Echter Mehltau der Tomaten
oïdium de la tomate (franz.); powdery mildew (engl.)
wissenschaftliche Namen: Oidium neolycopersici L. Kiss, Leveillula taurica (Lév.) G. Arnaud und Oidium lycopersici Cooke & Massee (kommt nur in Australien vor)
Taxonomie: Fungi, Ascomycota, Leotiomycetes, Leotiomycetidae, Erysiphales, Erysiphaceae
Der in der Schweiz vorherrschende Echte Mehltau der Tomaten (Oidium neolycopersici) befällt in der Regel nur die Blattoberseite mit einem weissen, mehligen Belag. Er kommt vor allem in Gewächshäusern vor.
Abb. 1. Echter Mehltau (Oidium lycopersici) der Tomaten
Echter Mehltau an Tomaten
Es gibt drei verschiedene Arten von Echten Mehltaupilzen, die Tomaten befallen könnrn (Koike et al. 2007; Jones et al. 2014):
Oidium neolycopersici wird durch feuchte Standorte begünstigt und kann besonders bei Tomaten im Gewächshaus problematisch sein. Diese Art ist weit verbreitet und kommt in vielen Regionen der Welt auf Tomaten vor. Nach Michel et al. (2011) ist O. neolycopersici in der Schweiz verantwortlich für den Mehltaubefall der Tomaten im Gewächshaus.
Leveillula taurica (Synonym: Oidiopsis taurica) ist beschränkt auf subtropische Anbaugebiete mit trockenen bis halbtrockenen Bedingungen während der Anbausaison. Diese Art ist in Nordamerika weit verbreitet und wurde in der Schweiz auf Peperoni, aber noch nie an Tomaten beobachtet (Michel et al. 2011).
Oidium lycopersici wurde bisher nur in Australien nachgewiesen und wird in diesem Artikel nicht weiter berücksichtigt.
Schadbild
Oidium neolycopersici verursacht weisse, mehlige Pilzkolonien auf der Oberseite der Tomatenblätter (Jones et al 2014). Bei starkem Befallsdruck kann sich O. neolycopersici auch auf der Blattunterseite entwickeln und dort sporulieren. Mit fortschreitender Krankheit, wachsen die Kolonien oft zu einem dichten Belag zusammen. Stark befallene Blätter vergilben (werden chlorotisch) und sterben später ab (nekrotisieren), bleiben aber oft an der Pflanze haften.
Das häufigste Symptom des Echten Mehltaus, der durch Leveillula taurica verursacht wird, ist das Auftreten von zuerst kleinen (weniger als 1 cm grossen), unregelmässig geformten, hellgrünen bis hellgelben Blattflecken (Jones et al 2014). Die Blattflecken erscheinen in der Regel auf älteren Blättern, die jüngeren Blätter bleiben von der Infektion verschont, bis sie reif sind. Unter warmen Bedingungen können sich die Flecken ausbreiten und das betroffene Blattgewebe stirbt ab. Stark infizierte Blätter bleiben am Stiel hängen. Die Sporenbildung wird meist auf der Unterseite der Blätter beobachtet. Bei hoher Luftfeuchtigkeit können sowohl auf der Ober- als auch auf der Unterseite der Blätter Pilzmyzel mit Sporen beobachtet werden.
Beschreibung des Krankheitserregers
Oidium neolycopersici bildet auf der Blattoberfläche ein Myzel mit langen, unverzweigten Konidienträgern. Die Konidien wachsen einzeln auf den Trägern, haben eine ellipsoid-ovoide Form und sind 22-46 x 10-20 µm gross (Koike et al. 2007). Das sexuelle Stadium wurde bisher bei O. neolycopersici noch nie beobachtet.
Das Myzel von Leveillula taurica wächst im Gewebe (endophytisch) der Tomatenblätter (Koike et al. 2007; Jones et al. 2014). Dies im Gegensatz zu allen anderen Arten der Echten Mehltaupilze, die nur oberflächlich wachsen. Die Konidienträger von L. taurica entwickeln sich aus dem endophytischen Myzel und treten durch Spaltöffnungen in der unteren Blattepidermis aus. Die Konidienträger können verzweigt sein und eine oder manchmal zwei Konidien tragen. Diese sind einzellig und kommen in zwei verschiedenen Formen vor: Entweder sind sie lanzettlich mit deutlicher Spitze oder ellipsoid-zylindrisch und nicht zugespitzt. Die Grösse der Konidien des lanzettlichen Typs beträgt 50-71 x 16-23 µm und die des ellipsoid-zylindrischen Typs 45-65 x 16-23 µm (Jones et al. 2014). Bei beiden Konidien-Typen ist das Verhältnis von Länge zu Breite grösser als 3 (Koike et al. 2007). Die kugelförmigen Kleistothecien haben zahlreiche hyphenartige Anhängsel und enthalten bis zu 20 Asci. Kleistotecien werden aber nur selten beobachtet.
Lebenszyklus am Beispiel von Oidium neolycopersici
O. neolycopersici ist ein echter Mehltaupilz und als solcher ein obligater Krankheitserreger, der auf überwinternden Tomaten oder anderen Wirtspflanzen überlebt. Obligate Krankheitserreger sind Parasiten, die nur lebendes grünes Pflanzengewebe befallen können.
Die Konidien werden mit dem Wind verbreitet. Sie keimen in einem breiten Temperaturbereich von 10 bis 35 °C. Die Infektion kann bei hoher Luftfeuchtigkeit auch ohne Anwesenheit von freiem Wasser erfolgen. Das Myzel des Echten Mehltaus wächst auf der Pflanzenoberfläche und bildet Saughyphen (Haustorien) in die Epidermiszellen, welche ihm zur Nahrungsaufnahme dienen. Am Myzel entstehen Konidienträger mit Konidien, die wiederum Pflanzen befallen können. Auch diese Sekundärinfektionen sind bei hoher Luftfeuchtigkeit leicht möglich. Die Entwicklung des Echten Mehltaus wird durch milde Temperaturen unter 30 °C begünstigt.
Wirtsspektrum
Oidium neolycopersici befällt neben Tomaten auch andere Nachtschattengewächse wie Auberginen. O. neolycopersici tritt vor allem im Gewächshaus auf.
Leveillula taurica hat ein breites Wirtsspektrum, das zahlreiche Kulturpflanzen (einschliesslich Tomaten) und Unkräutern umfasst. Möglicherweise gibt es jedoch verschiedene Biotypen, deren Wirtsspektrum stärker eingeschränkt ist (Koike et al. 2007).
Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung
- Befallenes Pflanzenmaterial und Wirtspflanzen entfernen
- Anbau von toleranten oder resistenten Sorten
- Starkes Absinken der Luftfeuchtigkeit im Gewächshaus vermeiden
- Erste befallene Blätter entfernen
- Biologischer / ökologischer Gemüseanbau: Vorbeugende Behandlung mit Laminarin (Vacciplant), Behandlung mit Fenchelöl, Kaliumbicarbonat (Armicarb) oder Schwefelpräparate; siehe auch Betriebsmittelliste für den biologischen Landbau in der Schweiz, Pflanzenschutzempfehlung für den Biogemüsebau oder Andermatt Biocontrol
- Zugelassene Pflanzenschutzmittel zum Schutz gegen den Echten Mehltau der Tomaten finden Sie für die Schweiz unter Pflanzenschutzmittelverzeichnis des BLW; für Deutschland in der online Datenbank des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit)
Literatur
Jones JB, Zitter TA, Momol TM, Miller SA, 2014. Compendium of Tomato Diseases and Pests. The American Phytopathological Society, St. Paul Minnesota: 168 p.
Koike ST, Gladders P, Paulus AO, 2007. Vegetable Diseases. A colour Handbook. Manson Publishing Ltd., 448 p.
Michel V, Gilli C,Jermini M, Heller W, 2011. Bekämpfung des echten Mehltaus der Tomate. Merkblatt Agroscope