Rotklee
Staengelbrenner (Colletotrichum trifolii) an RotkleeAbb. 1. Südlicher Stängelbrenner oder Anthracnose (Colletotrichum trifolii) an Rotklee

Staengelbrenner (Colletotrichum trifolii) an RotkleeAbb. 2. Südlicher Stängelbrenner (Colletotrichum trifolii) an Rotklee: links anfällige, rechts resistente Sorte, eine Woche nach einem Schnitt

Abb. 3. Krankheitssymptome, verursacht durch den südlichen Stängelbrenner (C. trifolii): Läsionen am Stängeln, welkende Triebe, Acervuli mit Konidien

Schadbild

Der Pilz verursacht hell- bis dunkelbraune, längs-ovale Läsionen an Stängeln und Blattstielen (Abb. 1 und 3). Die Verletzungen können sehr rasch den ganzen Stängel umgürten, so dass Blätter oder ganze Triebe vertrocknen und absterben. Dies führt zu bedeutenden Ertragsverlusten. Der Pilz befällt auch den oberen Teil der Pfahlwurzel und die Pflanzenbasis, was zum Welken der Triebe und in den meisten Fällen zum frühzeitigen Absterben der ganzen Pflanze führt. Während der Sommermonate kann man nach dem Schnitt oft beobachten, dass viele Rotkleepflanzen noch einmal austreiben, dann aber innert weniger Tage verdorren (Abb. 2). Die welkenden Triebe lassen sich leicht von der Wurzel trennen.
Da die ersten Symptome vorwiegend an den Stängeln sichtbar sind und ein stark befallenes Feld aussieht als ob ein Feuer den Rotklee verbrannt habe, wird diese Pflanzenkrankheit Stängelbrenner genannt. Im englischen Sprachraum heisst sie Anthracnose, was ebenfalls auf etwas kohleartiges oder verbranntes hinweist.

Krankheitserreger

Auf krankem Gewebe bildet der Pilz Fruchtkörper (Acervuli) mit Konidien und schwarzen Borsten (Setae), die mit Hilfe einer guten Handlupe erkennbar sind (Abb. 4). Während Feuchteperioden füllen sich die Acervuli mit einer rosafarbenen, schleimigen Masse, bestehend aus Konidien (Abb. 5). Die Konidien werden auf kurzen Konidienträgern gebildet, sind einzellig, gerade, hyalin, an beiden Enden leicht abgerundet und messen 10-12 µm x 5 µm (Raynal et al. 1989). Im Gegensatz zu C. trifolii sind die Konidien von C. destructivum (Abb. 5 unten), eine ebenfalls auf Rotklee und Luzerne vorkommende, aber weit weniger pathogene Colletotrichum Art (Schubiger et al. 2003), länger: 13-18 µm x 3-4 µm (Raynal 1977). Die Setae der C. trifolii sind braun-schwarz, zugespitzt und besitzen Trennwände.

Staenglbrenner (Colletotrichum trifolii) an Rotklee: Setae
Staenglbrenner (Colletotrichum trifolii) an Rotklee: SetaeAbb. 4. C. trifolii an Rotklee mit Acervuli aus denen Setae wachsen (vergrössert)


Colletotrichum trifolii: Konidien
Colletotrichum destructivum: KonidienAbb. 5. Konidien von C. trifolii (oben) und von C. destructivum (unten): Die Konidien von C. trifolii sind kürzer und relativ breiter als diejenigen von C. destructivum.

Lebenszyklus und Epidemiologie

C. trifolii verbreitet sich mit Konidien. Wind und Regen sind hauptverantwortlich für den Transport der Konidien von kranken auf gesunde Pflanzen. Die Konidien keimen bei einer Temperatur von 25 °C innerhalb von 6-8 Stunden (Raynal et al. 1989). Der Keimschlauch bildet zunächst ein Appressorium, später eine Penetrationshyphe, die durch die Epidermis in die Pflanze eindringt. Unter natürlichen Bedingungen dringt der Pilz häufig an der Pflanzenbasis in die Pflanze ein, da dort während längerer Zeit eine genügend hohe Feuchtigkeit vorkommt.
Die Inkubationszeit dauert 7 bis 8 Tage. Nach O'Rourke (1976) beträgt die optimale Temperatur für das Wachstum des Pathogens 25-28 °C. Die Anthracnose tritt deshalb vor allem während heisser aber feuchter Witterung im Sommer auf.
C. trifolii überwintert als Myzel in abgestorbenen Pflanzenteilen oder im Wurzelhals von befallenen Pflanzen. Steigen die Temperaturen auf 20 °C bildet das überwinterte Myzel während Feuchteperioden Konidien, die neue Pflanzen infizieren können.
Eine Saatgutübertragung ist möglich.

Wirtsspektrum

Der südliche Stängelbrenner kann ausser Rotklee und Luzerne noch weitere Wirtspflanzen infizieren: den Inkarnatklee (Trifolium incarnatum), Erd-Klee (T. subterraneum) und andere Medicago-Arten.

Vorbeugende Bekämpfungsmassnahmen

  • Ein vorzeitig durchgeführter Schnitt kann in einem Feld eine Massenvermehrung von Konidien verhindern, da ein geschnittenes Feld schneller abtrocknet. Die Krankheit wird auf diese Art aber nicht eliminiert.
  • In Amerika zeigte eine konsequent durchgeführte Züchtung auf Resistenz gegen den südlichen Stängelbrenner (Southern Anthracnose) eine hervorragende Wirkung. Cumberland und Kenland waren die ersten, resistenten Rotkleesorten im Handel, weitere folgten (Kenstar, Freedom). Heute sind in den USA alle Sorten resistent, so dass diese Krankheit im Kleegürtel (clover belt, liegt südlich der Mitte von Illinois) seit den frühen 50er Jahren keine Bedeutung mehr hat. Auch Luzernesorten sind heute mehrheitlich resistent gegen C. trifolii, wobei immer wieder neue Rassen des Pathogens auftauchen, welche die Resistenz durchbrechen können (Elgin und Ostazeski 1982, Mackie et al. 2003).
  • In der schweizerischen Rotkleezüchtung wird der Resistenz gegen den südlichen Stängelbrenner ebenfalls eine hohe Beachtung geschenkt. Merula und Pavo waren die ersten beiden Sorten aus diesem Züchtungsprogramm, die eine hohe Widerstandskraft gegen C. trifolii zeigten (Boller et al. 2004, Schubiger et al. 2004, Suter et al. 2010).
  • In der „Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen" werden Angaben über die Resistenz gegen den Stängelbrenner / Anthracnose der geprüften Sorten gemacht. Die Verwendung von resistenten Sorten ist eine wirksame Bekämpfungsmassnahme.  

Literatur

Boller B, Bigler P, Bucanovic I und Bänziger I, 1998. Southern anthracnose – a new threat for red clover persistence in cooler regions? In: B Boller und FJ Stadelmann (eds): Breeding for a multifunctional agriculture, Proceedings of the 21st meeting of the fodder crops and amenity grasses section of EUCARPIA, Switzerland: 195-198.

Boller B, Tanner P und Schubiger F, 2004. Merula und Pavo, neue ausdauernde Mattenkleesorten. Agrarforschung 11 (5): 162-167.

Elgin JH und Ostazeski SA, 1982. Evaluation of selected Alfalfa Cultivars and related Medicago Species for Resistance to Race 1 and Race 2 Anthracnose. Crop Science 22: 39-42.

Mackie JM, Musial JM, O'Neill NR und Irwin JAG, 2003. Pathogenic specialisation within Colletotrichum trifolii in Australia, and lucerne cultivar reactions to all known Australian pathotypes. Australian Journal of Agricultural Research 54 (9): 829-836.

Nüesch B, 1956. Der Kleekrebs (Sclerotinia trifoliorum Eriksson). Mitteilungen für die Schweizerische Landwirtschaft 4 (2): 17-21.

O'Rourke CJ, 1976. Diseases of grasses and forage legumes in Ireland. An Foras Taluntais, Dublin 4. 115 S.

Raynal G, 1977. Comparaison, en contaminations artificielles, des pouvoirs pathogènes des Colletotrichum isolés en France sur la Luzerne. Ann. Phytopathol. 9 (2): 193-203.

Raynal G, Gondran J, Bournoville R und Courtillot M, 1989. Ennemis et maladies des prairies. INRA Paris: 249 S.

Schietinger R, 1969. Wenig bekannte Pilzkrankheiten an Kleearten und Luzerne in Baden-Württemberg. Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten (Pflanzenpathologie) und Pflanzenschutz 76 (1): 12-19.

Schmidt D, 1981. Le trèfle violet – Sa longévité et ses ennemis. Revue Suisse d'Agriculture 13 (4), 149-158.

Schubiger FX, Streckeisen P und Boller B, 2003. Resistance to Southern Anthracnose (Colletotrichum trifolii) in Cultivars of Red Clover (Trifolium pratense). Czech J. Genet. Plant Breed., 39: 309–312.

Schubiger FX, Alconz E, Streckeisen P und Boller B, 2004. Resistenz von Rotklee gegen den Südlichen Stängelbrenner. AGRARForschung 11(5): 168–173.

Suter D, Hirschi HU, Frick R, Bertossa M, 2010. Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen 2011-2012. Agrarforschung 1 (10).

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