Titelbild Pflanzenkrankheiten - Schädlinge

Pflanzenkrankheiten und Schädlinge

Blatt- und Spelzenbräune (Septoria nodorum)

Blatt- und Spelzenbräune des Weizens

septoriose de l'épi (franz.); leaf and glume blotch, septoria nodorum blotch (SNB) of wheat (engl.)

wissenschaftlicher Name*: Phaeosphaeria nodorum (E. Müll.) Hedjar. (sexuelle Fortpflanzungsform)
Synonym der sexuellen Fortpflanzungsform: Leptosphaeria nodorum E. Müller,
Synonyme der asexuellen Fortpflanzungsform: Stagonospora nodorum (Berk.) E. Castell. & Germano, Septoria nodorum (Berk.) Berk., Septoria glumarum Pass.
* Phaeosphaeria nodorum ist der gültige Name des Blatt- und Spelzenbräune-Erregers. Trotzdem ist Septoria nodorum immer noch der am meisten verwendete Name dieser Weizenkrankheit.

Taxonomie: Fungi, Ascomycota, Dothideomycetes, Pleosporomycetidae, Pleosporales, Phaeosphaeriaceae

Die Blatt- und Spelzenbräune des Weizens ist eine Krankheit, die in Jahren mit regenreichen Sommermonaten epidemisch auftritt. Der Erreger kommt u. a. in Deutschland, Holland, Frankreich, Grossbritannien und den USA vor. Die eigentlichen Weizenanbaugebiete der deutschen und welschen Schweiz mit relativ trockenen Sommern sind von der Blatt- und Spelzenbräune weniger betroffen. Nur in nassen Sommern kann die Krankheit auch hier schädlich werden. In den Berggebieten erfolgt der Befall meistens zu spät, um gefährlich zu werden. Das Ausmass der Schäden hängt stark von der Witterung zwischen Blüte und Ernte ab sowie vom Zeitpunkt und der Stärke des ersten Befalls. Befallene Blätter bilden weniger Kohlenhydrate, so dass die Körner nicht mehr richtig gefüllt werden. Dies kann den Kornertrag um bis zu 53 % reduzieren (Eyal et al. 1987).

Blatt- und Spelzenbräune (Septoria nodorum) Weizen
Blatt- und Spelzenbräune (Septoria nodorum) Weizen
Blatt- und Spelzenbräune (Septoria nodorum) Weizen
Blatt- und Spelzenbräune (Septoria nodorum) WeizenAbb. 1. Blatt- und Spelzenbräune des Weizens (Septoria nodorum)

Abb. 2. Blatt- und Spelzenbräune des Weizens (Septoria nodorum)

Krankheitsbild

Krankheitssymptome können während der ganzen Vegetationszeit an allen oberirdischen Pflanzenteilen auftreten (Abb. 1 und 2): an Blättern, Blattscheiden, Halmen, Ähren und (wie es der Name S. nodorum bereits sagt) auch an den Halmknoten. Erste kleine, gelbliche Flecken entstehen bereits während des Schossens auf den untersten Blättern, speziell auf denjenigen mit Kontakt zum Boden. Die Flecken entwickeln sich zu grösseren, ovalen bis spindelförmigen, rotbraunen Nekrosen, die von einem gelbgrünen Hof umgeben sind. Im Zentrum der Nekrosen erkennt man zum Teil noch die Infektionsstellen in Form von dunkelbraunen Punkten (Obst und Gehring 2004). Oft erscheinen die ersten Verbräunungen am Blattgrund, von wo sie sich auf das ganze Blatt und die Blattscheide ausdehnen. Der Pilz breitet sich normalerweise von den unteren nach den oberen Blättern aus, inklusive Blattscheiden und Fahnenblatt. Befallene Halmknoten beginnen zu faulen, was oft zum Knicken der Halme führt.
Schliesslich werden auch die Hüll- und Deckspelzen der Ähren von der Spitze oder vom Rand her befallen. Dies kann in einem nassen Frühsommer bereits zur Zeit der Blüte der Fall sein. Die ersten Symptome an den Spelzen sind violette oder braune Verfärbungen. Der gesunde Spelzenteil ist vom kranken Gewebe durch eine deutlich erkennbare dunkelbraune Zone getrennt. Die Flecken vergrössern sich und dringen gegen die Ansatzstelle der Spelze und zur Ährenspindel vor. Dabei werden die Gefässe, welche die sich entwickelnden Körner versorgen, geschädigt.
Innerhalb der Blattflecken und an befallenen Spelzen, eingesenkt im abgestorbenen Pflanzengewebe, bilden sich nach feuchter Witterung kugelige, hellbraune Fruchtkörper (die Pyknidien). Bei hoher Luftfeuchtigkeit entlassen diese eine rosafarbige, schleimige Ranke (bei Lupenbetrachtung gut sichtbar) bestehend aus tausenden von in einem Gel eingebetteten Pyknosporen (Abb. 3).
Ist das Saatgut mit S. nodorum befallen, hat dies einen lückenhaften und ungleichmässigen Feldaufgang zur Folge: Die Keimlinge sind verkümmert und haben braune Keimscheiden (Häni et al. 2008).

Verwechslungsmöglichkeiten

An Weizenblättern kommen neben der Blatt- und Spelzenbräune oft gleichzeitig auch andere Erreger vor, die ähnliche Flecken und Verfärbungen verursachen: die Septoria-Blattdürre (Septoria tritici), die DTR-Blattdürre (Pyrenophora tritici-repentis) oder Ascochyta spp. (Didymella spp.). S. tritici Flecken sind eher länglich und seitlich von den Blattnerven begrenzt, so dass die Flecken oft parallel verlaufende Seiten haben. Blattflecken, verursacht durch S. nodorum, sind dagegen mehr oval oder spindelförmig. Eine eindeutige Unterscheidung dieser vier Blattfleckenerreger aufgrund der Symptome ist schwierig und erst anhand der Fruchtkörper mit einem Mikroskop möglich. Blattflecken, verursacht durch S. tritici, enthalten auf beiden Blattseiten schwarze Fruchtkörper (Pyknidien), während die Flecken, welche von S. nodorum verursacht werden, honigbraune, etwas grössere Fruchtkörper aufweisen. Die Pyknosporen von S. tritici sind länglich und dünn, diejenigen der S. nodorum kürzer und dicker (nur mit einem Mikroskop sichtbar). P. tritici-repentis bildet keine Fruchtkörper, sondern grosse Konidien auf langen Trägern.
Das Erkennen des vorherrschenden Blattfleckenerregers ist für die Wahl der richtigen Sorte wichtig, da verschiedene Resistenzgene die Abwehr gegen die drei Krankheitserreger kontrollieren.

Pathogen

Phaeosphaeria nodorum bildet sexuelle Fortpflanzungsformen, sogenannte Pseudothecien, die einen Durchmesser von 120-200 µm (Eyal et al. 1987) haben. Sie enthalten zahlreiche keulenförmige Asci mit je acht Ascosporen. Letztere sind gerade bis leicht gekrümmt und haben drei Septen (vierzellig), wobei die vorletzte Zelle die grösste ist. Ascosporen sind 4-6 µm x 23-32 µm gross.
Die Pyknidien (asexuelle Fortpflanzungsform) der Septoria nodorum (Stagonospora nodorum) sind 160-210 µm gross (Eyal et al. 1987), kugelig und haben eine Öffnung (Ostiolum) (Abb. 4). In diesen Fruchtkörpern werden massenhaft Pyknosporen gebildet. Diese sind farblos, gerade oder leicht gekrümmt, 15-32 µm lang, 2-4 µm breit, haben 0-3 Septen und sind an den Enden abgerundet (Abb. 5). Nach Eyal et al (1987) existieren auch Mikropyknosporen (3-6 x 0.7-1 µm), welche den Weizen ebenfalls infizieren können.

Blatt- und Spelzenbräune (Septoria nodorum) Weizen Pyknidien
Blatt- und Spelzenbräune (Septoria nodorum) Weizen Pyknidien mit PyknosporenAbb. 3. Septoria nodorum: Bei hoher Luftfeuchtigkeit entlassen die Pyknidien eine rosafarbige, schleimige Ranke bestehend aus tausenden, in einem Gel eingebetteten Pyknosporen

Blatt- und Spelzenbräune (Septoria nodorum), Weizen, Pyknidien mit PyknosporenAbb. 4. Pyknidien der Septoria nodorum mit Pyknosporen

Blatt- und Spelzenbräune (Septoria nodorum), Weizen, PyknosporenAbb. 5. Pyknosporen der Septoria nodorum, Verursacher der Blatt- und Spelzenbräune des Weizens

Lebenszyklus

S. nodorum überdauert die Zeit zwischen Ernte und Aussaat der neuen Weizenkultur (Spätsommer bis Herbst / Winter) im Saatgut oder saprophytisch auf Strohresten an der Bodenoberfläche. Sobald die Umweltbedingungen für den Pilz günstig werden, bildet er Pyknidien (asexuelle Fruchtkörper) mit Pyknosporen, welche junge Weizenpflanzen in der näheren Umgebung infizieren können. Weizen als Vorfrucht erhöht deshalb das Risiko eines Befalls. Auf den befallenen Ernterückständen entsteht im Herbst auch das sexuelle Stadium, die Phaeosphaeria nodorum, mit den Fruchtkörpern (Pseudothecien), den Asci und Ascosporen. Die Ascosporen werden aus den Asci geschleudert und gelangen mit Hilfe des Windes auf junge Weizenpflanzen. Im Gegensatz zu den Pyknosporen können die Ascosporen auch über mehrere Kilometer verbreitet werden (Obst und Gehring 2004). Befallenes Stroh kann auch im folgenden Frühjahr (nach einer Überwinterung) als Infektionsquelle dienen. Nebenwirte wie Gerste, Roggen oder Wildgräser übertragen den Parasiten ebenfalls von einer Weizenkultur auf die nächste. Dies scheint aber in der Praxis eine eher untergeordnete Rolle zu spielen. Viel wichtiger ist die oben erwähnte Übertragung mit dem Saatgut.
Im Frühjahr erfolgt die weitere Ausbreitung im Weizenbestand über Pyknosporen. Diese werden als Schleimranken aus den Pyknidien herausgepresst. In den Ranken sind die Sporen eingebettet in einem Gel bestehend aus Proteinen und Kohlenhydraten. Das Gel schützt die Sporen vor Austrocknung und verhindert deren frühzeitige Keimung. Durch Regentropfen werden die Pyknosporen auf höher liegende, gesunde Blätter befördert.
Bei genügend Blattfeuchte keimen die Pyknosporen mit Keimschläuchen, die zu Hyphen auswachsen. Letztere bilden auf der Blattoberfläche Haftorgane, sogenannte Appressorien. An deren Unterseite werden Penetrationshyphen gebildet, die direkt durch die Kutikula und die Epidermiszellwand ins Blattgewebe eindringen. Von dort wächst der Erreger in die Mesophyllzellen und tötet diese ab. Auch eine Infektion durch Spaltöffnungen (ohne Appressorienbildung) wurde schon beobachtet.
Die Kutikula und die Zellwände werden von S. nodorum enyzmatisch aufgelöst und dann durchstossen. S. nodorum bildet für diesen Zweck verschiedene Enzyme: Polygalacturonasen, Xylanasen und Zellulasen. Die von S. nodorum gebildeten Phytotoxine Mellein und Septorin, spielen bei der Entwicklung der Krankheit ebenfalls eine Rolle (Eyal 1999).

Epidemiologie

  • Eine Epidemie geht von befallenen Ernterückständen auf der Bodenoberfläche und / oder von infiziertem Saatgut aus. Infizierte Pflanzenrückstände auf dem Boden können während längerer Zeit (zwei Jahre oder länger) eine Primärquelle für Inokulum in Form von Pyknosporen oder Ascosporen sein.
  • Nasses (längere Regenperioden), aber nicht zu kaltes Wetter fördert die Ausbreitung der Krankheit. Für eine erfolgreiche Infektion muss das Weizenblatt während sechs Stunden feucht sein bei mindestens 7 °C (optimal 20 bis 25 Grad). Die Zeit zwischen Infektion und Auftreten der ersten Krankheitssymptome (Inkubationszeit) dauert 7-14 Tage bei 22-24 °C (Eyal et al. 1987).
  • Die Pyknosporen werden durch Regenspritzer vertikal in höhere Blattetagen bis zur Ähre transportiert. Nach Regenschauern ist deshalb mit einem Infektionsschub zu rechnen, bei starken Gewittern können sogar mehrere Blattetagen gleichzeitig infiziert werden.
  • Je nach Sorte gestaltet sich die Ausbreitung unterschiedlich: Langstrohige und spätreifende Sorten werden weniger befallen als kurzstrohige und frühreife Sorten. Ein Lagern des Getreidebestandes oder eine starke Halmverkürzung begünstigen über eine Veränderung des Bestandesklimas sowie eine Verkürzung der Infektionswege die epidemische Vermehrung.
  • Eine Schwächung der Blätter durch unsachgemäße Düngungs- oder Herbizidmassnahmen sowie durch Befall mit anderen Blattparasiten (echter Mehltau) beschleunigen die Entwicklung des Erregers.
  • Erfolgt der Befall der Ähre während der Blüte, können zum Zeitpunkt der Milchreife die Ährenspindeln schon so stark geschädigt sein, dass die Assimilate nicht mehr zu den Körnern gelangen. Dadurch schrumpfen die Körner, werden runzelig und bleiben leicht (Schiffchen-Weizen).

Wirtsspektrum

S. nodorum kommt in der Schweiz hauptsächlich an Weizen (Triticum aestivum) vor, seltener an Roggen (Secale cereale), Gerste (Hordeum vulgare), Triticale sowie an zahlreichen Gräsern.
Weizensorten unterscheiden sich in ihrer Anfälligkeit gegenüber S. nodorum. Der Erreger breitet sich auf den verschiedenen Sorten unterschiedlich rasch aus. Auch gibt es Unterschiede in der Anfälligkeit der Blätter einerseits und den Ähren andererseits: Die Blätter einer bestimmten Sorte weisen nicht immer den gleichen Resistenzgrad auf wie die Ähren. In der Liste der für die Schweiz empfohlenen Getreidesorten wird deshalb zwischen Blatt- und Ährenresistenz unterschieden.

Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung

  • Eine sorgfältige Einarbeitung von Ernterückständen: Auf befallenen Strohresten kann S. nodorum die Zeit zwischen den Weizenkulturen überdauern (als Hauptfruchtform oder saprophytisch in der Nebenfruchtform) und gefährdet dadurch die Neuansaaten im Herbst. Auch auflaufendes Ausfallgetreide muss beseitigt werden.
  • Weizensorten wählen, deren Blätter und Ähren wenig anfällig sind (Schweiz: Liste der empfohlenen Getreidesorten; Deutschland: Sortenliste des Bundessortenamtes; Österreich: Österreichische beschreibende Sortenliste): Langstrohige und spätreifende Sorten werden weniger befallen.
  • Nur gesundes, zertifiziertes Saatgut verwenden; Saatgut nicht in Befallslagen produzieren
  • Weniger Weizenanteil in der Fruchtfolge, nicht zu früh und nicht zu dicht säen
  • Verzicht auf Halmverkürzer
  • Zurückhaltung in der N-Düngung, um ein Lagern des Weizens zu verhindern.
  • Eine direkte Bekämpfung mit chemischen Pflanzenschutzmitteln ist möglich. In der Schweiz sind Betriebe, die gemäss dem ökologischen Leistungsnachweis (ÖLN) wirtschaften, verpflichtet, Pflanzenschutzmittel nur gemäss dem Schadschwellenprinzip anzuwenden. Schadschwellen, beziehungsweise Bekämpfungsschwellen, geben einen Anhaltspunkt, bei welcher Dichte eine Bekämpfung mit Pflanzenschutzmitteln erfolgen soll und wirtschaftlich sinnvoll ist. Die Bekämpfungsschwelle für Blattflecken an Weizen, Triticale und Roggen ist in der Schweiz wie folgt festgesetzt (Agridea, Datenblätter Ackerbau): Während der Entwicklungsstadien 37 (Fahnenblattspitze sichtbar) bis 51 (Beginn Ährenschieben) wird jeweils das 4. oberste Blatt von 100 Halmen ausgezählt. Blattflecken verursacht durch Septoria Arten (S. nodorum und S. tritici) und DTR Blattdürre (Drechslera tritici-repentis) werden zusammengezählt. Die Bekämpfungsschwelle ist erreicht, falls 20 Blätter (= 20%) befallen sind.
  • Empfohlene und zugelassene Pflanzenschutzmittel gegen die Blatt- und Spelzenbräune finden sie für die Schweiz im BLW Pflanzenschutzmittelverzeichnis (Bundesamt für Landwirtschaft); für Deutschland in der online Datenbank des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) und für Österreich im Pflanzenschutzmittelregister des BAES (Bundesamt für Ernährungssicherheit).

Literatur

Agridea, 2021. Datenblätter Ackerbau. AGRIDEA, CH-8315 Lindau (Bekämpfungsschwellen)

Eyal Z, Scharen AL, Prescott JM, van Ginkel M, 1987. The Septoria diseases of wheat: Concepts and methods of disease management. Mexico, D.F.: CIMMYT.

Eyal Z, 1999. The septoria tritici and stagonospora nodorum blotch diseases of wheat. European Journal of Plant Pathology 105: 629-641.

Häni FJ, Popow G, Reinhard H, Schwarz A, Voegeli U, 2008. Pflanzenschutz im nachhaltigen Ackerbau. Edition LMZ, 7. Auflage. 466 S.

Obst A, Gehring K, 2004. Getreide - Krankheiten Schädlinge, Unkräuter. Verlag Th. Mann: 256 S.