Kronenrost
rouille couronnée (fr.), crown rust (engl.)
Wissenschaftlicher Name: Puccinia coronata Corda f. sp. lolii P. Syd. & Syd.
Taxonomiek: Fungi, Basidiomycota, Pucciniomycetes, Incertae sedis, Puccinales, Pucciniaceae
Kronenrost (Puccinia coronata f. sp. lolii) kommt in allen Anbaugebieten der Raigräser / Weidelgräser (Lolium sp.) weltweit vor und ist einer der wichtigsten pilzlichen Krankheitserreger dieser Gräser (Potter et al. 1990; Kimbeng 1999). Die P. coronata f. sp. lolii kann den Hafer nicht infizieren. Dieser wird von der f. sp. avenae befallen. Eine Rostinfektion beschleunigt den Alterungsprozess der Blätter und führt zu deren frühzeitigem Tod. Kronenrost vermindert den Ertrag, sowie die Qualität und die Schmackhaftigkeit des Futters. Kranke Pflanzen sind zudem weniger konkurrenzfähig, was in einem Gras- Weisskleebestand zur Dominanz von Weissklee oder zur Ausbreitung von Unkräutern führt. Mit Rost befallene Blätter können von saprophytischen Pilzen besiedelt werden. Solche Pilze produzieren häufig Toxine, die nach dem Verzehr durch die Wiederkäuer gesundheitliche Schäden verursachen können.
Abb. 1. Uredolager von Kronenrost an Wiesenschwingel (Festuca pratensis). An der Blattunterseite bleiben die Pusteln lange von der Epidermis bedeckt.
Abb. 2. Kronenrost (Puccinia coronata) an Wiesenschingel: Uredolager
Abb. 3. Dunkelbraune bis schwarze Teleutosporenlager von Kronenrost an Raigras / Weidelgras, die Lager sind lange von der Epidermis bedeckt
Schadbild
Die ersten sichtbaren Symptome eines Kronenrostbefalls sind helle gelbe Flecken, die sich vereinzelt an den Blättern zeigen. Diese Flecken entwickeln sich zu Uredolagern (Pusteln) mit einer pulverförmigen Masse aus orange farbigen Uredosporen (Abb. 1 und 2).
Die Pusteln sind häufig umgeben von einem gelben Hof. Stark befallene Blätter erscheinen dem Betrachter deshalb als gelb. An der Blattunterseite sind die Pusteln weniger zahlreich. Die Sporenlager bleiben hier zudem längere Zeit von der Epidermis bedeckt, was ihnen ein blasenförmiges Aussehen verleiht.
In den Uredolagern können ab und zu kleine schwarze Punkte beobachtet werden. Dies sind Pyknidien des Hyperparasiten Eudarluca caricis (Fr.) O. Eriks, welcher die Uredosporen parasitiert.
Im Herbst entwickeln sich, vorwiegend an der Blattunterseite, die Teleutosporenlager (Abb. 3). Diese Lager sind dunkelbraun bis schwarz gefärbt, mehrere Millimeter lang, haben eine unregelmässige Form und sind leicht erhöht. Sie sind zudem lange von der Epidermis bedeckt. In den Lagern befinden sich zwei-zellige Teleutosporen.
Krankheitserreger
Die Uredosporen (Abb. 5) sind rundlich bis oval (14-39 x 10-35 µm gross), stachelig und besitzen sechs bis zehn Keimporen, die über die ganze Oberfläche verteilt sind. Am Rande der Lager sind unter dem Mikroskop keulenförmige, sterile Zellen (Paraphysen) erkennbar. Die anderen Lolium bewohnenden Roste besitzen in den Uredolagern keine Paraphysen (Gäumann, 1959). Dieses Merkmal kann deshalb zur Unterscheidung des Kronenrostes von den anderen auf Lolium wachsenden Rostarten beigezogen werden.
Die Teleutosporen sind zwei-zellig, knüppelförmig und 30-60 x 14-20 µm gross (Abb. 5). Sie besitzen charakteristische kronenförmige Fortsätze. Diese gaben der Art den Namen. Die Grösse und Form der Teleutosporen ist sehr variabel, da sie sich dem Raum in den subepidermalen Lagern anpassen. Am Rande der Teleutolager hat es wenige braune, palisadenartige Paraphysen.
Die Spermogonien wachsen im Zentrum von gelblichen Flecken an der Blattoberseite der Blätter des Kreuzdorns (Abb. 4). Sie sind ins Pflanzengewebe eingesenkt, sind kugelig und messen etwa 80-100 µm im Durchmesser. Aus den Spermogonien wachsen bis zu 90 µm lange Empfängnishyphen. Die Spermatien sind einzellig.
An der Blattunterseite des Zwischenwirtes entstehen auf gelbroten, angeschwollenen Flecken die Aecidien. Diese können auch auf hypertrophierten, verkümmerten Blütenteilen und aus jungen Trieben hervorbrechen (Abb. 4). Die Aecidiosporen sind rundlich bis oval: 16-24 µm lang und 13-17 µm breit (Gäumann, 1959).
Abb. 4. Spermogonien (oben) und Aecidien (unten) des Kronenrosts (Puccinia coronata) an den Blättern und Blattstielen von Kreuzdorn (Rhamnus cathartica)
Abb. 5. Uredosporen (oben links), Teleutosporen mit den typischen kronenförmigen Fortsätzen (oben rechts), Pyknidien mit Empfängnishyphen (unten links) und Aecidien mit Aecidiosporen (unten rechts)
Lebenszyklus
Kronenrost ist ein wirtswechselnder Pilz mit vollständigem Lebenszyklus: Während des Sommers wächst der Rostpilz an den Blättern von Gräsern. Er bildet dort massenhaft Uredosporen, die wiederum die Gräser infizieren. Es kommt zu einer epidemieartigen Ausbreitung des Pilzes. Gegen Ende des Sommers entstehen, vorwiegend an der Blattunterseite, zahlreiche kleine schwarze Teleutosporenlager mit den Teleutosporen. Sie überwintern auf dem Pflanzenmaterial und keimen im Frühling mit Basidien. Die Basidien bilden nach einer Meiose je vier haploide Basidiosporen. Diese gelangen auf den Zwischenwirt, den Kreuzdorn (Rhamnus cathartica), keimen dort aus und dringen direkt in das Blatt ein. An der Blattoberseite kommt es zur Bildung von Spermogonien, in denen Spermatien (früher Pyknosporen genannt) und Empfängnishyphen gebildet werden (Abb. 5 und 6). Nach der Befruchtung der Empfängnishyphen durch kompatible Spermatien entwickeln sich auf der Blattunterseite Aecidien, in denen Aecidiosporen wachsen (Abb. 5 und 6). Diese Sporen infizieren nun wiederum den Hauptwirt, die Raigräser / Weidelgräser.
Auf dem Zwischenwirt können durch Genrekombination neue Rassen entstehen. Für die Züchtung von resistenten Raigräsern ist dies ein besonders wichtiger Aspekt.
Kronenrost ist für die Überwinterung nicht unbedingt auf den Zwischenwirt angewiesen. Es wird angenommen, dass er auch in Form von Uredosporen oder als Myzel in lebenden Pflanzen den Winter überdauern kann.
Abb. 6. Entwicklungszyklus des Kronenrostes (Puccinia coronata): An den Blättern der Gräser entstehen Uredosporen (A) und Teleutosporen (B). Nach einer Keimruhe keimen letztere aus mit einer Basidie und je vier Basidiosporen (innerer Kreis B). Basidiosporen befallen den Zwischenwirt Kreuzdorn (Rhamnus cathartica) und bilden dort Spermogonien (C) und Aecidien (D).
Epidemiologie
Eine Infektion durch Uredosporen kommt nur dann zustande, wenn während mehreren Stunden ein Wasserfilm an der Blattoberfläche vorhanden ist. Sonnige Tage und kühle Nächte, mit einer ausgiebigen Taubildung über mehrere Wochen, fördern die Rostentwicklung. Die optimale Temperatur für das Wachstum und die Sporenbildung beträgt 10-20 °C. In der Schweiz erscheinen ab anfangs Juli an den Blättern kleine, lebhaft orangefarbene Lager mit Uredosporen. Während des dritten und vierten Aufwuchses (August bis September) kommt es dann unter idealen Bedingungen zu einer epidemieartigen Ausbreitung des Kronenrostes. Gegen Ende des Sommers werden immer weniger Uredosporen, dafür umso mehr Teleutosporen gebildet. Diese können die Raigräser nicht infizieren, so dass der Herbstaufwuchs häufig schwächer mit Kronenrost befallen ist.
Wirtsspektrum
Puccinia coronata Corda. ist eine Sammelart, die alle Kronenroste (Teleutosporen mit kronenartigen Fortsätzen) mit Spermogonien- und Aecidienbildung auf Arten der Familie der Rhamnaceae umfasst. Es werden zwei Untergruppen unterschieden: eine benutzt als Zwischenwirt den Faulbaum (Frangula alnus = Rhamnus Frangula) die andere den Kreuzdorn (Rhamnus cathartica). Zu letzterer Untergruppe gehören unter anderem die Kronenroste von Hafer, Raigras und Schwingel.
Rostpilze haben eine ausgeprägte Fähigkeit zur physiologischen Spezialisierung. Innerhalb einer Rostart gibt es formae speciales (f. sp.), welche jeweils nur bestimmte Pflanzenarten befallen. Gäumann (1959) unterscheidet bei P. coronata zum Beispiel 14 verschiedene formae speciales (4 innerhalb der Rhamnus Frangula Gruppe, 10 innerhalb der Rhamnus cathartica Gruppe). Die f. sp. avenae befällt den Hafer (Abb. 7) und einige andere Avena Arten, nicht aber die Raigräser / Weidelgräser, welche von der f. sp. lolii infiziert werden. Hauptwirte der Puccinia coronata f. sp. lolii sind Lolium perenne, L. multiflorum und L. boucheanum. Gäumann (1959) erwähnt als Nebenwirte Dactylis glomerata, Festuca arundinacea, F. elatior (=F. pratensis), Holcus lanatus und Phleum pratense.
Eine weitere Spezialisierung innerhalb der formae speciales führt zu den physiologischen Rassen. Rassen unterscheiden sich in ihrer Fähigkeit, Sorten, ja sogar Einzelpflanzen, innerhalb einer Art zu befallen oder eben nicht zu befallen. Spezifische Gene des Rostpilzes bestimmen seine Virulenz und die Interaktion dieser Gene mit spezifischen Genen der Wirtspflanze bestimmt den Infektionstyp auf einer Pflanze oder Sorte. Anhand des Infektionstyps ausgewählter Wirtspflanzen können deshalb Rostrassen identifiziert werden.
Beim Kronenrost des Hafers (P. coronata f. sp. avenae) wurden 290 Rassen unterschieden (Michel und Simons 1977). Eine Identifizierung von Rassen innerhalb der forma specialis lolii, welche Raigräser befallen, ist aufwändig, weil es sich um fremd befruchtende Pflanzen handelt. Aber auch hier muss davon ausgegangen werden, dass zahlreiche verschiedene Rassen vorkommen.
Abb. 7. Puccinia coronata f. sp. avenae befällt den Hafer, nicht aber die Raigräser.
Vorbeugende Bekämpfungsmassnahmen
Wiesen, deren Gräser stark mit Kronenrost befallen sind, sollten häufiger geschnitten oder beweidet werden. Dies verhindert die Bildung von Uredosporen, da durch den Schnitt sporenbildendes Blattmaterial entfernt wird.
Mit einer angepassten Düngung wird ein ausgeglichener Bestand mit einem nicht zu hohen Anteil an Gräsern erreicht. Hier ist die Ausbreitung des Kronenrostes gehemmt.
Die wirksamste Massnahme den Kronenrost zu bekämpfen ist die Verwendung von resistenten Sorten. Schweizer Raigrassorten zeichnen sich aus durch gute Resistenzen gegen die in der Schweiz vorkommenden Rassen des Kronenrostes (Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen (für die Schweiz).
Literatur
Gäumann E, 1959. Beiträge zur Kryptogamenflora der Schweiz (Band XII): Die Rostpilze Mitteleuropas, Büchler und Co. 1407 S.
Kimbeng CA, 1999. Genetic basis of crown rust resistance in perennial ryegrass, breeding strategies, and genetic variation among pathogen populations: a review. Australian Journal of Experimental Agriculture 39: 361-78.
Michel LJ und Simons MD, 1977. Aggressiveness and virulence of Puccinia coronata avenae isolates, 1971-1975. Plant Dis. Reptr. 61, 621-625.
Potter LR, Cagas B, Paul VH und Birckenstaedt E, 1990. Pathogenicity of some European Collections of Crown Rust (Puccinia coronata Corda) on Cultivars of Perennial Ryegrass. J. Phytopathology 130,119-126.