Titelbild Pflanzenkrankheiten - Schädlinge

Pflanzenkrankheiten und Schädlinge

Adernschwärze (Xanthomonas campestris)

Adernschwärze

Nervation noire des brassicacées (franz.); black rot (engl.)

wissenschaftlicher Name: Xanthomonas campestris pv. campestris (Pammel) Dowson (Xcc)

Taxonomie: Bacteria, Proteobacteria, Gammaproteobacteria, Xanthomonadales, Xanthomonadaceae

Die Adernschwärze ist eine bakterielle Krankheit, die durch Xanthomonas campestris pv. campestris (Xcc) verursacht wird. Sie befällt alle kultivierten Brassica-Arten (z.B. alle Kohlgemüse), Radies, Rettich und viele Unkräuter aus der Familie der Kreuzblütler. Die Krankheit wird mit dem Saatgut übertragen, die Bakterien können aber auch im Boden auf abgestorbenen Ernterückständen überleben. Typische Symptome der Adernschwärze sind V-förmige, gelbbraune Flecken am Blattrand mit geschwärzten Blattadern. Die wichtigste Massnahme zur Bekämpfung der Adernschwärze ist die strikte Einhaltung einer hygienischen Anbaupraxis: Eine Fruchtfolge mit dreijähriger Anbaupause von Kreuzblütlern, Verwendung von gesundem Saatgut von wenig anfälligen Sorten, Anzucht von Jungpflanzen in gesunder Erde und Pflanzung von gesunden Setzlingen.

Schadbild und Schadwirkung

Die typischen Symptome der Adernschwärze sind meist 1 bis 3 cm grosse, unregelmässige, gelbbraune Flecken entlang der Blattränder (Rimmer et al. 2007). Diese erstrecken sich vom Blattrand zur Mittelrippe und haben eine charakteristische V-Form mit einem breiten, gelben Rand und einem trockenen, braunen Zentrum. Die Blattadern (Gefässsysteme der Pflanzen) innerhalb der Flecken sind dunkelbraun bis schwarz. Bei starkem Befall wachsen die Flecken zusammen, so dass der Blattrand wie verbrannt aussieht. Die V-förmigen Nekrosen am Blattrand entstehen, wenn die Bakterien durch die Hydathoden (natürliche Öffnungen an den Enden der Blattadern) in das Blatt eindringen.
Die Bakterien können auch direkt durch Verletzungen (verursacht durch Insektenfrass, Hagelschäden usw.) in das Gefässsystem eindringen. Auch in diesem Fall kommt es zu einer Besiedlung und Schwarzfärbung der Gefässe. Die Folge davon ist eine flächige Vergilbung und der Zusammenbruch der Blätter, bevor an den Blatträndern V-förmige Flecken auftreten.
Dringen die Bakterien nicht durch die Hydathoden, sondern durch die Spaltöffnungen (Stomata) in das Blatt ein, entstehen kleine Flecken auf der Blattspreite zwischen den Blattadern und nicht am Blattrand (Porteneuve et al. 2012).
Die Gefässbündel im Strunk zeigen bei befallenen Pflanzen einen geschlossenen, schwarzen Ring (Bedlan und Kahrer 2002). Bei Blumenkohl können schwarze Stellen in der Blume auftreten (Crüger et al. 2002). 
Schadwirkung: Ein frühes Eindringen in das Gefässsystem der Pflanzen kann zu starkem Kümmerwuchs und zum Absterben der Pflanzen führen. Nach dem Eindringen von Xcc in die Blattstiele oder Kopfblätter von Gemüsekohl folgen rasch sekundäre Infektionen von weiteren Bakterien wie Pectobacterium carotovorum subsp. carotovorum, Dickeya spp. oder Pseudomonas spp., die  eine Weichfäule verursachen können.

Beschreibung des Krankheitserregers

Xanthomonas campestris pv. campestris (Xcc) ist ein gramnegatives Stäbchenbakterium mit nur einer Geissel (Flagellum), die der Fortbewegung dient (Rimmer et al. 2007). Xcc benötigt Sauerstoff zum Leben (aerobe Lebensweise). Auf künstlichen Nährmedien bildet Xcc gelbe, schleimige Kolonien. Xcc besiedelt die Gefässe (Xylem) der Wirtspflanzen und dringt hauptsächlich über Hydathoden und Wunden in die Pflanze ein.
Xcc produziert grosse Mengen eines gummiartigen Polysaccharids, das als Xanthan bekannt ist. Xanthan ist ein wichtiges Handelsprodukt, das in der Lebensmittelindustrie und als Schmiermittel in der Industrie verwendet wird.

Lebenszyklus

Die Adernschwärze kann durch infizierte Pflanzen (einschliesslich Unkrautarten aus der Familie Brassicaceae), befallener Boden und Ernterückstände übertragen werden. Die Verursacher der Krankheit können im Boden unabhängig von einer Wirtspflanze etwa 40 Tage im Winter und 20 Tage im Sommer überleben. In Ernterückständen bleiben die Bakterien länger am Leben, nach Crüger et al. (2002) mindestens einen wenn nicht sogar zwei Winter. Wassergesättigte Böden können die Überlebensfähigkeit des Erregers verringern.
Die Adernschwärze wird vor allem durch Samen übertragen (Vicente und Holub 2012). Befallenes Saatgut führt zu infizierten Sämlingen, die als Jungpflanzen auf die Felder gelangen und dort für die Ausbreitung der Krankheit sorgen. Die Verbreitung erfolgt durch Insekten, Bewässerungswasser, Regen, Wind, landwirtschaftliche Geräte und Arbeiter (Vicente und Holub 2012).
Die Bakterien dringen in der Regel über die Hydathoden an den Blatträndern direkt in das Gefässsystem (Xylem) der Wirtspflanzen ein. Hydathoden sind Drüsenzellen, die Wasser in Form von Guttationstropfen ausscheiden und sich dort befinden, wo die Gefässe (Blattadern) am Blattrand enden. Sie bieten dem Erreger somit einen direkten Weg vom Blattrand in das Gefässsystem der Pflanze und damit zur systemischen Infektion des Wirtes.
Das Eindringen der Bakterien durch die Spaltöffnungen (obwohl möglich) scheint für die Xcc-Infektion nicht wichtig zu sein, da sich die Krankheit selten auf das umliegende Gewebe ausbreitet.
Die Bakterien können auch durch Verletzungen, die von Insekten, Tieren, Maschinen, Regen und Wind verursacht werden, in die Pflanze gelangen.
In der Pflanze vermehren sich die Bakterien und breiten sich über das Gefässsystem in der ganzen Pflanze aus, was zu einer Schwarzfärbung der Blattadern führen kann.
Die Hydathoden sind nicht nur für das Eindringen der Bakterien wichtig, sondern auch für deren Freisetzung. Xcc gelangt über die Hydathoden nach aussen in die Guttationstropfen und wird durch Regenspritzer, Bewässerungswasser, Insekten, Wind oder über Maschinen und Kleidung auf gesunde Pflanzen übertragen.
Eine Infektion während der Anzucht von Jungpflanzen stellt das grösste Risiko für eine weit verbreitete Infektion in Gemüsekulturen dar. Infektionen im Saatbeet oder Gewächshaus bleiben aus verschiedenen Gründen oft unentdeckt.

Epidemiologie

Unter idealen Bedingungen mit hoher Luftfeuchtigkeit und Temperaturen von über 25 °C werden die Symptome der Adernschwärze 10-14 Tage nach dem Eindringen des Bakteriums sichtbar (Rimmer et al. 2007). Sind die Temperaturen für Xcc jedoch nicht optimal, kann das Bakterium im Gefässsystem verbleiben, ohne Symptome hervorzurufen. Unter solchen Bedingungen können die Bakterien unbemerkt zu einer Infektion des Saatgutes führen.
Im Feld wird die Verbreitung der Bakterien durch Wind, Regen oder Bewässerung sowie durch das Befahren mit Maschinen gewährleistet. Ein dichter Pflanzenbestand, der für eine hohe Luftfeuchtigkeit sorgt, ist für die Besiedlung des Bestandes sehr günstig.
Angesichts der weltweiten Verbreitung von Xcc und des Klimawandels wird die Adernschwärze in den nördlichen Gemüseanbaugebieten zu einer immer wichtigeren Krankheit (Vicente und Holub 2012).

Wirtsspektrum

Xanthomonas campestris pv. campestris befällt unter anderem alle kultivierten Brassica-Arten (z.B. alle Kohlarten), Radies, Rettich und zahlreiche Unkräuter der Familie der Kreuzblütler (Brassicaceae) (Rimmer et al. 2007). Nach Buser et al. (2012) sind Blumenkohl, Romanesco, Kohlrabi und Kopfkohl sehr anfällig; Brokkoli, Rosenkohl, Radies, Rettich und Rucola mittel anfällig sowie Chinakohl und Grünkohl wenig anfällig.
Meerrettich wird von X. campestris pv. armoraciae befallen; dieser Pathovar ist auf Kohl und Blumenkohl nur ein schwacher Krankheitserreger (Koike et al. 2007).

Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung

  • Fruchtfolge: Mindestens eine dreijährige Anbaupause von Kreuzblütlern einhalten (Schwarz et al. 1990; Kühne et al. 2006)
  • Kein Anbau in der Nähe von anderen Kreuzblütlern
  • Konsequente Bekämpfung von Unkräutern aus der Familie der Kreuzblütler während der gesamten Fruchtfolge
  • Keine Kreuzblütler als Zwischenfrüchte
  • Verwendung von gesundem und auf Xcc getestetem Saatgut: Die Saatgutbehandlung mit Heisswasser oder belüftetem Dampf durch Saatgutproduzenten machen lassen (Pflanzenschutzempfehlungen für den Biogemüsebau).
  • Falls verfügbar, wenig anfällige Sorten wählen
  • Jungpflanzen/Setzlinge nur in gesunder Erde anziehen; Anzuchterde durch Dämpfen desinfizieren
  • Während der Anzucht der Jungpflanzen keine Überkopf-Bewässerung anwenden, da dies die Verbreitung der Bakterien stark fördert. Bewässerung durch Anstauen oder Tröpfchenbewässerung sind vorzuziehen (Pflanzenschutzempfehlungen für den Biogemüsebau).
  • Nur gesunde Setzlinge pflanzen
  • Kranke Pflanzen entfernen und verbrennen
  • Ernterückstände gut zerkleinern und flach einarbeiten, um die Verrottung zu fördern (Buser et al. 2012)
  • Weitere Massnahmen siehe Pflanzenschutzempfehlungen für den Biogemüsebau

Literatur

Bedlan G, Kahrer A, 2002. Wichtige Krankheiten und Schädlinge im Gemüsebau. Verlag Jugend & Volk GmbH, Wien: 248 S.

Buser HP, Heller W, Baur B, 2012. Adernschwärze – eine Bakterienkrankheit von Kohlgewächsen. Merkblatt, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW

Crüger G, Backhaus GF, Hommes M, Smolka S, 2002. Pflanzenschutz im Gemüsebau. 4. Auflage, Verlag Eugen Ulmer Stuttgart: 318 S.

Koike ST, Gladders P, Paulus AO, 2007. Vegetable Diseases. A colour Handbook. Manson Publishing Ltd., 448 p.

Kühne S, Burth U, Marx P, 2006. Biologischer Pflanzenschutz im Freiland. Eugen Ulmer KG, Stuttgart: 288 S.

Porteneuve C, Baty-Julien C, Estorgues V, Maitre R, Penguilly D, Mérendet V, Méry A, Raynal C, Serrurier M, Villeneuve F, 2015. Les choux à inflorescence: chou-fleur, chou brocoli, chou romanesco. Paris: Centre Technique Interprofessionnel des Fruits et Légumes (CTIFL): 331 S.

Rimmer SR, Shattuck VI, Buchwaldt L, 2007. Compendium of Brassica Diseases. The American Phytopathological Society Press, St. Paul: 117p.

Schwarz A, Etter J, Künzler R, Potter C, Rauchstein HR, 1990. Pflanzenschutz im integrierten Gemüsebau. Verlag Landwirtschaftliche Lehrmittelzentrale , 3052 Zollikofen, 321 S.

Vicente JG, Holub EB, 2012. Xanthomonas campestris pv. campestris (cause of black rot of crucifers) in the genomic era is still a worldwide threat to brassica crops. Molecular Plant Pathology (2013) 14(1), 2–18.s