Titelbild Pflanzenkrankheiten - Schädlinge

Pflanzenkrankheiten und Schädlinge

Schwarzbeinigkeit (Gaeumannomyces graminis)

Schwarzbeinigkeit

piétin-échaudage (franz.); take-all (engl.)

wissenschaftlicher Name: Gaeumannomyces graminis (Sacc.) Arx & D.L. Olivier; Nebenfruchtform: Phialophora sp.
Synonym: Ophiobolus graminis (Sacc.) Sacc.

Taxonomie: Fungi, Ascomycota, Pezizomycotina, Sordariomycetes, Sordariomycetidae, Magnaporthaceae

Schwarzbeinigkeit wird durch den Pilz Gaeumannomyces graminis verursacht und ist weltweit die bedeutendste Fruchtfolgekrankheit im Getreidebau. G. graminis befällt die Wurzeln und die Halmbasis. Als Folge davon sterben die befallenen Wurzeln ab und die Wasser- und Nährstoffzufuhr ist gestört. Die Blätter vergilben und es kommt zu einer Notreife (Weissährigkeit) mit schlecht ausgebildeten Körnern. Die Schwarzbeinigkeit tritt häufig nesterweise auf. Ertragsausfälle bei Weizen können bis zu 70 % betragen, bei Gerste bis zu 30 %. Die wichtigste Massnahme bei der Bekämpfung der Schwarzbeinigkeit ist die Einhaltung einer Fruchtfolge mit einem Unterbruch von einem bis drei Jahren zwischen anfälligen Getreidearten.

Schwarzbeinigkeit an Weizen (Gaeumannomyces graminis)
Schwarzbeinigkeit an Weizen (Gaeumannomyces graminis)Abb. 1. Schwarzbeinigkeit, verursacht durch Gaeumannomyces graminis, ist weltweit die bedeutendste Fruchtfolgekrankheit im Getreidebau.

Schwarzbeinigkeit an Weizen (Gaeumannomyces graminis)Abb. 2. Gaeumannomyces graminis befällt die Wurzeln und die Halmbasis des Getreides.

Krankheitsbild

Die Krankheit zeigt sich in einer Schwarzverfärbung bis zu vollständigem vermorschen der Wurzeln und der Halmbasis (Abb. 1 und 2). Die schwarze Verfärbung der Wurzeln gab der Krankheit den deutschen Namen "Schwarzbeinigkeit". Die Pflanzen lassen sich leicht aus dem Boden ziehen. An der Wurzeloberfläche und der Halmbasis wachsen charakteristische braune Laufhyphen (Abb. 3). Befallene Pflanzen bestocken weniger und ihr Wachstum ist beeinträchtigt.
Die Wasser- und Nährstoffzufuhr ist gestört. Die Blätter vergilben, die Ähren werden notreif und zeigen eine schlechte Kornausbildung (Weissährigkeit). Später können die weissen Ähren durch Schwärzepilze besiedelt werden.
Die Verteilung der kranken Pflanzen im Feld ist sehr ungleichmässig: starker Befall tritt meist nesterweise auf. Die ersten Symptome werden in der Regel erst im Frühjahr sichtbar. Unter günstigen Befallsbedingungen kann man den Wurzelbefall aber bereits im Herbst beobachten.

Verwechslungsmöglichkeiten

Verfärbungen der Halmbasis werden auch von Halmbruch (Oculimacula spp., früher Pseudocercosporella herpotrichoides), Fusarien (Fusarium spp.) oder Rhizoctonia (Rhizoctonia cerealis) verursacht. Weissährigkeit entsteht auch in Verbindung mit Trockenheit sowie nach Befall mit dem Getreidezystenälchen, Halmbruch oder durch Ährenfusarien (partielle Taubährigkeit).

Pathogen

Innerhalb der Art G. graminis können vier unterschiedliche Varietäten identifiziert werden (Freeman und Ward 2004). Sie unterscheiden sich in der Grösse der Ascosporen, der Form der Hyphopodien und dem Wirtsspektrum.

  • G. graminis var. tritici: befällt Weizen, Triticale, Gerste und Roggen. Viele Gräser, insbesondere die Quecke sind ebenfalls Wirtspflanzen (Obst und Paul 1993).
  • G. graminis var. avenae: stark pathogen an Hafer, befällt Futter- und Rasengräser (take-all patch), selten auch Weizen, Triticale, Gerste und Roggen
  • G. graminis var. graminis: ist weniger pathogen an Getreide, befällt Bermudagras und Reis, ist bei uns unbedeutend, bildet gelappte Hyphopodien
  • G. graminis var. maydis: Wirtspflanze ist Mais. Die Laufhyphen sind dunkel pigmentiert, septiert, 4-7 µm breit und oft in Hyphensträngen angeordnet (Abb. 3).

G. graminis ist homothallisch (selbstfertil). Er bildet schwarze, flaschenförmige Perithecien (Fruchtkörper) mit einem Durchmesser von 200 bis 400 µm und einem Öffnungskegel (150-300 µm lang), der aus dem Pflanzengewebe herausragt (Bockhus et al. 2010). Die unitunicaten (= mit einfacher Wand) Asci messen 10-15 x 80-130 µm. Die dort gebildeten Ascosporen (8 pro Asci) sind hyalin, schlank, 3-7 fach septiert und 3-4 x 70-100 µm gross.

Schwarzbeinigkeit an Weizen (Gaeumannomyces graminis)Abb. 3. Dunkel pigmentierte Laufhyphen von Gaeumannomyces graminis, Verursacher der Schwarzbeinigkeit des Getreides

Lebenszyklus

Gaeumannomyces graminis überdauert auf infizierten Stoppeln, Ernterückständen, Durchwuchs sowie Ungräsern (Quecke) und kann von hier aus die nachfolgende Kultur infizieren. Myzel spielt dabei eine weit wichtigere Rolle als die Verbreitung durch Ascosporen (Bockhus et al. 2010). Durch das mehrfache Aufeinanderfolgen von anfälligem Getreide in der Fruchtfolge kommt es zu einer starken Vermehrung des Pilzes und führt über die Jahre zu einem immer stärkeren Befall. Je nach Standort wird das höchste Befallsniveau nach zwei bis vier Jahren Getreide erreicht.
G. graminis besiedelt mit dicken, dunkelbraunen Laufhyphen die Wurzeloberfläche (Abb. 3). Bei Kontakt mit der Wurzelepidermis werden an den Hyphen grosse Zellen gebildet, die als Hyphopodien bezeichnet werden. Von hier dringt der Pilz mit Penetrationshyphen in das Wurzelgewebe und in die Leitungsbahnen ein. Die Pflanze reagiert auf den Befall mit verstärkter Lignineinlagerung in die Wurzelzellwände. Sie kann dadurch die Penetration nur verzögern, nicht aber verhindern. Es kommt zur Zerstörung der befallenen Wurzeln. Die befallene Pflanze kann Ersatzwurzeln bilden, um sich weiterhin mit Wasser und Nährstoffen versorgen zu können.
Schwarzbeinigkeit verringert die Nährstoffaufnahme und erhöht die Anfälligkeit der Pflanzen für Trockenstress. Ein Befall führt zu einer Reduktion der Ährenanlagen, zu einer schlechten Kornfüllung bis hin zu einer verfrühten Abreife und zu Weissährigkeit.
Die Laufhyphen dienen auch der Verbreitung innerhalb des Wurzelsystems einer Pflanze und zwischen den Pflanzen im Bestand, wodurch oft ein nesterweises Auftreten der Schwarzbeinigkeit zu beobachten ist.
Im Herbst bildet G. graminis schwarze Perithecien (Fruchtkörper). Die dort gebildeten Ascosporen werden mit dem Wind verfrachtet und können neue, weiter entfernte Flächen besiedeln. Für die Verbreitung im Bestand spielen die Ascosporen aber kaum eine Rolle.

Epidemiologie

Die wichtigsten Faktoren, die einen Befall bestimmen, sind Boden, Vorfrucht (Fruchtfolge), Saatzeitpunkt und Witterung. Die Sorte hat wenig Einfluss. Es bestehen nur geringe Unterschiede in der Anfälligkeit, allerdings gibt es vor allem beim Weizen Sortenunterschiede im Regenerationsvermögen der Wurzeln (Obst und Paul 1993).

  • Boden: In feuchten, gut durchlüfteten Böden entwickelt sich der Erreger bei 12-20 °C Bodentemperatur am besten. Bodenverdichtungen, Verschlämmungen und Staunässe beeinträchtigen die Wurzelentwicklung. Die Regenerationskraft der Pflanzen wird geschwächt und das kleinere Wurzelwerk wird schneller vom Pilz zerstört. Es gibt suppressive Böden, welche eine unterdrückende Wirkung gegenüber bodenbürtigen Krankheitserregern haben und die Krankheit massiv reduzieren können.
  • Vorfrucht-Fruchtfolge: Je mehr anfälliges Getreide (ausser Hafer) in der Fruchtfolge vorkommt, desto grösser ist das Befallsrisiko. Roggen vermehrt den Pilz sehr stark, zeigt aber nur selten einen Ertragsrückgang. Ausfallgetreide und Ungräser begünstigen die Vermehrung von G. graminis im Feld zusätzlich. Bereits ein einmaliger Anbau von Nicht-Wirtspflanzen bewirkt einen Rückgang der Schwarzbeinigkeit in der Nachfrucht.
  • „Take all decline": Bei einem wiederholten Anbau von Weizen und Gerste ohne Unterbruch kommt es normalerweise zu einem starken Krankheitsausbruch, dem jedoch nach einigen Jahren ein Rückgang des Befalls folgt: Dieser Effekt wird „Take-all decline" (TAD) genannt und wurde erstmals in den 60iger Jahren in Rothamsted beobachtet (Freeman und Ward 2004). Es wird angenommen, dass sich innerhalb von 4-6 Jahren im Boden Mikroorganismen vermehren konnten, die auf den Schwarzbeinigkeitserreger eine unterdrückende Wirkung haben (suppressiver Boden). Zu diesen Antagonisten gehören unter anderem Bakterien (z.B. Pseudomonas fluorescens), Actinomyceten oder nahe Verwandte des Erregers (z.B avirulente Gaeumannomyces graminis und Phialophora Arten). Sie beeinträchtigen den Schadpilz durch antibiotische Effekte oder durch Parasitismus. Die Antagonisten können aber auch eine starke Konkurrenz um vorhandene Nährstoffe sein, so dass der Schaderreger verdrängt wird.
  • Saatzeitpunkt: Der Saatzeitpunkt beeinflusst zusammen mit der Winterwitterung die erste Besiedlungsphase der Pflanzen. Ein früher Aussaattermin (Herbstsaat) wirkt befallsfördernd, da die Bodentemperatur bei der Aussaat noch relativ hoch ist und die Wachstumsgeschwindigkeit und das Infektionsvermögen des Pilzes ebenfalls hoch sind. Während eines milden Herbstes kann aber auch noch bei späteren Saatterminen ein wirtschaftlich bedeutender Befall auftreten.
  • Witterung: Milde, feuchte Winter und kühle, nasse Vorsommer verstärken das Ausmass des Schadens. Bei hohem Wasserangebot bilden die Getreidepflanzen nur ein geringes Wurzelwerk, das dann schneller vom Erreger zerstört werden kann. Anschliessende Trockenheit beschleunigt die Notreife. Die reduzierte Nährstoffverfügbarkeit ist ebenfalls entscheidend.

Wirtsspektrum

G. graminis befällt alle Getreidearten. Wintergetreide ist in der Regel anfälliger als Sommergetreide. Besonders anfällig ist Weizen, gefolgt von Triticale, Gerste und Roggen. Quecke und andere Gräser werden ebenfalls befallen.
Die Varietät G. graminis var. tritici kann den Hafer nicht befallen, G. graminis var. avenae hingegen schon. Die Haferwurzeln enthalten das Saponin Avenacin, welches das Wachstum der Varietät tritici hemmt. G. graminis var. avenae bildet ein spezifisches Enzym, die Avenacinase, die das Saponin in eine inaktive Form überführt. So kann diese Varietät den Hafer befallen.

Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung

  • Fruchtfolge: Die wichtigste Massnahme einer Begrenzung des Befalls durch die Schwarzbeinigkeit ist die Einhaltung einer gesunden Fruchtfolge mit einem Unterbruch von einem bis drei Jahren zwischen anfälligen Getreidearten. Die anfälligste Getreideart, Weizen, sollte an der besten Stelle der Fruchtfolge stehen. Als Vorfrüchte sind die Nichtwirtspflanzen Zuckerrüben, Mais und Leguminosen geeignet. Die gute Vorfruchtwirkung des Rapses wird durch Ausfallgetreide in der Rapskultur vermindert.
  • Saatzeitpunkt: Aussaatzeitpunkt hinauszögern, meist eine wenig praktikable Lösung des Problems
  • Bodenbearbeitung: Die Verrottung von Stroh- und Wurzelrückständen fördern und das Bodenleben aktivieren (Zwischenfrucht). Bodenverdichtung, Staunässe und Verschlämmung verhindern und damit für eine gute Durchwurzelung sorgen. Auch die Minimalbodenbearbeitung begrenzt die Ausbreitung des Schwarzbeinigkeitserregers im Boden.
  • Sorten mit guter Bewurzelung und Wurzelregenerationsfähigkeit wählen und für eine schnelle und kräftige Jugendentwicklung sorgen.
  • Ungräser, insbesondere Quecke, sollten sorgfältig bekämpft werden.

Literatur

Bockus WW, Bowden RL, Hunger RM, Morrill WL, Murray TD, Smiley RW, 2010. Compendium of wheat Diseases and Pests. Third edition. The American Phytopathological Society, St. Paul Minnesota: 171 p.

Freeman J, Ward E, 2004. Gaeumannomyces graminis, the take-all fungus and its relatives. Molecular Plant Pathology 5 (4): 235-252.

Obst A, Paul V, 1993. Krankheiten und Schädlinge des Getreides. Verlag Th. Mann: 184 S.

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