Titelbild Pflanzenkrankheiten - Schädlinge

Pflanzenkrankheiten und Schädlinge

Möhrenfliege (Psila rosae)

Möhrenfliege

mouche de la carotte (franz.); carrot rust fly (engl.)

wissenschaftlicher Name: Psila rosae F.

Synonym: Chamaepsila rosae F.

Taxonomie: Animalia, Arthropoda, Insecta, Diptera, Psilidae

Die Larven (Maden) der Möhrenfliege (Psila rosae) ernähren sich von Doldenblütlern. Den grössten Schaden verursachen sie an den Karottenwurzeln, wo die Larven im unteren Teil der Hauptwurzel gewundene Gänge fressen. Die Möhrenfliege bildet nördlich der Alpen meistens drei Generationen pro Jahr. Eine kühle Witterung und ein feuchter Boden begünstigen das Auftreten des Schädlings. Als vorbeugende Massnahme wird eine Fruchtfolge mit dreijährigem Anbauunterbruch von Doldenblütlern empfohlen. Eine Abdeckung der Karottenkulturen mit Kulturschutznetzen verhindert das Einfliegen der Möhrenfliegen (geeignet auch im Gemüsegarten).

Möhrenfliege (Psila rosae) Karotte Abb. 1. Die Larven (Maden) der Möhrenfliege (Psila rosae) fressen kurvige, meist offene, rostig-rote Gänge an der Oberfläche der Hauptwurzel, vorwiegend im unteren Teil der Karotte, © Nigel Cattlin, Alamy Stock Photos

Schadbild

Die Schäden werden von der Larve der Möhrenfliege verursacht. Sie dringen zuerst in die Seitenwurzeln ein und können diese vollständig aushöhlen. Während des dritten Larvenstadiums verursachen die Maden den grössten wirtschaftlichen Schaden. Sie dringen in die Hauptwurzel ein und fressen an der Oberfläche kurvige, meist offene Gänge, vorwiegend im unteren Teil der Karotte (Abb. 1), aber im oberen Teil von Pastinakenwurzeln. Die Frassgänge haben eine rostig-rote Farbe. Das Schadbild wird deshalb auch als „Eisenmadigkeit“ bezeichnet.
Weitere Anzeichen für einen Befall sind  welkende Karottenpflanzen, gegabelte Wurzeln oder ein Absterben der Karotten im Jugendstadium. Die Frassgänge können von Fäulniserregern befallen werden.
Schadwirkung: Qualitätseinbussen, befallene Karotten sind nicht lagerfähig.
Verwechslungsmöglichkeit: Die Frassgänge der Möhrenminierfliege (Napomyza carotae) befinden sich im oberen Teil der Karottenwurzeln, die Puppen am Ende des Gangs. 

Möhrenfliege (Psila rosae) an Karotte  Abb. 2. Möhrenfliege (Psila rosae), © Nigel Cattlin, Alamy Stock Photos

Beschreibung des Krankheitserregers (nach Capinera 2001)

Die Möhrenfliege (Psila rosae) legt weisse, längliche (0.6-0.9 x 0.15-0.2 mm) Eier, die mit Längsrillen ausgestattet sind.
Die Larven sind zylindrische Maden ohne Beine, die anfänglich farblos sind, mit zunehmender Reife aber milchig-weiss und dann gelblich werden. Sie erreichen eine Länge von 6-9 mm. Der Kopf ist spitz zulaufend und mit dunklen Mundhaken versehen. Die Larven durchlaufen drei Stadien.
Die Puppe ist zunächst gelb-braun, bei der Reife braun und ist 4.5-5.0 mm lang.
Die erwachsenen Fliegen (Adulte) sind 4.5-5.0 mm lang (Abb. 2). Der Kopf und die Beine sind gelblich-braun. Brust (Thorax) und Hinterleib (Abdomen) sind glänzend schwarz und mit einer feinen Schicht gelblicher Haare bedeckt. Die Flügel sind leicht schillernd. Die Spitze des Hinterleibs läuft bei den Weibchen spitz zu, während sie bei den Männchen stumpf abgerundet ist.

Lebenszyklus

Die Möhrenfliege überwintert als Puppe im Boden (Capinera 2001). Larven, die sich in befallenen Wurzeln oder im Boden befinden, können den Winter ebenfalls überleben (Kühne et al. 2006, Schwarz et al. 1990). Sie verpuppen sich im Frühjahr und entwickeln sich ohne Ruhephase (Diapause) zur Fliege.
Ab Ende April bis Mai schlüpfen die Möhrenfliegen der ersten Generation (Bovey et al. 1979). Fliegen, die sich aus überwinternden Larven entwickeln, erscheinen in der Regel früher als solche, die aus überwinternden Puppen entstehen.
Die erwachsenen Möhrenfliegen ernähren sich zunächst von den Blüten verschiedener Pflanzen. Nach diesem Reifungsfrass paaren sie sich. Das Weibchen legt ein bis drei Eier pro Eiablagestelle in den Boden rund um die Basis von Wirtspflanzen. Ein Weibchen kann im Laufe seines Lebens unter Feldbedingungen durchschnittlich 40 Eier ablegen, wobei auch bis zu 150 Eier möglich sind (Capinera 2001). Die Larven schlüpfen normalerweise nach 6-10 Tage aus den Eiern. Temperaturen von 15-20 °C oder weniger gelten als optimal für die Eiablage und den Schlupf aus den Eiern.
Die Larven durchlaufen insgesamt drei Larvenstadien. Sie ernähren sich anfangs von den Seitenwurzeln und graben sich im dritten Larvenstadium in die Hauptwurzel ein. Dies dauert im Sommer vier bis sechs Wochen, im Winter aber bis zu drei Monaten. Ausgewachsene Larven verlassen die Wurzeln, um sich im Boden zu verpuppen. Die Puppen befinden sich in der Nähe der Wirtspflanzen in einer Tiefe von 10-15 cm. Wenn junge Puppen einer Temperatur von unter 10 °C ausgesetzt sind, gehen sie in eine Ruhephase (Diapause). Die Dauer des Puppenstadiums beträgt im Sommer etwa 25 Tage, erstreckt sich aber im Winter über mehrere Monate.
Die Möhrenfliege bildet nördlich der Alpen drei Generationen pro Jahr (Kühne et al 2006, Sauer et al. 2012), wobei die zweite Generation meist den grössten Schaden anrichtet. Die Fliegen der zweiten und dritten Generation schlüpfen ab Juli, beziehungsweis ab September. Der Zeitpunkt des Fluges der zweiten und dritten Generation kann sich überschneiden.
Puppen und teilweise auch Larven der dritten Generation bleiben im Boden, beziehungsweise in befallenen Karotten, die auf dem Feld liegengelassen wurden und überwintern hier.

Epidemiologie

Eine kühle Witterung und ein feuchter Boden begünstigen das Auftreten der Möhrenfliege, während ein heisser und trockener Sommer einen Befall weitgehend verhindert.
Die erwachsenen Möhrenfliegen halten sich bevorzugt in schattigen, geschützten Orten auf, wie Hecken oder Maisfelder etc. Da die Fliegen nur kurze Entfernungen zurücklegen können, sollten Parzellen mit angrenzender hoher Vegetation für den Anbau von Karotten gemieden werden

Wirtsspektrum

Die Larven der Möhrenfliege ernähren sich von Doldenblütlern (Apiaceae, Umbelliferae) wie Karotten, Sellerie, Kerbel, Pastinaken, Petersilie und Fenchel (Capinera 2001). Auch doldenblütige Kräuter wie Kümmel und Dill sowie Unkräuter wie die wilde Möhre (Daucus carota) oder der Schierling (Conium maculatum) werden befallen. Die erwachsenen Tiere ernähren sich von den Blüten zahlreicher Pflanzen.

Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung

  • Förderung der natürlichen Gegenspieler der Möhrenfliege: Die Sterblichkeit der Eier, Maden und Puppen sind wichtig für die Entwicklung der Populationen.
  • Fruchtfolge mit einem drei-jährigem Anbauunterbruch von Doldenblütlern; kein Anbau neben Feldern mit Vorjahresbefall; windoffene Lagen (Pflanzenschutzempfehlungen für den Biogemüsebau)
  • Widerstandsfähige Sorten säen.
  • Eine zeitliche Abstimmung von Saat und Ernte mit der Hauptflugphase der Möhrenfliege ist ein wirksames Mittel zur Vermeidung von Schäden. Der Zeitpunkt der Saat muss so gewählt werden, dass der grösste Teil der Hauptflugphase der ersten Generation verpasst wird und die Ernte so geplant werden kann, dass der Flug im Spätsommer vermieden wird.
  • Kulturen mit Kulturschutznetzen abdecken, um das Einfliegen der Möhrenfliegen zu verhindern (zum Beispiel Andermatt Biocontrol).
  • Orange Klebfallen geben Auskunft über das Einsetzen des Fluges und des Flugverlaufs (Andermatt Biocontrol).
  • Während des Hauptflugs Karotten nicht wässern und hacken; nach erfolgter Eiablage kann die Entwicklung der Eier und Larven durch Hacken zwischen den Reihen empfindlich gestört werden (Lichtenhahn et al. 1999).
  • Mit der Ernte möglichst 3-4 Wochen nach Flugbeginn der Möhrenfliegen beginnen (vorausgesetzt die Karotten sind erntereif). Von der Eiablage bis zum Eindringen der Maden in die Hauptwurzel dauert es ungefähr 4 Wochen.
  • Ernte: Karotten vollständig abräumen und/oder Erntereste oberflächlich einarbeiten; befallene Karotten nicht einlagern; Sortierabfälle verfüttern oder kompostieren (Pflanzenschutzempfehlungen für den Biogemüsebau)
  • Zugelassene Pflanzenschutzmittel zum Schutz gegen die Möhrenfliege (Psila rosae) finden sie für die Schweiz unter BLW Pflanzenschutzmittelverzeichnis; für Deutschland in der online Datenbank des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) und für Österreich im Verzeichnis der zugelassenen Pflanzenschutzmittel

Literatur

Bovey R, Baggiolini M, Bolay A, Bovay E, Corbaz R, Mathys G, Meylan A, Murbach R, Pelet F, Savary A, Trivelli G, 1979. La défense des plantes cultivées. Éditions Payot Lausanne: 864 p.

Capinera JL, 2001. Handbook of Vegetable Pests. Academic Press New York: 729 S.

Kühne S, Burth U, Marx P, 2006. Biologischer Pflanzenschutz im Freiland. Eugen Ulmer KG, Stuttgart: 288 S.

Lichtenhahn M, Koller M, van den Berge P, 1991. Krankheits- und Schädlingsregulierung im Biogemüsebau. Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL)

Sauer C, Degen T, Krauss J, Vogler U, 2012. Grundlagen für die Bekämpfung der Möhrenfliege. Merkblatt Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW

Schwarz A, Etter J, Künzler R, Potter C, Rauchstein HR, 1990. Pflanzenschutz im integrierten Gemüsebau. Verlag Landwirtschaftliche Lehrmittelzentrale , 3052 Zollikofen, 321 S.