Maiszünsler
pyrale du maïs (franz.), European corn borer (engl.)
Wissenschaftlicher Name: Ostrinia nubilalis Hübner
Taxonomie: Arthropoda, Insecta, Lepidoptera, Pyraloidea, Crambidae
Der Maiszünsler war ursprünglich in Europa heimisch, wo er auf verschiedenen Pflanzenarten wie Hirse, Hanf, Hopfen oder Beifuss lebte. Er wurde zwischen 1910 und 1920 nach Nordamerika verschleppt (der englische Name European corn borer deutet darauf hin) und wurde nicht nur dort, sondern weltweit zu einem wichtigen Schädling im Maisanbau.
Die Raupen fressen in den Stängeln und im Kolben. Dadurch entstehen Ertragseinbussen durch Stängelbruch und durch die Störung der Nährstoffeinlagerung in die Kolben. Die Frassspuren sind auch Einfallstore für Schimmelpilze. Diese finden im Innern des Maisstängels und im Kolben ideale Entwicklungsmöglichkeiten. Es siedeln sich auch Fusarium Arten an, die extrem giftige Stoffwechselprodukte (Mykotoxine) bilden. Mit Maiszünsler befallene Maispflanzen sind deshalb stärker mit Mykotoxinen belastet als solche aus zünslerfreien Beständen.
Die biologische Bekämpfung des Maiszünslers mit Schlupfwespen (Trichogramma brassicae) hat sich in der Schweiz bewährt.
Abb. 1. Aufgrund einer intensiven Frasstätigkeit der Maiszünslerlarven (Ostrinia nubilalis) brechen die Maisstängel
Abb. 2. Schadsymptom des Maiszünslers: Bohrloch mit Bohrmehl, das sich in den Blattachseln ansammelt (unten)
Schadbild
Erste Anzeichen eines Befalls sind quer zur Blattachse verlaufende „Nadelstichreihen" an den oberen Blättern, verursacht durch Lochfrass der Junglarven. Auch sind einzelne Fahnen oder obere Stängelabschnitte geknickt. Später können die Pflanzen auch unterhalb des Kolbens brechen (Abb. 1). Unterhalb der Bruchstelle befinden sich 3-4 mm grosse Bohrlöcher mit Bohrmehl, das sich in den Blattachseln ansammelt (Abb. 2). In den befallenen Stängeln sind breite Bohrgänge sichtbar (Abb. 3). Die Larven orientieren sich bei ihrem Frass nach unten, in Richtung Pflanzenwurzel. Dabei werden die Stängelknoten durch Verlassen des Stängels und erneutes Wieder-Einbohren unterhalb des Knotens umgangen. Die Larven dringen auch durch die Lieschen in junge Kolben und fressen dort an den sich entwickelnden Maiskörnern.
Schädling
Nach der Paarung kleben die Maiszünslerfalter ihre weissen Eier an die Blattunterseite, in Gelegen von 15 bis 35 Eiern in einer dachziegelartigen Anordnung. Das einzelne Ei ist schildförmig und etwa 1 mm gross.
Die Raupen sind gelbbräunlich gefärbt, bis zu 3 cm lang und haben eine schwarzbraune Kopfkapsel (Abb. 3). Jedes Segment hat 6 dunkelbraune Warzen.
Die Falter sind braun, die Vorderflügel sind von gelbbraunen, gezackten Querstreifen durchzogen (Abbildung siehe Lepiforum). Die männlichen Maiszünsler sind dunkler gefärbt als die weiblichen. Die Flügelspannweite erreicht 2.5 bis 3 cm.
Innerhalb der Maiszünslerpopulation sind zwei unterschiedliche Rassen (E und Z) bekannt. Jede dieser Rassen reagiert auf unterschiedliche Sexualpheromone. Die E-Rasse besiedelt Beifuss, Kartoffeln, Sonnenblumen, Hopfen und Mais. Die Z Rasse ist sehr einseitig auf Mais spezialisiert.
Abb. 3. Maiszünslerraupe (Ostrinia nubilalis) im Innern eines Maisstängels
Lebenszyklus
Die Raupen überwintern in einem selbst gesponnenen Kokon in Maisstoppeln oder anderen Ernterückständen. Im Frühjahr verpuppen sie sich zu einer dunkelbraunen Puppe. Ab Mitte Juni schlüpft der fertig entwickelte Falter. Er ist nachtaktiv und legt nach der Paarung seine Eier an die Unterseite von höher gelegenen Maisblättern. Die Flugperiode und Eiablage kann bis Ende August andauern, wobei die meisten Eier im Juli abgelegt werden. Nach 1-2 Wochen schlüpfen die jungen Raupen und ernähren sich zunächst von Blättern und Staubbeuteln (Häni et al. 2008). Nach einer zweiten Häutung bohren sie sich in Stängel oder Kolben und verursachen das oben beschriebene Schadbild. Die Raupen fressen im Stängel nach unten in Richtung Wurzel. Am Ende ihrer Entwicklung angelangt, verbringen die Larven den Rest der Saison in der Stängelbasis und überwintern dort.
In der Schweiz entwickelt der Maiszünsler meistens nur eine Generation pro Jahr (univoltin). In wärmeren Gegenden läuft die Entwicklung jedoch rascher ab, so dass noch im gleichen Jahr eine zweite Generation (bivoltin) schlüpfen kann. In der Region am Genfersee konnte seit 2002 eine solche bivoltine Form des Pheromontyps Z beobachtet werden (Derron et al. 2009). Diese Form hat nach der Winterruhe eine kürzere Entwicklungszeit.
Wirtsspektrum
Die Larven des Maiszünslers fressen vor allem an Mais, daneben aber auch an Hanf, Hirse, Hopfen, Beifuss, Soja und sogar an Paprika. Über 200 Pflanzenarten zählen zum Wirtspflanzenspektrum.
Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung
- Die Raupen des Maiszünslers überwintern in Pflanzenresten und Wurzeln. Hier setzt denn auch die mechanische Bekämpfung an: Die auf dem Feld verbleibenden Maisreste werden bei diesem Verfahren bis spätestens Ende April gut zerkleinert und tief untergepflügt. Da die Zünsler auch ins Nachbarfeld fliegen können, sollten alle Landwirte einer Region diese Massnahme durchführen. In den bodenschonenden, pfluglosen Anbauverfahren (z.B. Mulchsaat) sollte das Maisstroh sorgfältig gemulcht und geschlegelt werden (auf weniger als 5 cm).
- Ebenso kann eine frühe Ernte und ein tiefes Schneiden von Silomais die Anzahl überwinternder Raupen vermindern. Die meisten Raupen fressen zu diesem Zeitpunkt noch in höheren Stängelteilen und werden deshalb bei der Ernte zusammen mit den Maispflanzen vom Feld entfernt und siliert.
- Der Anbau von standfesten Sorten (Sortenliste Schweiz) vermindert die indirekten Schäden.
- Unterwuchs im Mais fördert räuberische Insekten und vermindert dadurch den Befall durch Maiszünsler, weil die Raubinsekten viele Larven des Schädlings fressen (Häni et al. 2008).
- Maiszünsler können auch direkt bekämpft werden. Bevor ein solcher Schritt geplant wird, müssen Kontrollen in den Maisfeldern die Massnahme rechtfertigen. Auch sollten die Empfehlungen der amtlichen Stellen beachtet werden, da der einzelne Landwirt die aktuelle Situation und den Bekämpfungstermin nur schwer beurteilen kann. Die Bekämpfungsschwelle für Massnahmen im Mais ist in der Schweiz erreicht, wenn im Vorjahr auf Nachbarfeldern 10 bis 20 % (bei Körnermais), beziehungsweise 20 bis 30 % (bei Silomais) der Pflanzen befallen waren (in mehreren Feldern an je 10 Stellen fortlaufend 5 Pflanzen kontrollieren) (siehe auch Agridea, Datenblätter Ackerbau).
- Eine biologische Bekämpfung des Maiszünslers ist mit dem Einsatz der Schlupfwespe Trichogramma brassicae gut möglich. Dieser Ei-Parasit legt seine eigenen Eier in die Eigelege des Maiszünslers ab. Die Wespenlarven schlüpfen und fressen die Zünsler-Eier, verpuppen sich und entwickeln sich schließlich zu neuen Wespen.Trichogramma Wespen sind im Handel erhältlich (Agroline, Andermatt Bioconrol).
- Auch eine Spritzung mit einem Bacillus thuringiensis Präparat kann Schäden durch den Maiszünsler verhindern. Die aufgesprühten Bakterien werden von den Raupen mit dem Frass des Blattgewebes aufgenommen. Im Darm vermehren sich die Bakterien und produzieren giftige Eiweisse (Bt-Toxine sind nur für das Insekt giftig). Dadurch stirbt der Zünsler ab. Bt-Präparate sind im Handel erhältlich, siehe in den Pflanzenschutzmittelverzeichnissen der entsprechenden Länder.
- Für die chemischen Bekämpfung des Maiszünslers sind verschiedene Produkte bewilligt: Für die Schweiz im BLW Pflanzenschutzmittelverzeichnis (Bundesamt für Landwirtschaft); für Deutschland in der online Datenbank des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) und für Österreich im Pflanzenschutzmittelregister des BAES (Bundesamt für Ernährungssicherheit). Für den Bekämpfungserfolg ist es äusserst wichtig, dass die Behandlung erfolgt, solange sich die Raupen noch nicht eingebohrt haben. Dies dauert nur zwei bis drei Tage. Insektizide treffen jedoch nicht nur die Maiszünslerlarven, sondern auch die Nützlinge.
- Eine neue Strategie gegen den Maiszünsler bietet die Gentechnik mit der Bereitstellung von gentechnisch veränderten Maissorten. Diese sogenannten Bt-Maissorten können das giftige Eiweiss des Bacillus thuringiensis (Bt-Toxin) selber produzieren. Damit werden die Zünslerlarven auch im Innern des Stängels angegriffen und abgetötet. In der Schweiz sind keine Bt-Maissorten zugelassen (GVO-Moratorium in der Landwirtschaft in der Schweiz).
Literatur
Derron JO, Goy G, Breitenmoser S, 2009. Caractérisation biologique de la race de la pyrale du maïs (Ostrinia nubilalis) à deux générations présente dans le Bassin lémanique. Revue Suisse Agric. 41 (3): 179-184.
Häni FJ, Popow G, Reinhard H, Schwarz A, Voegeli U, 2008. Pflanzenschutz im nachhaltigen Ackerbau. Edition LMZ, 7. Auflage. 466 S.