Pulverschorf
gale poudreuse (franz.); powdery scab (engl.)
wissenschaftlicher Name: Spongospora subterranea f.sp. subterranea (Wallr.) Lagerh.
Taxonomie: Chromista, Rhizaria, Retaria, Endomyxa, Phytomyxea, Plasmodiophorida, Plasmodiophoridae
Spongospora subterranea ist der Erreger von Pulverschorf an Kartoffeln. Die Krankheit kommt vor allem unter kühlen und feuchten Umweltbedingungen vor. Das auffälligste Symptom sind Pusteln, die mit einer trockenen, pulverförmigen Masse von Dauersporen gefüllt sind. Zur Zeit der Ernte platzen die Pusteln auf und setzen die Sporen frei. Es bleiben kraterförmige Hohlräume zurück, die von den Überresten der Schale begrenzt sind. Die Dauersporen bleiben im Boden bis zu 6 Jahre lebensfähig. Die Einhaltung einer weiten Fruchtfolge und die Verwendung von gesundem, zertifiziertem Pflanzgut sind deshalb wichtige vorbeugende Massnahmen. S. subterranea ist ein Überträger des Mop-Top Virus.
Bedeutung
Mit Pulverschorf befallene Kartoffeln werden als Pflanzgut zurückgewiesen und können wegen dem schorfigen Aussehen auch nicht vermarktet werden. Ausserdem trocknen befallene Kartoffeln während der Lagerung aus und schrumpfen. Sie bieten vielen Fäulnispilzen günstige Infektionsbedingungen.
Spongospora subterranea ist ein Überträger der Mop-top Viruskrankheit. Das Virus verursacht braune Ringe von einem bis fünf Zentimetern Durchmesser an der Knollenoberfläche und im Knolleninnern (Merz et al. 2009).
Abb. 1. Pulverschorf (Spongospora subterranea)
Abb. 2. Mit Pulverschorf (Spongospora subterranea) befallene KartoffelnKrankheitssymptome
Pulverschorf verursacht an der Knollenoberfläche violett-braune, in der Regel kreisförmige Pusteln. Die Pusteln sind klein und messen im Durchmesser 0.2 bis 5 mm; manchmal dehnen sie sich in die Tiefe und Breite aus. Die Pusteln füllen sich mit einer trockenen, pulverförmigen Masse von Dauersporen (Sporenbälle, die aus vielen Einzelsporen bestehen) (Abb. 1 und 2).
Später platzen die Pusteln auf und setzen die pulverförmigen Sporenbälle frei (Abb. 3). Es bleiben kraterförmige Hohlräume zurück, deren Rand häufig mit nach oben gewölbter Kartoffelschale begrenzt ist (Radtke und Rieckmann, 1990).
Wurzeln und Ausläufer der Kartoffelpflanzen können ebenfalls infiziert werden, was zur Entwicklung von weissen Gallen (die sich an der Luft schwarz verfärben) mit einem Durchmesser von 1 bis 10 mm führt.
Beschreibung des Krankheitserregers
Die Gattung Spongospora gehört zur Familie der Plasmodiophoridae, die kürzlich von den Pilzen in das Reich der Chromista verschoben wurde. Ein anderes wichtiges Pathogen dieser Familie ist Plasmodiophora brassicae, der Erreger der Kohlhernie an Raps.
S. subterranea ist ein obligater biotropher Parasit, der in den Wirtszellen Sporenbälle (auch Cystosori oder Sporosori genannt) bildet (Abb. 3). Die Sporenbälle sind meist schwammig, oft hohl, oder mit zahlreichen unregelmäßigen Kanälen und Öffnungen versehen. Sie sind 19-85 µm gross, oval oder unregelmässig geformt (Stevenson et al. 2001). Ein Sporenball besteht aus 500-1000 dickwandigen Einzelsporen, die einen Durchmesser von 3.5-4.5 µm haben. Unter dem Mikroskop betrachtet haben die Sporenbälle ein weisses pudriges Aussehen.
Primäre und sekundäre Zoosporen sind 2.5-4.6 µm gross und haben zwei peitschenartige Geisseln von ungleicher Länge (4.4-13.7 µm).
Lebenszyklus
Pulverschorf überlebt im Boden in Form von Dauersporen (zusammengesetzt aus vielen Einzelsporen), die bis zu 6 Jahre lebensfähig bleiben (Stevenson et al. 2001). Sie können sogar einen Durchgang durch den Verdauungstrakt von Tieren überleben.
Jede der 500 bis 1000 Einzelsporen einer Dauerspore keimt und setzt eine einzelne primäre Zoospore frei, welche die äusseren Pflanzenzellen (Epidermiszellen) von Wurzelhaaren, Wurzeln, Stolonen und Knollen direkt infizieren. In der Wirtszelle bildet sich ein mehrkerniges Plasmodium, das sich später zu zahlreichen Zoosporangien weiterentwickelt. Diese wiederum entlassen sekundäre Zoosporen, die die Wirtszellen verlassen und einen weiteren Infektionszyklus einleiten. Unter günstigen Umweltbedingungen können mehrere Generationen von sekundären Zoosporen gebildet werden.
Unter bestimmten noch nicht geklärten Bedingungen können sowohl primäre als auch sekundäre Zoosporen mit einer anderen abweichenden Zoospore verschmelzen und eine Zygote (diploid) bilden. Diese Zygote infiziert dann die Knolle oder die Wurzel und bildet ein einzelliges Plasmodium. Das Plasmodium vermehrt sich, durchläuft schließlich eine Meiose und bildet einen Sporenball oder Sporosori, der die ruhenden Einzelsporen enthält.
Pulverschorf entwickelt sich am besten unter kühlen und feuchten Bedingungen. Insbesondere ist für die Zoosporen freies Wasser erforderlich, um eine Wirtspflanze zu finden.
Wirtsspektrum
Spongospora subterranea ist weltweit zu finden und befällt ausser Kartoffeln (Solanum tuberosum) auch andere Knollen bildende Solanum Arten, sowie Paprika (Capsicum annuum), Stechapfel (Datura stramonium), Tomate (Lycopersicon esculentum), Bauerntabak (Nicotiana rustica) und Schwarzer Nachtschatten (Solanum nigrum).
Vorbeugende Bekämpfungsmassnahmen
- Eine gut durchdachte Fruchtfolge und eine Anbaupause von mindestens 6 Jahren einhalten.
- Gut drainierte Böden ohne Staunässe und eine angemessene Bewässerung können die Kartoffeln vor Pulverschorf schützen
- Kartoffelfelder unbedingt frei von Befall halten: Das heisst nur gesundes zertifiziertes Pflanzgut verwenden, keine mit Dauersporen verseuchte Erde in Böden ohne Befall verschleppen, Werkzeuge und Maschinen desinfizieren.
- Keine Hofdünger auf das Feld ausbringen, wenn die Tiere mit pulverschorfigen Knollen gefüttert wurden. Untersuchungen haben gezeigt, dass Dauersporen des Pulverschorfs einen Durchgang durch den Verdauungstrakt von Tieren überleben.
- Wenig anfällige oder resistente Sorten pflanzen. Besonders dann, wenn der Boden mit Dauersporen des Pulverschorfs kontaminiert ist (Schweizer Sortenliste für Kartoffeln).
- Stechapfel und schwarzer Nachtschatten sind ebenfalls Wirtspflanzen des Pulverschorfs. Diese Unkräuter sollten aus Kartoffelfeldern entfernt werden.
Literatur
Merz U, Schwaerzel R, Keiser A, 2009. Der Pulverschorf der Kartoffel. Kartoffelbau 8: 324-328.
Radtke W, Rieckmann W, 1990. Krankheiten und Schädlinge der Kartoffel. Verlag Th. Mann, Gelsenkirchen-Buer, 167 S.
Stevenson WR, Loria R, Franc GD, Weingartner DP, 2001. Compendium of Potato Diseases, second edition. The American Phytopathological Society, St. Paul: 106 S.