Kohleule (Herzwurm)
Noctuelle du chou (franz.); cabbage armyworm, cabbage moth (engl.)
wissenschaftlicher Name: Mamestra brassicae L.
Taxonomie: Animalia, Arthropoda, Insecta, Lepidoptera, Noctuidae
Raupen der Kohleule (Mamestra brassicae) ernähren sich von einer Vielzahl von Pflanzenarten, bevorzugen aber Kohlgewächse (Brassica spp.). Junge Raupen sind grün, ältere Raupen sind braun bis schwarz. Ab dem dritten Larvenstadium ist auf beiden Seiten der Raupe ein blass gelber Längsstreifen sichtbar. Die Raupen fressen zunächst Löcher in die äusseren Blätter. Wenn sie grösser werden, bohren sie sich ins Innere der Pflanzen. Die Kohleule ist nachtaktiv, überwintert als Puppe und bildet in Mitteleuropa meist zwei Generationen. Kulturschutznetze können das Einfliegen der Kohleule in Gemüsekulturen verhindern. Mit Bacillus thuringiensis-Präparaten können die jungen Raupen direkt bekämpft werden.
Abb. 1. Schadbild der Kohleule (Mamestra brassicae) an Weisskohl
Abb. 2. Junge (oben) und alte Raupe der Kohleule. Auf beiden Seiten sind die weissen, schwarz umrandeten Atemöffnungen (Stigmen) der Raupen gut sichtbar.
Schadbild und Schadwirkung
Die jungen Raupen fressen hauptsächlich an der Unterseite der äusseren Blätter, wo sie Fenster- und später Lochfrass verursachen (Abb. 1). Ein starker Befall kann die Blätter vollständig zerstören, so dass nur noch die Blattadern übrig bleiben.
Ältere Raupen bohren sich ins Innere der Pflanzen und fressen dort an den Blättern. Sie hinterlassen grosse Mengen grün-schwarzer Kotkrümel (Abb. 3, 6. Bild), die sich in den Blattachseln sammeln und oft zu einer Fäulnis führen.
Die zweite Generation, die im August-September auftritt, verursacht in der Regel die grösseren Schäden.
Schadwirkung: Die durch die Raupen verursachten Ernteverluste sind weniger auf die Menge des gefressenen Pflanzengewebes als auf das Anbohren und Verschmutzen der Pflanzen zurückzuführen. Daher kann auch ein geringer Befall mit älteren Raupen in Kulturen wie Kopfkohl schädlich sein.
Beschreibung des Schädlings
Die Kohleule (Mamestra brassicae) ist ein nachtaktiver Schmetterling (Ordnung: Lepidoptera) aus der Familie der Eulenfalter (Noctuidae). Bilder von Eiern, Raupen, Puppen und Faltern siehe auch Lepiforum.org.
Die Eier sind ca. 0.5 mm gross (Kahrer und Gross 2002), halbkugelig und strahlenförmig gerippt (Crüger et al. 2002). Bei der Eiablage sind sie weiss mit einem rotbraunen Ring und einem dunklen Fleck am Scheitel, später violett-braun. Einige Stunden vor dem Schlüpfen verfärben sich die Eier schwarz, da die schwarze Kopfkapsel der Junglarve durchscheint. Die Eier werden meist auf der Blattunterseite in Gelegen von bis zu 70-80 Eiern abgelegt (Badenes-Pérez 2022).
Die Raupe (Larve) durchläuft in der Regel sechs Larvenstadien (Abb. 2 und 3). Die Raupen des ersten und zweiten Stadiums sind etwa 3-10 mm lang, gelb bis grünlich und mehr oder weniger durchscheinend. Die Raupen des ersten Stadiums haben eine schwarze Kopfkapsel, die nach der ersten Häutung hellbraun wird. Die ersten zwei Paar Bauchfüsse sind bis zum zweiten oder dritten Larvenstadium nur schwach entwickelt.
Ab dem dritten Larvenstadium sind die Raupen blass grün und zeigen gelbe Querstreifen zwischen den Segmenten. Auf jeder Körperseite ist direkt über den Atemöffnungen (Stigmen) ein blass gelber Längsstreifen sichtbar. Stigmen sind die äusseren Öffnungen des Atmungssystems (Tracheen) der Insekten und befinden sich auf fast allen Segmenten. Bei M. brassicae ist die Öffnung weiss und schwarz umrandet.
Mit jeder Häutung wird der Rückenbereich allmählich dunkler, und im letzten Larvenstadium sind die meisten Raupen bräunlich-grün oder schwarz-grün gefärbt. Je tiefer die Temperaturen, desto dunkler ist die Färbung. Auf den Segmenten des Hinterleibs ist eine hufeisenförmige Zeichnung zu erkennen (Crüger et al. 2002).
Die ausgewachsene Raupe ist ca. 50 mm lang und hat einen leichten Buckel auf dem Rücken des 8. Hinterleibs-Segments. Die Kopfkapsel ist hellbraun. Der oben erwähnte Längsstreifen auf der Höhe der Atemöffnungen ist breit und blass grün oder blass ockerfarben. Die Bauchregion ist gelblich-grün. Die Raupen haben drei Paar gegliederte Brustbeine, vier Paar Bauchfüsse und am letzten (10.) Hinterleibssegment Afterfüsse oder Nachschieber.
Die Puppen sind 17-22 mm lang, rötlich-braun und glänzend. Die Verpuppung erfolgt in dünnen Kokons, die 2 bis 5 cm tief im Boden liegen.
Die Falter der Kohleule haben eine Flügelspannweite von 34-50 mm. Die Vorderflügel sind gefleckt und grau-braun, braun oder schwarz-braun. In der Mitte der Vorderflügel befindet sich ein nierenförmiger Fleck. Die Hinterflügel sind rotbraun und im Allgemeinen blasser als die Vorderflügel.
Lebenszyklus
Die Kohleule überwintert im Puppenstadium. Kurz nach dem Schlüpfen paaren sich die Falter. Die Weibchen legen im Mai-Juni bis zu 2200 Eier in Gelegen mit bis zu 80 Eiern vor allem an der Blattunterseite ab (Badenes-Pérez 2022; Kühne et al.2006; Porteneuve et al. 2015). Die Raupen schlüpfen nach 6-14 Tagen und beginnen mit dem Blattfrass. Sie bleiben zunächst dicht beieinander, verteilen sich aber später auf der Wirtspflanze und auf Nachbarpflanzen. Die Entwicklung der Raupen dauert normalerweise 4-7 Wochen (Badenes-Pérez 2022). Die reifen Raupen verlassen die Pflanzen und verpuppen sich in dünnen Kokons im Boden in einer Tiefe von etwa 3-5 cm.
Je nach Klima kann M. brassicae eine bis drei Generationen pro Jahr bilden. In Mitteleuropa kommen in der Regel zwei Generationen pro Jahr vor, in Südeuropa zwei bis drei und in den nördlichen Teilen des Verbreitungsgebietes nur eine. Bei Populationen mit zwei Generationen (bivoltine Populationen) gehen die Puppen der zweiten Generation in eine Winterdiapause und erscheinen im folgenden Frühjahr als Falter.
In Mitteleuropa findet der zweite Flug im Juli-August bis Oktober statt (Balmelli et al. 2012). Die Generationen können sich zeitlich überlappen, so dass während der gesamten Vegetationsperiode Falter vorhanden sind.
Die Kohleule ist nachtaktiv, so dass das Schlüpfen aus den Puppen, der Flug, die Paarung, die Eiablage und die Nahrungsaufnahme hauptsächlich in der Dunkelheit stattfinden.
Wirtsspektrum
Die Raupen von M. brassicae haben ein breites Nahrungsspektrum, bevorzugen aber Kohlgewächse. Gelegentlich fressen sie auch an anderen Kreuzblütlern, an Zuckerrüben, Kartoffeln, Kopfsalat, Hülsenfrüchten, Spinat und vielen anderen Pflanzen (Kahrer und Gross 2002).
Die Falter saugen Nektar aus den Blüten verschiedener Pflanzenarten.
Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung
- Durch das Anlegen von Blühstreifen werden natürliche Feinde gefördert: Räuber und Parasiten der Kohleulen (z.B. Schlupfwespen), Insekten fressende Vögel (Schädlingsregulierung im Biokopfkohlanbau).
- Eine Bodenbearbeitung im Frühjahr reduziert den Anteil überwinternder Puppen (Pflanzenschutzempfehlung für den Biogemüsebau).
- Im Hausgarten: Ei-Gelege zerdrücken und Raupen absammeln
- Kulturschutznetze verhindern das Einfliegen und die Eiablage der Kohleule (z. B. Andermatt Biocontrol). Vorkultur darf kein Kohlgemüse sein, da sich in diesem Fall bereits Puppen im Boden befinden können.
- Die Schadschwelle für eine direkte Bekämpfung ist erreicht, wenn 10–20 kleine oder 1–4 grosse Raupen auf 10 Pflanzen (je 5 Pflanzen am Feldrand und in der Feldmitte) gefunden werden (Balmelli et al. 2012). Kulturen wöchentlich kontrollieren.
- Direkte Bekämpfung im Biogemüsebau: z.B. mit Bacillus thuringiesis var. aizavaii oder var. kurstaki. BT-Präparate sind nur gegen sehr junge Raupen gut wirksam. Betriebsmittelliste des FiBL, Andermatt Biocontrol, Schädlingsregulierung im Biokopfkohlanbau
- Zugelassene Pflanzenschutzmittel zum Schutz gegen die Kohleule (Mamestra brassicae) finden Sie für die Schweiz im Pflanzenschutzmittelverzeichnis des BLW; für Deutschland in der Online Datenbank des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) und für Österreich im Verzeichnis der zugelassenen Pflanzenschutzmittel
- Ernterückstände so schnell wie möglich flach einarbeiten, um die Verpuppung der Raupen zu verhindern.
Literatur
Badenes-Pérez F, 2022. Mamestra brassicae (cabbage moth). CABI Compendium.
Balmelli A, Frank A, Sauer C, Vogler U, 2012. Kohlraupen. Merkblatt, Herausgeber: Extension Gemüsebau, Forschungsanstalt Agroscope, Changins-Wädenswil ACW,8820 Wädenswil.
Crüger G, Backhaus GF, Hommes M, Smolka S, 2002. Pflanzenschutz im Gemüsebau. 4. Auflage, Verlag Eugen Ulmer Stuttgart: 318 S.
Kahrer A, Gross M, 2002. Gemüseschädlinge. Österreichischer Agrarverlag, Leopoldsdorf: 205 S.
Kühne S, Burth U, Marx P, 2006. Biologischer Pflanzenschutz im Freiland. Eugen Ulmer KG, Stuttgart: 288 S.
Porteneuve C, Baty-Julien C, Estorgues V, Maitre R, Penguilly D, Mérendet V, Méry A, Raynal C, Serrurier M, Villeneuve F, 2015. Les choux à inflorescence: chou-fleur, chou brocoli, chou romanesco. Paris: Centre Technique Interprofessionnel des Fruits et Légumes (CTIFL): 331 S.