Kleiner Kohlweissling
piéride de la rave (franz.); small white, cabbage white butterfly, imported cabbageworm (engl.)
wissenschaftlicher Name: Pieris rapae L.
Taxonomie: Animalia, Arthropoda, Insecta, Lepidoptera, Pieridae
Der Kleine (P. rapae) und der Grosse Kohlweissling (P. brassicae) haben das gleiche Wirtsspektrum und einen ähnlichen Lebenszyklus. Beide Arten überwintern im Puppenstadium. Die Falter erscheinen ab Mai. Die Raupen ernähren sich von Kreuzblütlern (Brassicaceae) und sind von Juni bis Herbst an verschiedenen Kohlarten zu finden. Junge Raupen verursachen zahlreiche Frasslöcher an den äusseren Blättern, ältere Raupen bevorzugen eher junge, innere Kopfblätter oder die Blüte/Blume von Brokkoli oder Blumenkohl. Der kleine Kohlweissling macht in der Regel zwei bis drei Generationen pro Jahr. Die zweite Generation verursacht den grössten Schaden. Das Abdecken der jungen Pflanzen mit einem Kulturschutznetz verhindert die Eiablage der Kohlweisslinge. Bei Befall kann ein Bakterienpräparat auf der Basis von Bacillus thuringiensis eingesetzt werden.
Abb. 1. Die Raupen des Kleinen Kohlweisslings (Pieris rapae) verursachen Frasslöcher.
Schadbild und Schadwirkung
Die jungen Raupen des Kleinen Kohlweisslings fressen einzeln an den äusseren Hüllblättern der Kohlpflanzen und verursachen zahlreiche Frasslöcher Abb. 1 und 2). Starke Schäden an jungen Pflanzen verhindern oft die Kopfbildung, auch wenn die Raupen später entfernt werden, so dass ein Schutz zu Beginn der Saison wichtig ist.
Ältere Raupenstadien bevorzugen eher junge, innere Kopfblätter oder die Blüte/Blume von Brokkoli oder Blumenkohl (Porteneuve et al. 2015).
Schadwirkung: Werden die Raupen nicht bekämpft, kann der Kleine Kohlweissling die Pflanzen oft bis auf den Stängel und die grossen Blattadern reduzieren. Die Larven scheiden grosse Mengen an Kot aus, der die Ernteprodukte verunreinigt (Abb. 2: 6. Bild).
Beschreibung des Schädlings
Der Kleine Kohlweissling (P. rapae) ist ein tagaktiver Schmetterling (Ordnung: Lepidoptera) aus der Familie der Weisslinge (Pieridae).
Die Eier werden einzeln, meist auf der Blattunterseite abgelegt. Sie sind 0.5 mm breit und 1.0 mm lang. Die Eier sind zunächst blass weiss, später gelblich, stark gerippt und spindelförmig (Capinera 2001).
Die Raupe (Larve) ist grün (einschliesslich des Kopfes) und dicht und kurz behaart (Abb. 1 und 2). Das letzte der fünf Larvenstadien ist bis zu 3 cm lang. Alle Larvenstadien, mit Ausnahme des ersten, zeigen eine schmale gelbe Linie, die in der Mitte des Rückens verläuft. Bei den frühen Larvenstadien ist dieser Streifen manchmal unvollständig. Auf beiden Seiten der Raupe ist zudem eine unterbrochene gelbe Linie oder eine Reihe gelber Flecken zu sehen. Der Rücken ist mit kleinen, schwarzen Punkten übersät. Die Raupe besitzt drei Paar gegliederte Brustbeine und vier Paar Bauchfüsse am 3. bis 6. Hinterleibssegment (Abdominalsegment). Am 10. Hinterleibssegment befinden sich die Afterfüsse oder Nachschieber.
Die Verpuppung der ersten Generation findet gewöhnlich auf der Wirtspflanze statt. Die Puppe ist ca. 18 - 20 mm lang und ist je nach Hintergrund gelb, grün oder braun gefärbt (Capinera 2001). Auf dem Rücken und an den Seiten ist ein kielartiger Vorsprung sichtbar. Die Puppe ist an einem Seidenpolster verankert und ein Seidenfaden ist locker um die Brust gesponnen.
Der Falter, der ungefähr 3 Wochen lebt, hat eine Flügelspannweite von 3-4 cm (Kahrer und Gross 2002). Die Flügeloberseite ist weiss und die Unterseite meist gelblich. Die Vorderflügel haben in der Mitte je einen oder zwei schwarze Punkte (die Weibchen haben zwei, die Männchen nur einen) und die Flügelspitzen sind schwarz. Die Hinterflügel beider Geschlechter tragen am Vorderrand ebenfalls einen schwarzen Fleck. Die Zeichnung der Flügel ist bei den Männchen heller als bei den Weibchen. Der Körper des Falters ist dicht behaart. Der Kleine Kohlweissling ist ein guter Flieger und wird jedes Jahr durch starke Winde über weite Strecken verbreitet (Capinera 2001).
Verwechslungsmöglichkeit: Der Kleine Kohlweissling kann mit einigen Arten aus der Familie der Weisslinge verwechselt werden, z. B. mit dem Grossen Kohlweissling (Pieris brassicae).
Weitere Abbildungen: Zusätzliche Bilder der Eier, Raupen (Larven), Puppen und Falter des Kleinen Kohlweisslings finden Sie unter Lepiforum.
Lebenszyklus
Ab Mai schlüpfen die Falter des Kleinen Kohlweisslings aus den überwinternden Puppen und suchen geeignete Wirtspflanzen für die Eiablage auf. Jedes Weibchen legt 300 bis 400 Eier einzeln an die Blattunterseite ab (Capinera 2001). Da sich die Falter von Nektar ernähren, fliegen sie tagsüber häufig zwischen den Wirtspflanzen und blühenden Pflanzen hin und her. Diese Bewegung führt dazu, dass die Eier überwiegend am Rand von Feldern mit Kreuzblütlern abgelegt werden (Schwarz et al. 1990; Capinera 2001). Es sei denn, es befinden sich blühende Unkräuter innerhalb des Feldes.
Im ersten Larvenstadium nagen die Raupen oberflächlich an der Epidermis der Blätter. Später fressen sie die jungen Blätter im Innern der Wirtspflanzen. Neben den direkten Frassschäden kann der Kot das Gemüse zusätzlich verunreinigen. Am Ende des fünften Larvenstadiums beginnt die Raupe auf der Blattunterseite ein Seidenpolster zu spinnen, wo die Verpuppung stattfindet.
In der Regel kommen nördlich der Alpen zwei bis evtl. drei Generationen pro Jahr vor (Balmelli et al. 2012). Crüger et al. (2002) berichten von drei bis vier Generationen: Die erste Generation erscheint im Mai, die zweite (und dritte) von Juli bis September, wobei das Auftreten der drei Generationen nicht scharf voneinander getrennt ist. Die zweite Generation richtet die grössten Schäden an.
Der Kleine Kohlweissling überwintert als Puppe im Boden oder an Ernterückständen (Vieweger et al. 2023). Der Anteil der Puppen, der zur Überwinterung in eine Diapause geht, nimmt mit fortschreitendem Herbst zu.
Wirtsspektrum
Die Raupen des Kleinen Kohlweisslings ernähren sich von Pflanzen der Familie der Brassicaceae. Zu den befallenen Gemüsepflanzen gehören Kopfkohl, Blumenkohl, Brokkoli, Rosenkohl, Kohlrüben, Grünkohl, Kohlrabi, Radieschen, Rettich, Meerrettich etc. Auch Raps (Durchwuchs) und Unkräuter wie Acker-Täschelkraut (Thlaspi arvense) oder Ackersenf (Sinapis arvensis) werden befallen.
Die Falter saugen Nektar aus den Blüten verschiedenster Pflanzenarten.
Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung
- Durch das Anlegen von Blühstreifen werden natürliche Feinde gefördert: Räuber und Parasiten der Kohlweisslinge (z.B. Schlupfwespen), Insekten fressende Vögel
- Eine Bodenbearbeitung im Frühjahr reduziert den Anteil überwinternder Puppen (Pflanzenschutzempfehlung für den Biogemüsebau).
- Im Hausgarten: Raupen einsammeln oder Eier zerdrücken
- Kulturschutznetze verhindern die Eiablage des Kleinen Kohlweisslings (z. B. Andermatt Biocontrol)
- Schadschwelle für eine direkte Bekämpfung: 10–20 kleine oder 1–4 grosse Raupen pro 10 Pflanzen (Vieweger et al 2023).
- Direkte Bekämpfung im Biogemüsebau: z.B. mit Bacillus thuringiesis var. aizavaii oder var. kurstaki (Betriebsmittelliste des FiBL, Andermatt Biocontrol, Pflanzenschutzempfehlung für den Biogemüsebau)
- Zugelassene Pflanzenschutzmittel zum Schutz gegen den Kleinen Kohlweissling (Pieris rapae) finden Sie für die Schweiz im Pflanzenschutzmittelverzeichnis des BLW; für Deutschland in der Online Datenbank des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) und für Österreich im Verzeichnis der zugelassenen Pflanzenschutzmittel
- Ernterückstände möglichst rasch flach einarbeiten
Literatur
Balmelli A, Frank A, Sauer C, Vogler U, 2012. Kohlraupen. Merkblatt, Herausgeber: Extension Gemüsebau, Forschungsanstalt Agroscope, Changins-Wädenswil ACW,8820 Wädenswil.
Capinera JL, 2001. Handbook of Vegetable Pests. Academic Press New York: 729 S.
Crüger G, Backhaus GF, Hommes M, Smolka S, 2002. Pflanzenschutz im Gemüsebau. 4. Auflage, Verlag Eugen Ulmer Stuttgart: 318 S.
Kahrer A, Gross M, 2002. Gemüseschädlinge. Österreichischer Agrarverlag, Leopoldsdorf: 205 S.
Porteneuve C, Baty-Julien C, Estorgues V, Maitre R, Penguilly D, Mérendet V, Méry A, Raynal C, Serrurier M, Villeneuve F, 2015. Les choux à inflorescence: chou-fleur, chou brocoli, chou romanesco. Paris: Centre Technique Interprofessionnel des Fruits et Légumes (CTIFL): 331 S.
Schwarz A, Etter J, Künzler R, Potter C, Rauchstein HR, 1990. Pflanzenschutz im integrierten Gemüsebau. Verlag Landwirtschaftliche Lehrmittelzentrale , 3052 Zollikofen, 321 S.
Vieweger A, Hauenstein S, Koller M, 2023. Pflanzenschutz im Biogemüsebau: Krankheits- und Schädlingsregulierung im Freilandanbau. Merkblatt Nr. 1145, Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, CH-5070 Frick:: 28 S. (Link)