Kolbenfäule (Fusarium spp.)

Stängel- und Kolbenfäule an Mais

fusariose du maïs (franz.); fusarium stalk rot, ear rot of maize (engl.)

Verursacher der Stängel- und Kolbenfäule an Mais sind pilzliche Erreger der Gattung Fusarium:

Taxonomie (Beispiel F. graminearum): Fungi, Ascomycota, Pezizomycotina, Sordariomycetidae, Hypocreomycetidae, Hypocreales, Nectriaceae, Gibberella

Fusarien Pilze kommen in allen Böden vor. Sie spielen eine wichtige Rolle beim Abbau von abgestorbenen Pflanzenresten. Einige Arten können Pflanzenkrankheiten verursachen, unter anderem auch an Mais. Fusarium graminearum und F. verticillioides waren in einer Studie von Dorn et al. (2009) in der Nordschweiz die wichtigsten Erreger der Kolbenfäule an Mais. Die vorherrschenden Arten an den Maisstängeln waren F. equiseti und F. verticillioides. Fusarien können Wurzeln, Stängel und Maiskolben befallen. Sie verursachen Ernteverluste und bilden Mykotoxine (zum Beispiel Deoxynivalenol =DON), welche die Gesundheit von Mensch und Tier gefährden. Ein hoher Anteil von Mais in der Fruchtfolge, insbesondere bei Direktsaat, ist der grösste Risikofaktor für das Auftreten der Stängel- und Kolbenfäule. Eine Reduktion des Befalls kann dabei bereits mit einer sorgfältigen Einarbeitung der befallenen Stoppelreste erreicht werden.

Fusarien an Mais (Fusarium spp.)Abb. 1. Kolbenfäule an Mais, verursacht durch Fusarien (F. graminearum): Rosarotes Myzel an den Lieschen und den Körnern ist deutlich sichtbar.

Krankheitsbild

Keimlingsfäule: Fusarien können (zusammen mit anderen pilzlichen Erregern) Auflaufkrankheiten verursachen. Wurzeln und Stängelbasis sind bräunlich verfärbt. Bei starkem Befall stirbt der Keimling. Dies führt zu lückigen Beständen und Ertragsausfällen.
Wurzel- und Stängelfäule: Im Laufe des Sommers befallen verschiedene bodenbürtige Pilze die Wurzeln und verursachen schwarze Flecken. Später ist das gesamte Wurzelwerk geschädigt und die Fäule dehnt sich oft auf den Stängel aus. Die Maisstängel werden vorwiegend an den Knoten befallen. Diese werden braun und weich. Die Stängelbasis ist vermorscht und das Markgewebe von einem weissen oder rötlichen Myzel durchzogen (Hurle et al. 2005) . Dies führt zu Stängelbruch und zur Notreife. Kranke Pflanzen im Bestand erkennt man an den zunächst blaugrünen, dann braunen Blättern, an gelben Stängeln und herabhängenden Kolben mit vorzeitig dürren Lieschen.
Kolbenfäule: Einzelne Körner oder ganze Maiskolben sind mit weissem bis rosarotem Pilzgeflecht (Myzel) überwachsen (Abb. 1). Bei starkem Befall sind auch die Lieschen rötlich verfärbt und durch das Pilzgeflecht verklebt. Die Fäulnis zeigt sich auch an der Spindel und am Kolbenansatz. Derart befallener Mais sollte nicht verfüttert werden, da die enthaltenen Mykotoxine zu Gesundheitsstörungen führen können.

Krankheitserreger

Die verschiedenen, an Mais vorkommenden Fusarium-Arten bilden charakteristische Konidien und Fruchtkörper. Diese lassen sich mikroskopisch voneinander unterscheiden:

Konidien von Fusarium graminearum Abb. 2. Makrokonidien der Fusarium graminearum

Perithecien der Gibberella zeae an Mais Perithecien der Gibberella zeae an Mais Perithecien der Gibberella zeae an Mais Abb. 3. Ein mit Fusarien befallener Maiskolben (Kolben von Abb. 1) nach der Überwinterung im Freien. Die schwarzen, kugeligen Fruchtkörper an den Lieschen und Körnern sind Perithecien der Hauptfruchtform Gibberella zeae. In den Perithecien befinden sich Asci mit je 8 Ascosporen (siehe Abb. 4).

Asci mit Ascosporen der Gibberella zeaeAbb. 4. Asci mit Ascosporen der Gibberella zeae (anamorph F. graminearum)

Asci mit Ascosporen der Gibberella zeaeAbb. 5. Ascosporen der Gibberella zeae (anamorph F. graminearum)

Lebenszyklen der Fusarien an Mais

Fusarien-Pilze überwintern an Saatgut oder an befallenen Pflanzenresten (besonders wichtig sind Maisstoppeln) im und auf dem Boden. Einige Fusarienarten haben die Möglichkeit in Form von Dauersporen (Chlamydosporen) zu überdauern.
F. graminearum und andere Fusariu-Arten bilden an befallenen Pflanzenresten (zum Beispiel Maisstoppeln) nach einer Überwinterung die Hauptfruchtform in Form von kleinen kugeligen Fruchtkörpern (Perithecien). In den Perithezien (Abb. 3) wachsen Asci mit Ascosporen. Letztere werden aus den Asci entlassen und durch Wind, Regen oder Insekten verbreitet.
Die Infektion der Maispflanze erfolgt duch Ascosporen oder Konidien (White 1999) über die Wurzeln oder über Verletzungen an Stängelbasis und Blattansatzstelle (Häni et al. 2008). Der Pilz zerstört in der Folge das Markgewebe zwischen den Leitbündeln. Ein Befall des Stängels wird in der Regel erst nach der Kolbenausbildung sichtbar.

Die Maiskolben werden grundsätzlich auf drei verschiedene Arten infiziert (Mesterhazy et al. 2012):

Nach der Blüte wächst der Pilz in der Spindel und den Körnern weiter. Dieses Wachstum und damit die Bildung von Mykotoxinen wird durch lang anhaltende Niederschläge in Verbindung mit einer langen Abreifezeit gefördert.
Da die Ascosporen häufig zum Zeitpunkt der Weizenblüte aus den Asci ausgestosssen werden, können diese auch Weizenblüten infizieren und so eine Ährenfusariose verursachen.

Epidemiologie

Fusarien sind weit verbreitete Bodenbewohner und am Abbau von zellulosehaltigen Pflanzenresten massgeblich beteiligt. Von hier aus können sie junge Maispflanzen befallen und Keimlings- oder Fusskrankheiten erzeugen. Eine Infektion kann auch von infiziertem Saatgut ausgehen.
Die Zunahme der minimalen Bodenbearbeitung und ein Verzicht auf das Pflügen begünstigt ein vermehrtes Aufkommen der Stängel- und Kolbenfäule. Auch enge Getreide - Mais - Fruchtfolgen bei gleichzeitig nicht sorgfältig eingearbeiteten Ernterückständen bilden ein hohes Risiko für eine Infektion.
Die Witterung in der Zeit zwischen Blüte und Ernte hat den grössten Einfluss auf den Fusarienbefall und damit auch auf den Mykotoxingehalt. Besonders gute Voraussetzungen für einen Befall sind bei regenreichen und kühlen Spätsommer- und Herbstwochen gegeben. Eine verzögerte Kolbentrocknung als Folge einer länger anhaltenden feuchten Witterung verstärkt die Kolbenfäule zusätzlich.
Eine Schädigung des Kolbens durch Insekten (Maiszünslerlarven) oder Hagel erhöht das Befallsrisiko.
Früh abreifende Sorten zeigen in der Regel weniger Kolbenfäule und weniger Mykotoxingehalte als spät abreifende (Papst et al. 2007). Spät gesäte Maispflanzen oder spät abreifende Sorten neigen zu vermehrter Infektion durch F. graminearum und damit zu einem erhöhten DON Gehalt (Blandino et al. 2009).
Die Witterung beeinflusst auch die Mykotoxinproduktion. Typ-A Trichothecene werden bei mässig warmen (Optimum zwischen 20-25 °C) und feuchten Bedingungen gebildet. Die optimale Temperatur für Typ-B Trichothecene- und Moniliforminbildung liegt bei 25-28 °C. Im Gegensatz dazu weist die Bildung von Zearalenon eine weites Optimum von 17-28 °C auf. Kühle bis warme Temperaturen von 15-30 °C sind optimal für die Produktion der Fumonisine (Doohan et al. 2003).

Mykotoxine

Mykotoxine sind Naturstoffe, die für Menschen, Tiere und Pflanzen giftig sind. Je nach Fusarium-Art werden unterschiedliche Toxine gebildet (Tabelle 1): Trichothecene. Zearalenon, Moniliformin, Fumonisine und andere. Die Menge an gebildetem Mykotoxin hängt stark vom Pilzstamm und den Umweltbedingungen ab (Garcia et al. 2009).
Die Stoffklasse der Trichothecene werden in zwei Typen unterteilt: Zu den Typ-A Trichothecenen gehören das T-2 und das HT-2 Toxin, zu den Typ-B Trichothecenen das Deoxynivalenol (DON) und das Nivalenol (NIV). Die Typ-A Trichothecene sind im Allgemeinen giftiger als diejenigen des Typs B.
Trichothecene sind sehr stabil und werden durch Verarbeitungsprozesse wie Mahl-, Back- und Brauvorgänge nicht zerstört. Sie verhindern bei Pflanzen und Tieren die Biosynthese von Eiweiss. Das wichtigste Fusarientoxin, das DON, schwächt zudem das Immunsystem des Menschen und verursacht Durchfall und Erbrechen. Schweine reagieren besonders empfindlich auf hohe Toxingehalte im Futter. Gehalte über 10 mg/kg Futter lösen akute Symptome wie Erbrechen (DON wurde früher auch Vomitoxin genannt) und Futterverweigerung aus. Wiederholte Aufnahme von DON führt zu Schädigungen der Schleimhäute im Mund- und Rachenbereich, von Darm, Leber, Niere, Pankreas, Lymphsystem sowie der Immunabwehr (Lepschy 1992, Ueno 1983).
Aufgrund der hohen Giftigkeit der Trichothecene wurden in der Schweiz Grenzwerte für DON festgelegt. Diese werden in der Schweiz in der Verordnung des EDI über die Höchstgehalte für Kontaminanten (Kontaminantenverordnung, VHK) geregelt. Für Futtermittel gibt es Richtwerte als Empfehlung.
Das Mykotoxin Moniliformin wird von F. proliferatum, F. subglutinans und F. equiseti gebildet. Es schädigt die Muskeln. insbesondere den Herzmuskel.
Ein weiteres Fusarientoxin, das Zearalenon, hat eine östrogene Wirkung und wird deshalb oft auch als Phytoöstrogen bezeichnet. Wiederkäuer können das Zearalenon im Pansen abbauen. Bei Schweinen kann es nach Verabreichung von Zearalenon zu einer krankhaften Vergrösserung von Vulva und Uterus kommen, was zu Fruchtbarkeitsstörungen oder Aborten führen kann. F. graminearum, F. equiseti und F. crookwellense sind verantwortlich für die Anreicherung dieses Mykotoxins.
F. verticillioides, F. proliferatum und F. subglutinans bilden Fumonisine B1 bis B4. Diese Gruppe von Mykotoxinen wird vor allem in Mais in hohen Mengen gefunden. Ihnen wird eine kanzerogene Wirkung nachgesagt.
Beauvericin, ebenfalls von F. verticillioides, F. proliferatum und F. subglutinans gebildet, ist eine Substanz mit zellschädigender, antibiotischer und insektizider Eigenschaft.
Enniatine erhöhen die Permeabilität von Zellmembranen für Ionen. Sie werden von F. proliferatum und F. subglutans gebildet.

Tabelle 1: wichtige Fusarium-Arten im Getreideanbau und deren Mykotoxine

Fusarium-Arten

Toxingruppe

Mykotoxin

Wirkung

F. equiseti

F. sporotrichioides

Typ A

Trichothecen

T2-Toxin

HT2-Toxin

Magen-Darmtoxin,

Immunotoxizität

F. graminearum

F. culmorum

F. equiseti

F. crookwellense

Typ B

Trichothecen

Deoxynivalenol (DON)

Nivalenol

Magen-Darmtoxin,

Erbrechen,

Durchfall,

Immunotoxizität

F. proliferatum

F. subglutinans

F. equiseti

 

Moniliformin

Atemnot,

Muskelschwäche (Herzmuskel)

F. graminearum

F. culmorum

F. equiseti

F. crookwellense

Östrogen

Zearalenon

östrogene

Wirkung,

verminderte Fruchtbarkeit

F. verticillioides

F. proliferatum

F. subglutans

 

Fumonisine B1 bis B4

kanzerogen

F. verticillioides

F. proliferatum

F. subglutans

 

Beauvericin

zellschädigend

F. proliferatum

F. subglutans

 

Enniatine

zellschädigend

 

Wirtsspektrum

Viele Fusarium-Arten, die auf Mais gefunden werden, zählen auch Getreidearten und verschiedene Gräser zu ihren Wirtspflanzen.

Resistenz

Nach Miedaner (2011) gibt es bei Mais ausschliesslich quantitative Resistenzen, die auf vielen Genen beruhen und stark umweltabhängig sind. Die Züchtung von resistenten Maissorten wird durch die Tatsache erschwert, dass viele verschiedene Fusarium-Arten die Maispflanzen befallen können und zudem meistens gemischte Infektionen vorkommen. Eine Resistenz gegen eine bestimmte Fusarium-Art bedeutet aber nicht zwangsläufig auch eine Resistenz gegen eine andere Fusarium-Art (Reid et al. 2009).
Eine Resistenz der Maispflanze gegen Insekten bewirkt einen geringeren Fusarienbefall. Genetisch veränderter Bt-Mais (Mais mit Genen von Bacillus thuringiensis mit insektizider Wirkung) hatte einen signifikant tieferen Mykotoxingehalt, insbesondere DON Gehalt, im Vergleich mit konventionellen Maissorten (Wu et al. 2006).

Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung

Literatur

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