Titelbild Pflanzenkrankheiten - Schädlinge

Pflanzenkrankheiten und Schädlinge

Taphrina pruni (Narrentaschenkrankheit an Zwetschgen)

Narrenzwetschgen oder Narrentaschenkrankheit

maladie des pochettes du prunier (franz.); plum pockets (engl.)

wissenschaftlicher Name: Taphrina pruni (Fuckel) Tul.

Taxonomie: Fungi, Ascomycota, Taphrinomycotina, Taphrinomycetes, Taphrinomycetidae, Taphrinales, Taphrinaceae

Die Narrenzwetschgen (auch Narrentaschenkrankheit oder Taschenkrankheit genannt) werden durch den Pilz Taphrina pruni verursacht. Nach der Blüte nehmen die befallenen Früchte eine längliche, gekrümmte, zungenförmige Gestalt an. Die Oberfläche ist mit einem weissen, mehligen Belag überzogen, bestehend aus einer geschlossenen Schicht von Fruchtkörpern des Pilzes (Asci). Der Anbau von wenig anfälligen Zwetschgensorten und das Entfernen der deformierten Früchte ist eine wirksame Massnahme, um die Krankheit zu verhindern.

Narrentaschenkrankheit an Zwetschgen (Taphrina pruni)Abb. 1. Narrenzwetschge verursacht durch Taphrina pruni

Abb. 2. Narrenzwetschgen haben eine längliche, gekrümmte, zungenförmige Form

Krankheitsbild

Nach der Blüte wachsen befallene Früchte schneller als gesunde und entwickeln sich zu länglichen, gekrümmten, zungenförmigen Gebilden (Abb. 1 und 2). Anstelle eines Steins befindet sich im Innern ein Hohlraum. Die Oberfläche ist mit einem weissen, mehligen Belag überzogen, verursacht durch eine Schicht von Fruchtkörpern des Pilzes (den Asci). Die deformierten Früchte werden mit der Zeit braun-schwarz, schrumpfen und fallen frühzeitig ab.

Krankheitserreger

Taphrina pruni bildet auf der Oberfläche von befallenen Früchten eine geschlossene Schicht von frei stehenden, keulenförmigen Asci (17-53 x 5-17 µm) mit je 8 Ascosporen (4-7 x 3.5 µm) (Abb. 3). Die Ascosporen teilen sich (zum Teil bereits im Ascus) und bilden haploide Sprosszellen (Blastosporen oder Konidien). Letztere teilen sich wiederholt durch Sprossung.
Während der Keimung der Sprosszellen wird die Paarkernigkeit eingeleitet. Das daraus entstehende dikaryotische Hyphengeflecht lebt parasitisch. Die Ascusbildung erfolgt aus den unter der Kutikula wachsenden Hyphen nach dem Stielzellentypus (Müller und Löffler, 1971).

Asci der Taphrina pruni (Narrentaschenkrankheit an Zwetschgen)Abb. 3. Asci mit je 8 Ascosporen der Taphrina pruni, welche die Narrenzwetschgen verursacht

Lebenszyklus

Der Erreger der Narrenzwetschgen überwintert in der Rinde und in Knospenschuppen als hefeähnliche Sprosszelle. In dieser Phase lebt der Pilz saprophytisch, das heisst er ernährt sich von abgestorbenem organischem Material.
Zum Zeitpunkt der Blüte dringt der Erreger in die Fruchtknoten und verursacht eine Scheinbefruchtung. Das jetzt entstehende dikaryotische Myzel lebt parasitisch und wuchert zwischen den Pflanzenzellen. Der Parasit bewirkt eine erhöhte Teilung und ein übermässiges Wachstum der Pflanzenzellen. An Stelle von gesunden Zwetschgen entwickeln sich steinlose, gekrümmte, zungenförmige Gebilde. An der Oberfläche der befallenen Früchte wird im späten Frühjahr ein weisser, mehliger Belag sichtbar, bestehend aus einer geschlossenen Schicht von Asci. Aus den Asci werden Ascosporen geschleudert, welche die saprophytische Besiedlung der Triebe verursachen und damit die Überwinterung des Krankheitserregers sichern. Die befallenen Früchte schrumpfen und fallen vorzeitig ab.

Epidemiologie

Ein kalter, nasser Frühling während der Zwetschgenblüte fördert das Vorkommen von Narrenzwetschgen (Siegfried und Bolay, 1991). Warmes und trockenes Wetter hemmt sein Wachstum.

Wirtsspektrum

Wirtspflanzen sind Pflaumen (Prunus domestica), vor allem Zwetschgen, aber auch Traubenkirsche (Prunus padus) und Aprikosen (Prunus armeniaca).

Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung

  • Entfernen der erkrankten, deformierten Früchte, bevor die Ascosporen ausgeschleudert werden.
  • Durch einen regelmässigen Baumschnitt für eine gute Durchlüftung des Baumes sorgen.
  • Anbau von widerstandsfähigen Sorten (anfällig ist die Hauszwetschge, weniger anfällig sind Bühler Frühzwetsche und President)
  • Biologischer Pflanzenschutz: In Befallslagen und bei anfälligen Sorten ist eine Behandlung mit Pflanzenschutzmitteln auf der Basis von Kupfer beim Austrieb möglich (Kühne et al. 2006). Siehe auch Betriebsmittelliste FiBL.
  • Eine vorbeugende Behandlung mit einem Pflanzenschutzmittel ist bei Beginn des Knospenaufbruchs möglich, bei feuchter Witterung ist eine zweite Behandlung kurz vor der Blüte nötig (Pflanzenschutzempfehlung für den Erwerbsobstbau).
  • Empfohlene und zugelassene Pflanzenschutzmittel gegen Taphrina pruni finden sie für die Schweiz unter Agroscope und BLW Pflanzenschutzmittelverzeichnis (Bundesamt für Landwirtschaft); für Deutschland in der online Datenbank des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) und für Österreich im Pflanzenschutzmittelregister des BAES (Bundesamt für Ernährungssicherheit).

Literatur

Kühne S, Burth U, Marx P, 2006. Biologischer Pflanzenschutz im Freiland. Eugen Ulmer KG: 288 S.

Müller E, Löffler W, 1971. Mykologie. Grundriss für Naturwissenschaftler und Mediziner. Georg Thieme Verlag Stuttgart: 340 S.

Siegfried W, Bolay A, 1991. Kräuselkrankheit, Kirschenhexenbesen und Narrenzwetschgen. Landwirtschaft Schweiz 4 (1-2).