Wurzelbrand - Juniwelke an Zuckerrüben

Auflaufkrankheiten und Seitenwurzelfäule

Pied noir (franz.); seedling diseases (engl.)

Auflaufkrankheiten (Umfallkrankheit, Wurzelbrand), Seitenwurzelfäule oder Juniwelke bei Zuckerrüben werden durch verschiedene Erreger verursacht:

Aphanomyces cochlioides, Pythium spp., Rhizoctonia solani und Phoma betae leben als Saprophyten im Boden und befallen von dort die Keimlinge. Einzig Phoma betae kann mit dem Saatgut übertragen werden. Die befallenen Zuckerrübenpflanzen laufen schlecht auf. Die Wurzeln, der Wurzelhals oder das Hypokotyl der Keimlinge sind braun bis schwarz verfärbt und zeigen Einschnürungen. Die Pflanzen welken auch in feuchten Böden.
Massnahmen, welche ein schnelles Auflaufen und eine rasche Jugendentwicklung der Zuckerrüben fördern, können Auflaufkrankheiten verhindern.

Wurzelbrand - Juniwelke an Zuckerrüben
Wurzelbrand - Juniwelke an ZuckerrübenAbb. 1. Wurzelbrand oder Juniwelke: Hauptwurzel der Zuckerrübenpflanze ist verfault

Krankheitssymptome

Die Zuckerrübenpflanzen laufen schlecht auf. Es entstehen Fehlstellen, vor allem in staunassen Böden. Die Wurzeln, der Wurzelhals oder das Hypokotyl der Keimlinge sind braun bis schwarz verfärbt und zeigen Einschnürungen. Die Keimlinge fallen um und sterben ab. Jungpflanzen werden bis zum 6-Blattstadium befallen. Pflanzen, die einen frühen Befall überleben, entwickeln sich schlecht und weisen später oft Einschnürungen an den Wurzeln und dem Rübenkörper auf. Vielfach sind die Seitenwurzeln völlig zerstört oder deren Hauptwurzel ist verfault (Juniwelke) (Abb. 1 und 2). Die Pflanzen welken auch in feuchten Böden.
Je nach Pathogen sind die Symptome unterschiedlich. Die Krankheitserreger können aber aufgrund der Symptome nicht eindeutig voneinander unterschieden werden:

Abb. 2. Auflaufkrankheiten (Umfallkrankheit, Wurzelbrand), Seitenwurzelfäule oder Juniwelke bei Zuckerrüben werden durch verschiedene Erreger verursacht.

Krankheitserreger

Aphanomyces cochlioides und Pythium spp. sind Eipilze (Chromista; früher Oomycota). Sie bilden nicht septierte Hyphen, Sporangien und Zoosporen. Phytium Arten produzieren zusätzlich Oosporen (Harveson et al. 2009).
Rhizoctonia solani kommt weltweit in nahezu allen Böden vor. Der Pilz bildet keine Sporen sondern ein charakteristisches stark verzweigtes Myzel und Sklerotien (Dauerkörper). Die Verzweigungen der Haupthyphen stehen mehr oder weniger rechtwinklig zueinander. Nach der Verzweigung ist die neue Hyphe zuerst verengt und hat anschliessend eine Querwand (Septum). Die Hyphen sind hell bis dunkelbraun, vielkernig und haben keine Schnallen. Die Sklerotien messen im Durchmesser 0.1 - 1 mm, sind dunkel-braun und bestehen aus einem dichten Geflecht aus weinfassförmigen Zellen.
Von Rhizoctonia solani existieren verschiedene Rassen, die in 13 verschiedene Anastomosegruppen (AG) eingeteilt werden (Tsror 2010, Strausbaugh et al. 2011). Je nach Zugehörigkeit zu einer AG kann R. solani unterschiedliche Kulturen befallen. Die AG 2-2 ist der Erreger der späten Rübenfäule, aber auch Mitverursacher der Auflaufkrankheit von Zuckerrüben-Keimlingen. Die AG 4 ist allerdings auf den Keimpflanzen häufiger anzutreffen als AG 2-2.
Phoma betae ist ein echter Pilz und bildet Pyknidien mit Pyknosporen.

Lebenszyklus und Epidemiologie

Die Erreger der Auflaufkrankheiten und der Seitenwurzelfäule überdauern als Saprophyten im Boden auf abgestorbener organischer Substanz und befallen dort die Keimlinge. Einzig Phoma betae kann mit dem Saatgut übertragen werden.
Das Überleben der Erreger als Saprophyten im Boden ist während längerer Zeit möglich, auch in Abwesenheit von Wirtspflanzen. Deshalb ist die Einhaltung einer weiten Fruchtfolge wenig hilfreich bei der Bekämpfung von Auflaufkrankheiten. Auch können die Krankheitserreger Unkräuter befallen (zum Beispiel Gänsefussarten), was die Dauer der Bodenverseuchung nochmals verlängert, besonders wenn die Unkräuter nicht konsequent bekämpft werden.
Ein Befall durch Aphanomyces cochlioides wird durch warme (20 – 30 °C) und feuchte Böden gefördert.
Pythium spp. haben geringere Ansprüche an die Bodentemperatur. Sie wachsen innerhalb eines grossen Temperaturbereichs (5 – 35 °C), mit einem Optimum bei 24 – 30 °C.
R. solani benötigt für eine Infektion, die unterhalb der Bodenoberfläche stattfindet, mindestens 15 °C. Temperaturen ab 20 °C sind optimal.
P. betae infiziert die jungen Keimlinge bereits bei tiefen Temperaturen von 4 – 12 °C. Nach dem Auflaufen ist eine Temperatur von 16 – 20 °C optimal für eine Infektion. Ab 25 °C kommen praktisch keine Infektionen mehr vor (Harveson et al. 2009).

Wirtsspektrum

Das Wirtsspektrum umfasst neben Zuckerrüben auch Rote Beete (Randen), Spinat, Mangold und verschiedene Unkrautarten: zum Beispiel der weisse Gänsefuss (Chenopodium album).
Wirtspflanzen von R. solani AG 4 sind unter anderem Zuckerrüben, Bohnen, Erbsen, Sojabohnen, Tomaten, Kartoffeln, Gerste, Luzerne, Raps, Spinat, Tabak und verschiedene Zierpflanzen. AG 4 ist die häufigste R. solani - Anastomosegruppe, die bei Auflaufkrankheiten der Zuckerrüben beteiligt ist.

Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung

Alle Massnahmen, welche ein schnelles Auflaufen und eine rasche Jugendentwicklung der Zuckerrüben fördern sind wichtig, um Auflaufkrankheiten zu verhindern:

Literatur

Harveson RM, Hanson LE, Hein GL, 2009. Compendium of Beet Diseases and Pests. The American Phytopathological Society, Auflage 2: 140 S.

Strausbaugh CA, Eujayl IA, Panella LW, Hanson LE, 2011. Virulence, distribution and diversity of Rhizoctonia solani from sugar beet in Idaho and Oregon. Can. J. Plant Pathol. 33 (2): 210-226.

Tsror L, 2010. Biology, Epidemiology and Management of Rhizoctonia solani on Potato. Journal of Phytopathology 158: 649-658.