Titelbild Pflanzenkrankheiten - Schädlinge

Pflanzenkrankheiten und Schädlinge

Ramularia Blattflecken (Ramularia collo-cygni)

Ramularia-Blattflecken des Roggens

ramulariose du seigle (franz.), ramularia leaf spot (engl.)

Wissenschaftlicher Name: Ramularia collo-cygni B. Sutton & J.M. Waller
Synonyme: Ophiocladium hordei Cavara, Ovularia hordei (Cavara) R. Sprague, Ramularia hordeicola U. Braun

Taxonomie: Fungi, Ascomycota, Dothideomycetes, Dothideomycetidae, Capnodiales, Mycosphaerellaceae

Der Pilz Ramularia collo-cygni ist in Europa ein wichtiger Parasit der Gerste und verursacht auf dieser Getreideart die Sprenkelnekrose-Krankheit. R. collo-cygni findet man zunehmend auch auf Mais, Weizen, Triticale, Hafer und Roggen (Huss und Miethbauer 2010).
Die Ramularia-Blattflecken an Roggen sind oval, braun und innen heller als aussen. Meist sind die Flecken seitlich durch Blattadern begrenzt. Bei älteren Flecken verfärbt sich der Rand oft dunkelbraun. Rings um die Flecken vergilbt das Blattgewebe.
Das Pathogen wurde 1893 von Cavara in Norditalien entdeckt und als Ophiocladium hordei Cav. beschrieben. Sutton und Waller teilten den Pilz 1988 neu ein und nannten ihn wegen der schwanenhalsförmigen Konidienträger R. collo-cygni.

Ramularia Blattflecken (Ramularia collo cygni) an Roggen
Ramularia Blattflecken (Ramularia collo cygni) an RoggenAbb. 1. Ramularia-Blattflecken an Roggen, verursacht durch Ramularia collo-cygni: braune, ovale Flecken, die im Innern oft heller und von einem gelben Hof umgeben sind.

Krankheitsbild

Typische Symptome dieser Krankheit sind ovale, braune Flecken (Nekrosen) an den Blättern des Roggens (Abb. 1 und 2). Die Blattflecken sind in der Mitte oft heller und durch die Blattnerven seitlich begrenzt. Ältere Flecken sind unregelmässig geformt und deren Rand ist oft dunkelbraun verfärbt (Abb. 2). Rings um die Flecken ist das Blattgewebe gelb. Bei einem starken Befall fliessen die Blattflecken zusammen. Mit der Lupe sind auf den Nekrosen in Längsreihen angeordnete Konidienträger als weisse Büschel zu erkennen (Abb. 4).
Den Beweis, dass die Flecken von R. collo-cygni verursacht wurden, erhält man indem das fragliche Roggenblatt während zweier Tage bei Zimmertemperatur in eine Feuchtkammer gelegt wird. Anschliessend untersucht man das Blatt mit dem Mikroskop: Sind schwanenhalsförmige Konidienträger mit kleinen Konidien sichtbar, ist die Ursache der Flecken die R. collo-cygni.

Ramularia Blattflecken (Ramularia collo cygni) an RoggenAbb. 2. Ramularia-Blattflecken an Roggen, verursacht durch Ramularia collo-cygni: Ältere Flecken sind langgestreckt oder unregelmässig geformt und deren Rand ist oft dunkelbraun verfärbt.

Krankheitserreger

Die Konidienträger der R. collo-cygni haben die charakteristische Form eines Schwanenhalses (Abb. 3). Sie sind in Gruppen angeordnet und wachsen aus den Spaltöffnungen, vor allem auf der Blattunterseite (Abb. 4). Die Konidien sind im Durchschnitt 8 µm lang und 4 - 5 µm breit.

Ramularia Blattflecken (Ramularia collo cygni)
Ramularia Blattflecken (Ramularia collo cygni)Abb. 3. Schwanenhalsförmige Konidienträger (oben) und Konidien (unten) der Ramularia collo-cygni

Ramularia Blattflecken (Ramularia collo cygni)
Ramularia Blattflecken (Ramularia collo cygni)Abb. 4. Ramularia collo-cygni: Auf den Blattflecken wachsen aus den Spaltöffnungen büschelweise Konidienträger mit Konidien

Lebenszyklus

Erste Ramularia-Blattflecken können bereits im Herbst oder im zeitigen Frühjahr an älteren Blättern des Winterroggens beobachtet werden. Dort produziert der Pilz Konidien, die mit Wind und Regenspritzern von den unteren Blättern zu den oberen Blattetagen gelangen. Zum Zeitpunkt der Blüte hat der Pilz meist das Fahnenblatt erreicht. Oft verläuft die Krankheit bis zu diesem Zeitpunkt beinahe ohne Krankheitssymptome, obwohl der Pilz bereits die Blätter besiedelt hat (endophytische Wachstumsphase). Nach der Blüte erscheinen erste Nekrosen, die meist einen gelben Hof haben.
Verantwortlich für das schnelle Absterben der Blätter sind vom Pilz gebildete Toxine, sogenannte Rubelline (Heiser et al. 2003). Diese werden durch Sonnenlicht aktiviert. Dabei entstehen reaktive Sauerstoffspezies („Sauerstoffradikale" = chemische Formen des Sauerstoffs), welche für die Pflanzen schädlich sind und die Blattzellen in Kürze abtöten. Der bis zu diesem Zeitpunkt endophytisch in der Pflanze wachsende Pilz ernährt sich jetzt von den abgestorbenen Zellen.

Epidemiologie

Warme Herbsttage mit Taubildung fördern die Entwicklung der Krankheit an den jungen Pflanzen. R. collo-cygni erträgt tiefe Temperaturen unbeschadet und kann deshalb auf Winterroggen gut überwintern.
Im Frühjahr ist eine feuchte Witterung mit einer langen Blattnässedauer für die Ausbreitung des Pilzes sehr förderlich. Es werden Massen von Sporen gebildet und die Sporen finden ideale Bedingungen, um die Pflanzen zu infizieren.

Wirtsspektrum

Ramularia collo-cygni hat einen sehr grossen Wirtskreis. Sie befällt neben Roggen, vor allem Gerste, Weizen (Weich- und Hartweizen), Triticale, Hafer und Mais sowie Quecke, Windhalm, Raigräser und Hühnerhirse (Frei 2009). Diese Vielzahl an Wirtspflanzen erlaubt dem Pilz, von einer Roggenkultur zur nächsten zu überdauern. Auch Ausfallgetreide erfüllt diesen Zweck.

Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung

  • Ernterückstände, Ausfallgetreide und Wildgräser im Herbst beseitigen und flach einarbeiten, um „grüne Brücken" zu vermeiden
  • Eine angemessene Stickstoffdüngung gemäss den Grundlagen für die Düngung im Acker- und Futterbau schützt den Roggen vor Stress und hilft die Krankheit einzudämmen.
  • Anbau von resistenten oder wenig anfälligen Roggensorten, diesbezügliche Resultate fehlen allerdings noch.

Literatur

Cavara F, 1893. Über einige parasitische Pilze auf Getreide.- Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten 3: 16-26.

Heiser I, Sachs E, Liebermann B, 2003. Photodynamic oxygen activation by rubellin D, a phytotoxin produced by Ramularia collo-cygni (Sutton et. Waller) Physiological and Molecular Plant Pathology 62: 29 - 36.

Huss H, Miethbauer S, 2010. Ramularia erobert Roggen. Der Pflanzenarzt, 8: 9-10.

Sutton B, Waller JM (1988): Taxonomy of Ophiocladium hordei, causing leaf lesions on Triticale and other Gramineae. Transactions of the British Mycological Society 90, 55 - 61.